Oberhausen. Durch den Fachkräftemangel drohen im kommenden Winter wieder Engpässe. Eltern fehlt oft die Stimme, sagen Experten. Was sie tun können.
Sommer bedeutet für Eltern: Aufatmen. Jedenfalls, was die Kinderbetreuung betrifft. In den Sommermonaten sind Kinder seltener krank, auch die Personaldecke der Betreuungseinrichtungen bleibt stabil. Das System funktioniert.
Der vergangene Winter stellte die Eltern auch in Oberhausen vor eine Belastungsprobe. Durch mehrere Infektwellen unter Kindern und Erzieherinnen mussten einige Betreuungen in den Notbetrieb gehen. Für Eltern begann eine anstrengende Zeit zwischen Job und Betreuung, die in einigen Fällen lange anhielt.
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Was können Eltern in diesen Fällen tun? Wann lohnt sich eine Beschwerde? Was sollte und kann der Kindergarten tun? Um Eltern eine Stimme zu geben, gibt es in Oberhausen den Elternbeirat des Jugendamtes. Die ehrenamtlichen, gewählten Vertreterinnen und Vertreter kümmern sich um Streitfälle, stehen aber auch als Wissensvermittler bereit. „Oft kennen die Eltern ihre Rechte nicht“, sagt Ute Linnekamp vom Elternbeirat.
Notbetreuung: Kindergärten umgehen oft die Meldung ans Jugendamt
Um den Ist-Zustand zu verbessern, veranstaltete der JAEB jüngst einen „Runden Tisch“ zum Thema Notbetreuung. Das Bild war typisch für ein Problem der Eltern: Lediglich vier Mütter und Väter folgten der Einladung ins Alsbachtal, um sich über ihre Rechte zu informieren. Nach Angaben des JAEB gibt es in Oberhausen 93 Kinderbetreuuungseinrichtungen.
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Dabei dürfte der nächste Winter dieselben Probleme und Sorgen aufwerfen wie der letzte. Der Fachkräftemangel in der Kinderbetreuung ist riesig, es drohen wieder Personalengpässe, wenn die Krankheitswellen rollen. Eine Mutter berichtete aus ihren Erfahrungen: „Ich habe drei Kinder, ich kann nicht im Home Office arbeiten“, sagt sie. Ihre Einrichtung sei über Wochen in der Notbetreuung gewesen. Eine andere berichtete, dass sie verzweifelt den direkten Weg zu Oberbürgermeister Daniel Schranz gesucht habe. Über fast fünf Monate sei die Kita im Ausnahmezustand gewesen.
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Was bedeutet Notbetreuung? Einfach gesagt, wenn nicht genügend Fachkräfte arbeiten können und der Bedarf nicht abgedeckt werden kann. „In diesem Fall muss eine Meldung an das Jugendamt erfolgen“, sagt Ute Linnekamp. Allerdings würden Kindergärten diesen Weg gerne umgehen. „Es ist den Leitungen womöglich auch unangenehm“, sagt die Vorsitzende Julia Hüting. „Dabei können sie ja nichts dafür, dass ihre Mitarbeitenden krank sind.“ Oft würden Kindergärten eine Bitte in Whatsapp-Gruppen oder anderen Plattformen veröffentlichen: Wer kann, möge sein Kind zu Hause betreuen. „Das ist aber nur eine Bitte“, betont Hüting.
Kindergarten: Eltern akzeptieren lieber den Ausnahmezustand
Nach der Erfahrung des JAEB würden Eltern dieser Bitte allzu oft nachkommen und sich verbiegen. Sie würden die Situation lieber akzeptieren und aushalten – auch aus Sorge vor möglichen Konsequenzen, wenn sie sich beschweren. „Eltern haben oft keine Stimme“, sagt Ute Linnekamp. „Wenn sich bei uns jemand meldet, hat es meist schon richtig geknallt.“ In vielen Fällen würden Eltern die Betreuung übernehmen, obwohl sie es nicht leisten können. Ob jemand arbeitet, dürfe nicht das einzige Kriterium sein. Linnemann stärkt die Position der Eltern: „Ihr habt nicht den Kinderbetreuungsplatz, damit ihr arbeiten könnt, sondern damit das Kind gefördert und gefordert wird. Das Kind hat den Anspruch auf den Platz, nicht das arbeitende Elternteil.“
Nützliche Links
Mehr Informationen und Kontaktmöglichkeiten zum Oberhausener Elternbeirat gibt es im Internet auf www.oberhausen.jaeb.nrw.
Die Rechte der Eltern und die Rahmenbedingungen der Betreuung sind im Kinderbildungsgesetz, kurz Kibiz, geregelt. Mehr Informationen und einem Direktlink zum Gesetzestext gibt es auf: www.mkjfgfi.nrw/kinderbildungsgesetz.
Gerade Elternbeiräte der Kitas könnten eine Menge bewirken: Sie könnten selbst die Zufriedenheit und die Bedarfe abfragen. Sie könnten die Ausfälle sammeln und ihre Dokumentation ans Jugendamt leiten. Dadurch würde der Personalmangel deutlicher und die Träger seien womöglich eher zu bewegen, auf die Lücken zu reagieren. Und auch die Kindergärten könnten etwas tun: Frühzeitig über mögliche Engpässe informieren und die Eltern unterstützen, Betreuungen untereinander zu organisieren.