Mülheim. Das Mülheimer Brief- und Paketzentrum ist neu und modern. Pro Tag werden ca. 57.000 Sendungen zugestellt. In der City ging es nicht mehr.
Ein rechteckiges Paket, unhandlich groß, recht flach. Die Aufschrift verrät den Inhalt: Jemand hat sich im Onlineshop ein Fahrrad bestellt. In wenigen Stunden wird der Paketbote an einer Haustür irgendwo in Mülheim klingeln. Im Moment lehnt der beigefarbene Karton an einer Wand im neuen Zustellstützpunkt der Deutschen Post DHL an der Hardenbergstraße.
Es ist etwa 9.30 Uhr. Die Boten, bekleidet mit rot-gelben Westen, die Arme voller Päckchen, beladen ihre Wagen. Dass fast alle Pakete, Päckchen, Briefe in Mülheim seit einigen Wochen neue Wege gehen, merken die Kundinnen und Kunden nicht. Für das Unternehmen und die Beschäftigten aber ist es eine große Veränderung.
Neues Mülheimer Brief- und Paketzentrum seit Juni in Betrieb
Hinter den Kulissen des neuen DHL Stützpunktes in Mülheim
Am 26. Juni hat die Post das alte Brief- und Paketzentrum am Hauptbahnhof, im Herzen der City, leergezogen. Der Umzug erfolgte im laufenden Betrieb. Die Zustellerinnen und Zusteller seien morgens noch in der Innenstadt gestartet und nachmittags zum Schichtende nach Heißen gefahren, berichtet Lukas Breuer, Standortleiter für die Brief- und Verbundzustellung. Für den Paketbereich ist als Standortleiter Carsten Dreiling zuständig sowie sein Vertreter Jörg Fidomski.
Während die Zustellbasis mitsamt der Postfächer ins Gewerbegebiet verlegt wurde, zog die Postbank mit verschiedenen Kundenserviceleistungen an die Friedrich-Ebert-Straße. Bei den Bürgerinnen und Bürgern sind die Veränderungen eher ablehnend aufgenommen, anfängliche Servicelücken kritisiert worden. Aus Sicht der Deutschen Post DHL markiert der neue Standort einen Riesenschritt in Richtung Umweltfreundlichkeit, Nachhaltigkeit. Er sei CO2-neutral, eine „grüne Lösung“, spare jährlich rund 20 Tonnen CO2 gegenüber einem herkömmlichen Gebäude, heißt es in einem Infoblatt. Daneben bleibt das kleine Briefzentrum an der Heerstraße in Speldorf in Betrieb. Von dort aus versorgen 28 Beschäftigte insgesamt 16 Zustellbezirke in Speldorf und Broich.
Rund 57.000 Sendungen werden täglich sortiert und verladen
Der Heißener Zustellstützpunkt besteht im Kern aus einer riesigen, knallgelben Logistikhalle, die sich über rund 170 Meter erstreckt und auch die Verwaltungsräume enthält. Alles ebenerdig. Hier werden täglich im Schnitt fast 57.000 Sendungen angeliefert, sortiert, verfrachtet. Carsten Dreiling zählt auf: fast 40.000 Kurzbriefe, etwa 13.000 Großbriefe, 2100 Pakete, 1100 Warenpostsendungen, 500 Einschreiben. Die ersten Lieferungen rollen um drei Uhr in der Früh an, sie kommen aus dem Paketzentrum in Dorsten, bereits vorsortiert nach Stadtteilen. Sieben weitere Lkw-Touren folgen bis 9 Uhr.
Dienstbeginn für die Zustellerinnen und Zusteller an der Hardenbergstraße ist um 8.10 Uhr. Knapp anderthalb Stunden haben sie dann Zeit, um ihre Fahrzeuge zu beladen. Verteilschluss ist um 9.30 Uhr. In der riesigen Halle, die verschiedene Abteilungen unter ihrem Flachdach vereint, herrscht hohe Konzentration, aber auch spürbar kollegiale Stimmung. Briefe stehen, hausnummernscharf, in blauen Fächern, sie werden in gelbe Plastikkisten sortiert, Rollcontainer voller Pakete herumgefahren, Akkus für die E-Fahrzeuge aus der Ladestation gezogen.
