Mülheim. Mit seinen Liedern erreicht Mikael Bajrami (26) Millionen, seine Songs gehen auf Tiktok viral. Für die Berühmtheit brach er sogar die Schule ab.

Als Mikael Bajrami ausatmet, legt sich für Momente ein milchig-weißer Schleier vor sein Gesicht. Die Brille mit dem dicken schwarzen Rahmen und den getönten Gläsern verschwindet kurz im Nebel. Die Luft ist kalt, der Rauch aus Mikas Lungen warm. Vor ihm auf dem aus hölzernen Latten gezimmerten Tisch liegen Marlboros, gold. Daneben ein Feuerzeug, babyblau. Kaum ist eine Goldene aufgeraucht, zündet Mika die nächste an. Beiläufig, während er erzählt. Von Michael Jackson, Kanye West und Dr. Dre. Von Drogen, Förderschule und Depressionen. Und vom Paradies.

Das war der Titel des Songs, der für Mikael „Mika“ Bajrami alles veränderte – spräche man in Klischees, wäre es wohl der Durchbruch, auf den viele hoffen und den nur wenige erreichen. „Ich habe mir alles selbst beigebracht. Aufnehmen, Mischen, Produzieren“, zählt der 26-Jährige auf. Bei Youtube schaute er sich damals die Tutorials an, im Kinderzimmer baute er am Rechner aus den Melodien in seinem Kopf Lieder. Aktuell steht Mikael bei Universal unter Vertrag, davor bei Sony. Er spielt oben mit.

In Mülheim-Saarn aufgewachsen, mit Talent geboren

Wenn Mika von Zuhause spricht, dann meint er sein Elternhaus in Mülheim-Saarn. Dort, wo er auch heute noch wohnt, sein Studio hat und erst ausziehen will, wenn er mal eines Tages heiratet. „Bei uns ... ist das so“, sagt er zwischen zwei Zigarettenzügen. „Uns“, damit meint Mikael die Minderheit der Roma. „Die Kultur spielt eine große Rolle in meinem Leben, ich bin stolz drauf.“ Schon seit seiner Geburt, seit er denken kann, war da immer Musik. „Ich selber spiele mehrere Instrumente“, erzählt er. „Gitarre, Schlagzeug, Geige.“ Nicht mit Ambitionen, dafür mit Talent. „Wenn ich Lust auf etwas hatte, konnte ich das immer gut. Wenn es mich gelangeweilt hat, war es mir komplett egal.“

Beim Wort „komplett“ tippt Mikael mit seinen zusammengerafften Fingern auf den Holztisch, für den Nachdruck. „Da fällt mir was ein“, sagt er, während er eine weitere Marlboro aus der Schachtel fischt. „Das war so eine Situation ...“, Zigarettenzug, „da wollte ich nicht zur Schule. Mein Vater hat mich geweckt und nicht locker gelassen“, erzählt Mika. „Ich habe zu ihm gesagt: Lass mich, ich bin irgendwann berühmt.“ Bis heute erzähle sein Vater diese Geschichte ständig. Nach der Neunten geht Mika von der Schule ab, ohne Abschluss. „Ich wusste es einfach schon immer.“

Großspurig oder einfach nur selbstbewusst? Es gibt sie aber, die Momente, in denen Mikaels Bescheidenheit deutlich wird. Wenn er von seinen drei Geschwistern erzählt, seinen Eltern – „manchmal schicke ich sie einfach ins Kino, damit sie zusammen was Schönes machen“ – oder seinen Freunden, den Jungs. „Mein Kreis ist klein“, sagt Mika. Wieder so ein Klischee. „Aber es stimmt. Wenn du was erreichst, ist plötzlich jeder gut mit dir.“ Mittlerweile wisse er, was wahre Freundschaft bedeutet, und wem er vertrauen kann. Seine Jungs kenne er schon von klein auf, da brauche es nicht viele Worte. Man kennt sich, versteht sich, schätzt sich.

Der schwarze Sean-Combs-Jogger aus Velours, die Sneaker ein Louis-Vuitton-Design des verstorbenen Virgil Abloh: „Ich bin eine Marke“, sagt Mikael „Mika“ Bajrami.
Der schwarze Sean-Combs-Jogger aus Velours, die Sneaker ein Louis-Vuitton-Design des verstorbenen Virgil Abloh: „Ich bin eine Marke“, sagt Mikael „Mika“ Bajrami. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

„Ich hatte keinen Bock auf Schule, hab‘ viel Scheiße gebaut“, erzählt Mika freimütig weiter, als würde man sich ewig kennen. Von der Haupt- geht es auf die Förderschule. Warum? „Warum? Ich habe mich geschlagen, Drogen genommen. Darum.“ Zu Hause ist er der Lustige, der Unterhalter, der die Familie im Wohnzimmer mit Imitationen zum Lachen bringt. Draußen ist er das Problemkind, gelangweilt und frustriert. Heute weiß er, dass ihm ein Ventil gefehlt hat. „Das klingt vielleicht dumm, aber ist so.“ Mika beginnt, sich zu filmen. Wie er Quatsch erzählt, Witze reißt, kleine Sketche spielt. „Erst nur zum Spaß, dann auf ernst.“

Mülheimer Musiker startete mit Comedy-Videos bei Facebook

Er lädt die Clips bei Facebook hoch – damals noch das soziale Netzwerk. „Das ging dann richtig schnell“, erinnert er sich. Die Videos, meist Comedy, gehen viral, erzielen Millionen von Klicks. Die ersten Werbepartner melden sich. Das erste eigene Geld zahlt Mika damals ein Unternehmen aus, das Produkte für weißere Zähne vertreibt. „Das war krass.“ Mikael hat das Gefühl, dass endlich das wahr wird, was er immer wollte.

Aber wie das manchmal so ist: Hochmut kommt vor dem Fall. 2015 muss Mika einen Monat im Jugendarrest verbringen, Körperverletzung. „Das werde ich nie vergessen, ehrlich.“ Ein bisschen hat es was von einem Märchen, ein von schicksalhaften Entscheidungen und Ereignissen geprägtes Leben, das auch ganz anders hätte verlaufen können. Hätte, hätte...

Goldplatte made in Mülheim: „Paradies“ ist wichtigste Single

Auch wenn der erste Schritt über die magische Schwelle des Erfolgs gemacht ist, Mika will mehr. „Die Leute sollten meine Musik hören. Comedy war cool, aber das ist meine Leidenschaft.“ Er arbeitet an Songs, im Saarner „Kinderzimmer“, oft bis tief in die Nacht oder gar in die Morgenstunden. Schreibt Zeilen wie diese: „Und all‘ die Grenzen, die es gab – überschreit‘ ich jeden Tag – lass uns fliegen Richtung Paradies“.

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Seitdem ist viel passiert, Mikas Diskografie ist gewachsen, der Freundeskreis geschrumpft. Erst kürzlich hat „Paradies“ in der Schweiz den Goldstatus erreicht, „bis heute meine wichtigste Single“. Vor kurzem ist „Auf dem Weg“ erschienen, mit einem Sample von Madcons „Glow“. „Das habe ich ganz spontan geschrieben, weil ich‘s einfach gefühlt habe.“ Solche Lieder, so der Künstler, seien die besten. „Ich bin glücklich“, sagt er. „Meine Familie und ich sind gesund, mehr brauche ich nicht. Alhamdulillah.“ Gott sei Dank.

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