Oberhausen. Das Konzert in der Arena Oberhausen war in sieben Minuten ausverkauft: Der indische Superstar Anirudh trat zum ersten Mal in Deutschland auf.
Der Mann, der die Stabilität von hiesigen Ticket-Plattformen im Internet zum Wackeln bringt, heißt Anirudh Ravichander: Ein Name, der Laien hierzulande verwundert mit den Schultern zucken lässt. Doch der 32-Jährige aus Chennai aus dem indischen Südosten gehört zu den ganz großen Musikernamen des Landes mit der Milliarden-Bevölkerung. Veranstalter Arun Jesuthasan sagt uns Minuten vor dem Auftritt in der Arena Oberhausen hinter den Kulissen: „Unser Konzert war innerhalb von sieben Minuten ausverkauft.“
Am Samstag steht die Oberhausener Rudolf-Weber-Arena mit 12.600 Fans schon früh Kopf: Es ist in Deutschland das erste Konzert des Musikers mit der Sonnenbrille und dem markanten Bart. Er verwandelt die Neue Mitte Oberhausen in einen multikulturellen Schmelztiegel. Arun Jesuthasan: „Wir haben Tickets in mehr als 25 Länder verkauft. Konzertbesucher sind aus Sri Lanka und Indien angereist. Die Hotels im Umkreis sind voll.“
Anirudh Ravichander: Farbenfroher Mix aus Rock, Hip-Hop und Folklore
Der Blick in die Konzerthalle ist beinah überflüssig. Schon auf den verborgenen Gängen zwischen Künstlergarderobe und Bühnentechnik hört man aus dem wabernden Bass das Kreischen und Jubeln der meist jüngeren Fans heraus. Die Konzerthalle ist ein Tollhaus. Wenige Tage vor dem Konzert waren nur noch einzelne Tickets zu haben, die von Käufern zurückgegeben wurden.
Mit „Once upon a Time“ betitelt Anirudh Ravichander sein Konzert. Soll heißen: Es war einmal! Genauso hießen schon TV-Serien aus den USA und einige ähnlich getextete Kinofilme. Anirudhs gleichnamiger Song stammt allerdings aus dem im vergangenen Jahr in Indien veröffentlichten Action-Thriller „Vikram“.
Anirudh ist der Sohn des indischen Schauspielers Ravi Raghavendra. Vor elf Jahren gelang ihm im Alter von 21 Jahren mit dem Liebeskummer-Song „Why this Kolaveri di“ der Durchbruch. Seine Songs multiplizierten sich über Plattformen wie YouTube hundertmillionenfach.
Anirudh komponiert als Filmmusik-Komponist für viele tamilische Filme. Es ist eine Mischung aus Songs, Musical und orchestralen oder elektronischen Elementen. Anirudh singt Lieder in Englisch, mit Einschlägen aus Rock, Hip-Hop und Country. Sonst hören die Fans meist Musik in dem stark im Süden verbreiteten Tamil. Oft wird Englisch und Tamil auch vermischt ("Tanglish"). Indien ist durch viele Sprachfamilien geprägt.
Trotzdem ist es eher Hollywood statt Bollywood, wenn man die gewaltigen Bühnenaufbauten in Oberhausen betrachtet, die an westliche Popstars erinnern. Die Videoleinwand setzt sich aus drei Ebenen zusammen.
Anirudh Ravichander: Feuer-Fontänen, Tanzgruppen - leuchtende Fans
Wie läuft das Konzert ab? Es wird deutlich mehr getanzt als bei Auftritten westlicher Stars. Sowohl im zweistündigen Vorprogramm samt Gastrappern und Musik-Gruppen in traditionellen, aber stets modern geschnittenen Outfits. Aber auch vor der Bühne, wo Fans gefühlt ständig ihre Fotohandys zücken, steht kaum einer still.
Vor allem die tamilische Community wartet in der Arena geduldig bis ihr Star endlich erscheint: Die Armgelenke nahezu aller Fans umschließen weiße Armbänder, die je nach Song automatisch die Farbe wechseln und der dunklen Arena einheitliche Farbeffekte verleihen. Der Fan als wandelnder Scheinwerfer. Sie wirken aus der Ferne auf den Rängen wie kleine Lichtpunkte.
Der Star selbst singt nicht allein: Auf der breit geschnittenen Bühne ist kaum noch Platz. Eine große Tanzgruppe, ein DJ, Zupf- und Streichinstrumente, zwei Background-Sänger, drei Background-Sängerinnen, viele Gäste. „Wir feiern drei Stunden gemeinsam“, sagt er knapp. Überwiegend kommuniziert der Sänger auf Englisch.
„Bislang gibt es solche Konzerte in England, etwa in Wembley, oder in Frankreich - Deutschland fehlte bisher meist. Wir haben mit großen Hallen gesprochen. Die Lage in Oberhausen ist optimal und die Kommunikation mit den Mitarbeitern der Arena war freundlich und professionell“, sagt Organisator Arun Jesuthasan, der selbst mit vier Jahren aus Sri Lanka nach Deutschland kam.
Acht Monate bereiteten sich die Macher vor. „Konzerte in Deutschland unterscheiden sich gegenüber Indien, etwa bei den Sicherheitsvorgaben.“ Auf dem abgesperrten Arena-Vorplatz servieren sie indische Samosas, also gefüllte Teigtaschen, und Lamm Rolls. Es soll nicht das letzte Konzert dieser Art in Oberhausen bleiben.
>>> Turbinenhalle: Selbst Aftershowparty nahezu ausverkauft
Nach dem Konzert von Anirudh Ravichander in der Rudolf-Weber-Arena neben dem Centro Oberhausen feierten tausende Fans in der Turbinenhalle weiter. Dort stieg die Aftershowparty zum Konzert.
Veranstalter Arun Jesuthasan: „Wir haben dafür 4000 Tickets verkauft. Die Party ist quasi ausverkauft.“ In der ehemaligen Industriehalle öffneten dafür fast alle Hallenbereiche.
>>> Fotostrecke zum Konzert von Anirudh: Anirudh, ein Star aus Indien