Alle 210 Beschäftigten sind mit umgezogen nach Heißen
Die gelben DHL-Wagen fahren rückwärts an Lkw-Tore mit Tiefbettrampen, docken dort an und werden direkt aus der Halle bestückt. Laderampen und Hebebühnen, wie im alten Paketzentrum am Hauptbahnhof, gibt es hier nicht mehr. Den Mitarbeitenden soll dies die Arbeit erleichtern. Insgesamt sind nach Angaben von Britta Töllner, Sprecherin der Deutschen Post, alle 210 Beschäftigten mit nach Heißen gezogen: Zusteller, Sortierkräfte, Innendienstler. Alle seien zu tariflichen Konditionen fest angestellt, „nur zu Spitzenzeiten wie vor Weihnachten oder jetzt im Sommer setzen wir Aushilfen oder Abrufkräfte ein“. Kräfte von Fremd- oder Zeitarbeitsfirmen würden nicht beschäftigt, versichert die Post-Sprecherin. Vollzeitstellen seien üblich, Teilzeitarbeit die Ausnahme.
Personell sei man momentan vergleichsweise gut aufgestellt: „Da hatten wir vorher schon deutlich größere Probleme“, sagt Britta Töllner. „Durch den jüngsten Tarifabschluss sind die Stellen attraktiver geworden.“ Unter zahlreichen Bewerbungen so aussuchen wie in früheren Jahren könne die Post jedoch nicht mehr.
Parksituation ist für die Mitarbeitenden günstiger
Gegen 10 Uhr schwärmen die Zustellerinnen und Zusteller von der Hardenbergstraße aus in ihre Bezirke. 65 DHL-Autos sind täglich in Mülheim unterwegs, mehr als 50 E-Bikes, sechs Mitarbeitende gehen zu Fuß. Wer Briefkästen in Heißen füllt, hat es jetzt näher als früher. Doch es geht auch in die Innenstadt, nach Selbeck oder Styrum - diese Wege haben sich verlängert, das werden vor allem die Radelnden spüren.
Doch auch aus Perspektive der Beschäftigten spreche einiges für den neuen Standort, meint Post-Sprecherin Britta Töllner: „Der Vorteil ist, dass wir hier viele Parkflächen haben. Einige unserer Mitarbeiter kommen aus umliegenden Städten.“ Für sie sei der Standort am Hauptbahnhof verkehrstechnisch schwierig gewesen. „Sie mussten sich teilweise in umliegenden Wohngebieten einen Parkplatz suchen.“ Generell seien die Räumlichkeiten moderner, komfortabler. Das Laufen über mehrere Etagen fällt weg.
Statt E-Fahrrädern werden Trikes eingesetzt
Das neue Brief- und Paketzentrum verfügt über mehr als 70 Ladepunkte für E-Fahrzeuge. Nach und nach sollen alle Autos, die noch mit Verbrennermotor fahren, durch elektrische Fahrzeuge ersetzt werden. Derzeit gibt es an diesem Standort erst fünf davon. Die Briefzustellerinnen und -zusteller radeln jetzt schon mit Akku-Verstärkung, anders wären die schweren Räder auch kaum noch zu bewegen. Statt Zweirädern werden Trikes, also Dreiräder eingesetzt - sie seien „weniger rutschig bei Wind und Wetter“, erläutert Britta Töllner. „Wir haben die Räder sogar in der Skihalle in Neuss getestet.“ Die Trikes verpacken auch mehr Postkisten, sechs bis sieben, sind dann aber bis zu 80 Kilo schwer.
Seit August 2022 wurde die neue Zustellbasis in Heißen gebaut, auf dem ehemaligen Dekra-Gelände. Die gesamte Ausstattung des Gebäudes soll Klimaneutralität garantieren. Es wird ohne fossile Brennstoffe beheizt über eine Wärmepumpe in Verbindung mit Fußbodenheizungen. Das Hallendach ist großflächig mit einer Photovoltaik-Anlage bestückt. „Wir produzieren unseren Strom vor Ort komplett selbst“, erklärt Standortleiter Lukas Breuer. Heizung, Beleuchtung, Ladestationen für die Fahrzeuge. Die Anlage produziere sogar mehr Strom als das Zentrum benötige.
„Wir sind froh, in Mülheim ein Grundstück bekommen zu haben“
Ein vergleichbares Areal in der Mülheimer Innenstadt sei unmöglich zu finden, ergänzt Post-Sprecherin Britta Töllner. „Für eine zukunftsfähige und nachhaltige, CO2-freie Zustellung, die letztlich uns allen zu Gute kommt, benötigen wir natürlich auch entsprechende Infrastruktur und Grundstücke.“ Darum sei man dankbar für die gute Kooperation mit der Stadt Mülheim. „Wir sind froh, in Mülheim ein Grundstück bekommen zu haben, auf dem schon vor 6 Uhr morgens angeliefert werden kann.“
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