Mülheim. Der Mülheimer Lokalpolitiker Johannes Brands (85) Im Interview sagt er, warum er nichts von Utopien hält.
Auch mit 85 ist der katholische Pädagoge und Christdemokrat Johannes Brands noch ehrenamtlich aktiv, etwa in der katholischen Ladenkirche an der Wallstraße oder als sachkundiger Bürger im Kulturausschuss, den er als CDU-Stadtrat auch schon geleitet hat. Als Fraktionsvorsitzender seiner Partei war er in den 1990er Jahren Teil der damals bundesweit ersten Zusammenarbeit zwischen CDU und Grünen. Mit Blick auf sein eigenes Engagement und auf die aktuelle Grundsatzprogrammdiskussion der CDU traf die Redaktion den Nestor der Mülheimer Christdemokraten zu einem Gespräch über das C.
Ihre Partei führt das C für christlich im Namen. Ist das nicht anmaßend und überfordernd zugleich?
Johannes Brands: Wenn ich das C mit dem Evangelium gleichsetze, ist das eine Überforderung. Doch das C sagt nicht: Wir sind katholisch, evangelisch oder freikirchlich. Es sagt vor dem Hintergrund der historischen Erfahrung des Nationalsozialismus und auf der Basis des vor 75 Jahren in Kraft getretenen Grundgesetzes: Der Mensch und seine staatliche Organisation kann nicht alles und darf nicht alles. Wir müssen uns immer wieder fragen: Darf ich das? Warum darf ich das? Oder: Warum darf ich das und wie kann ich was vor wem verantworten? Als Christen in der CDU-Familie bekennen wir uns dazu, dass der Mensch in seiner transzendenten Beziehung zu Gott eine für sein Handeln richtungsweisende ethische Bindung erfährt.
Wie politisch relevant kann das C in einer zunehmend säkularen und multikulturellen Gesellschaft sein, in der heute weniger als die Hälfte der Menschen einer christlichen Kirche angehören?
Das C fragt nicht nach einer Kirchenmitgliedschaft. Es erinnert Menschen aller Glaubensrichtungen und Weltanschauungen daran: Auch du verdankst dich nicht dir selbst. Auch du darfst nicht alles und kannst nicht alles. Und auch du musst dein Handeln ethisch verantworten.
Mülheimer CDU-Urgestein: Liebe ist Grundlage alles menschlichen Zusammenlebens
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Was bedeutet das C für Ihr Leben und Ihr Engagement in unserer Stadtgesellschaft?
Für mich ist das C Ausdruck meines christlichen Glaubens an Jesus von Nazareth, als den geborenen, gestorbenen und auferstanden Sohn Gottes, der uns daran erinnert, dass Gott Liebe ist und die Liebe Grundlage alles menschlichen Zusammenlebens ist und sein muss, wenn wir eine menschliche Gesellschaft mitgestalten und miterleben wollen.
Was hat das C unserer Stadtgesellschaft und Ihren kommunalpolitisch Verantwortlichen zu sagen?
In der katholischen Ladenkirche begegne ich vielen Menschen, deren Leben durch Krankheit, Not, Schuld und Angst in soziale und seelische Unordnung geraten ist. In den Gesprächen, die ich mit diesen Menschen führe, begreife ich immer wieder, dass Begegnung und menschliche Zuwendung Orientierung und Halt geben können, dass sie im besten Sinne des C heilen und Mut machen können, indem sie die Frohe Botschaft vermitteln können: Gott ist nicht Bestrafung, sondern Liebe. Für unsere Stadtgesellschaft bedeutet das: Wir brauchen gute Schulen, gute Krankenhäuser, gute Sportstätten und ein gutes Kulturangebot, das Menschen die Beschäftigung mit Literatur, Musik, Theater und Kunst ermöglicht, damit sie ein sinnerfülltes Leben oberhalb der reinen Nützlichkeit führen zu können. Wir dürfen den Menschen nichts überstülpen und sie nicht aus ihrer Eigenverantwortung entlassen, aber wir müssen sie anzielen und sie dort helfend stützen, wo sie das allein nicht schaffen.
Brands wichtigste Botschaft: „Wir führen dich nicht mit Utopien in die Irre“
Was können und müssen nicht nur die C-Parteien dem Erstarken politischer Extremisten und ihren zum Teil menschenverachtenden Ideologien entgegensetzen?
Sie können und müssen zunächst einmal sehen, was ist, und den Menschen zuhören. Sie dürfen aber eben nicht nur zuhören und mit den Menschen reden. Sie müssen aus dem Gehörten Konsequenzen ziehen, die die Menschen an den demokratischen Rechtsstaat binden, weil sie ihn als menschlich, gerecht, sinnvoll und effektiv erleben. Die wichtigste gesellschaftspolitische C-Botschaft lautet für mich: Wir führen dich nicht mit Utopien in die Irre. Wir fordern dich auf, das zu tun, was du tun kannst. Und wo du an deine Grenzen kommst, da fördern wir dich, damit du ein möglichst selbstbestimmtes, sinnerfülltes und für die Gesellschaft bereicherndes Leben führen kannst.
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