Mülheim. Litfaßsäulen scheinen aus der Zeit gefallen zu sein. Doch sie sind immer noch gefragt. Woran das liegt und was ein Platz auf ihnen kostet.

In Zeiten von Influencer-Marketing scheint die Litfaßsäule ein Relikt aus längst vergangenen Tagen zu sein. Doch sie ist lange noch nicht ausgestorben. 84 der meist kunterbunt beklebten Plakatträger gibt es in Mülheim noch. 47 davon sind sogenannte „Ganzstellen“, das heißt, sie werden von einem Einzelkunden für seine Werbung genutzt. 37 Säulen stehen aktuell für den „Allgemeinanschlag“ zur Verfügung. „Mehrere Werbetreibende teilen sich eine Säule, meist wird für Kulturveranstaltung geworben“, erläutert Marion Hüsgen von der Moplak Medien Service GmbH, dem einzigen Anbieter von Litfaßsäulen in Mülheim (seit 1975).

Die 84 Plakatsäulen sind übers ganze Stadtgebiet verteilt. „Im Stadtbild sind verschiedene Modelle verbaut, die ältesten Säulen stammen von 1987“, berichtet Marion Hüsgen. Gebaut wurden und werden sie von sogenannten Werbebauern, es gebe verschiedene Hersteller – für die konventionellen Modelle, aber auch für drehbare und beleuchtete „City-Light-Säulen“.

Platziert werden Litfaßsäulen an sehr stark frequentierten Orten in Mülheim

Zwar hat sich die Zahl der Litfaßsäulen, die übrigens vom Berliner Drucker Ernst Litfaß um 1854 erfunden wurden, im Laufe der letzten Jahre verringert, „sie wurden teilweise durch digitale Werbemedien verdrängt“, so die Marketingfachfrau, sie bleiben aber dennoch ein wichtiger Informationsträger – vor allem im Bereich Kultur- und Veranstaltungswerbung. Für die Ganzstelle, also eine komplette Säule, interessieren sich diverse Kunden aus unterschiedlichen Branchen. „Von Banken über Dienstleister bis hin zu Möbelhäusern“, so Marion Hüsgen. Kulturschaffende buchen meist Teilflächen auf den gemischten Rundplakatwänden, um ihre Veranstaltungen und Events anzukündigen.

Eine Werbung für Plakatwerbung klebt an einer Litfaßsäule an der Haltestelle Heißen-Kirche in Mülheim.
Eine Werbung für Plakatwerbung klebt an einer Litfaßsäule an der Haltestelle Heißen-Kirche in Mülheim. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Platziert wurden und werden die Werbeträger an Orten, an denen viele Fußgänger vorbeilaufen oder Autos vorbeifahren. „Die Litfaßsäule zeichnet sich im Allgemeinen durch einzigartige Standorte mit hoher Frequenz aus, sie ist oft an Standorten platziert, an denen sonst in der Regel keine Werbung gemacht werden kann, zum Beispiel an großen Kreuzungen“, erklärt Marion Hüsgen. Es gibt im Bereich der Außenwerbung auch einen Wert dafür, welche Kraft ein Werbestandort entfalten kann, den PPS (Plakatseher pro Stelle). Er wird für einen gewissen Zeitraum, meist zehn oder elf Tage, errechnet (das ist die Mindestlaufzeit für eine Werbung). In Mülheim liegt der durchschnittliche PPS-Wert für Ganzstellen-Säulen bei 139.149 Bruttokontakten (einfacher gesagt: Blicken von Passanten) innerhalb von 10,5 Tagen. Für die Ermittlung dieses Wertes werden unter anderem ein Frequenzatlas oder andere einschlägige Statistiken herangezogen.

Die teuerste Säule steht an der Oberhausener Straße in Styrum

Manche Stadtbezirke sind auch in Mülheim bei den Kunden beliebter als andere. Gefragt sind die Litfaßsäulen ganz besonders in den Bezirken Altstadt I und II, also in der Innenstadt und ihrer direkten Umgebung. Die teuerste Säule in Mülheim befindet sich allerdings an der Oberhausener Straße/Ecke Feldstraße in Styrum, weil sie den höchsten PPS-Wert hat (290.963 Bruttokontakte). Der Mieter muss dort 27,10 Euro pro Tag für die Allein-Nutzung der Säule zahlen. Der durchschnittliche Tagespreis in Mülheim für eine Ganzstelle liegt laut Marion Hüsgen bei 24,49 Euro. Wer ein kleines Plakat auf einer Allgemeinsäule unterbringen will, zahlt je nach Größe zwischen einem und vier Euro pro Tag pro Stück. Gebucht werden muss für mindestens zehn Tage und für ein gewisses Netz an Säulen.

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Einfach irgendwo aufbauen darf man Litfaßsäulen natürlich nicht. „Für alle neu zu errichtenden Werbeträger muss eine offizielle Genehmigung bei der jeweiligen Stadt eingeholt werden“, erklärt Marion Hüsgen. Liegt diese vor, erfolgt der Aufbau in der Regel auf Kosten des Anschlagsunternehmens, in Mülheim also der Moplak Medien. „Die Plakate lassen die Kunden entweder selber drucken oder wir lassen sie drucken. Hierbei müssen ganz bestimmte Richtlinien eingehalten werden – zum Beispiel, was die Papierqualität betrifft“, so die Marketingexpertin. Ihre Firma beauftrage dann die Kleber zum Anbringen der Plakate (das ist im Mietpreis enthalten). Stichprobenartig werde kontrolliert, ob auch alles in Ordnung sei mit den aufgebrachten Plakaten. „Sollte ein Kunde Reklamationen haben, reicht er Fotos ein, sodass wir reagieren können.“

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Die Stadt Mülheim muss die Errichtung einer Litfaßsäule genehmigen

Wie darf auf Litfaßsäulen geworben werden, welche Regeln gelten? „Die dargestellte Werbung muss allen gesetzlichen Vorschriften und den guten Sitten entsprechen, darf nicht sexistisch, rassistisch oder diskriminierend sein und nicht gegen die Menschenwürde verstoßen“, sagt Marion Hüsgen. Das werde auch geprüft: Der Fachverband Außenwerbung sei eine Selbstkontrolleinrichtung, die von der deutschen Werbewirtschaft initiiert wurde. Sowohl werbetreibende Unternehmen als auch Unternehmen der Werbebranche selbst hätten sich ihm angeschlossen. Und: „Das Ziel des Deutschen Werberates ist es, rechtlich zulässige, aber von der Gesellschaft nicht akzeptierte Werbung zu vermeiden oder zu korrigieren.“

Die Selbstregulierung sorge dafür, dass allgemein anerkannte Grundwerte der Gesellschaft wie Respekt, Moral und soziale Verantwortung in der Werbung beachtet würden. „Sie setzen wirkungsvolle Leitplanken für die inhaltliche Gestaltung von Wirtschaftswerbung“, erklärt Marion Hüsgen und versichert: „Druckmotive, die bei uns eingereicht werden, werden vor der Plakatierung nach diese Kriterien geprüft.“

Die bunte Litfaßsäule wird so schell wohl nicht aussterben, sie bleibt ein Hingucker – trotz und wegen ihres altmodischen Charmes.

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