Mülheim. In der Serie „Berühmte Mülheimer“ stellen wir Paul Essers vor, erster Baudezernent nach dem Krieg. Oder auch: der Baumeister des neuen Mülheims.

Die innerstädtische Paul-Essers-Straße erinnert seit 1967 an den ersten Baudezernenten der Nachkriegszeit. Seine Zeitgenossen nannten den an der Höheren Technischen Lehranstalt Essen und an der Technischen Hochschule Darmstadt ausgebildeten Architekten „Baumeister des neuen Mülheim“. Als erster Baudezernent war der am 30. Mai 1901 geborene Sozialdemokrat Essers federführend verantwortlich für den Generalplan zum Wiederaufbau der vom Krieg zerstörten Innenstadt und für den Wiederaufbau der Stadthalle. Essers selbst wohnte an der innerstädtischen Leibnizstraße.

Im August 1945 begann Essers als kommissarischer Baudezernent bei der Stadt, für die er schon zwischen 1924 und 1928 gearbeitet hatte, ehe er sich als Architekt selbstständig gemacht hatte. Erst 1947 wählte ihn der Stadtrat einstimmig zum Baudezernenten. Damals waren 70 Prozent der Innenstadtgebäude vom Krieg zerstört oder beschädigt. Viele Menschen mussten in Notunterkünften überleben und auf den Wiederaufbau ihres Zuhauses warten. Mit der Einführung der D-Mark nahm auch der Wiederaufbau 1948 Fahrt auf.

Nach dem Krieg lag über eine Million Kubikmeter Schutt auf den Straßen Mülheims

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Doch erst 1953 waren Mülheims Straßen trümmerfrei. Nach dem Kriegsende 1945 lag über eine Million Kubikmeter Schutt auf den Straßen unserer Stadt. Essers machte aus der Not eine Tugend. Vier Monate nach seiner einstimmigen Dezernentenwahl durch den Rat der Stadt stellte er im Oktober 1947 der interessierten Öffentlichkeit seine Wiederaufbaupläne vor. „Man kann nie genug abreißen. Aber wir müssen planvoll gestalten und anders vorgehen als einst. Denn wir sind zu arm geworden, um uns Fehler leisten zu können“, formulierte der Baudezernent sein Credo.

Am 22. Juli 1949, nach achtstündiger Debatte vom Rat der Stadt beschlossen, lief Essers aus zehn Einzelplänen bestehender Generalplan darauf hinaus, nur einen kleinen Teil des historischen Stadtkerns zu erhalten und die alten Grundrisse und Straßenzüge zu ändern, um mehr Verkehrs- und Wohnungsbauflächen zu gewinnen. Ein Beispiel dafür war die neue Leineweberstraße, die 1955 als 28 Meter breite Ost-West-Achse von der Schloßbrücke durch die zerstörte Innenstadt bis zum Dickswall gelegt wurde und den alten Stadtkern des Kirchenhügels vom neuen Stadtkern rund um den Rathausmarkt trennte. Auch schuf Essers mit einem neuen Platz zwischen der Friedrich-Ebert-Straße und Ruhrstraße einen freien Blick auf die Ruhr.

Baudezernent Paul Essers
Baudezernent Paul Essers © Stadtarchiv

Der Tod im Jahre 1959 „hat dem Leben von Paul Essers viel zu früh ein Ende gesetzt“

Wie der 1953 verstorbene Oberstadtdirektor Josef Poell und der 1955 verstorbene Stadtkämmerer Friedrich Freye nahm Essers als unermüdlicher Wiederaufbauarbeiter an der Spitze der Stadtverwaltung keine Rücksicht auf seine Gesundheit und zahlte dafür einen hohen Preis. Vier Monate vor seinem tödlichen Herzinfarkt musste Essers sein Amt aus gesundheitlichen Gründen aufgeben.

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Nach Paul Essers Tod am 30. Oktober 1959 hieß es in einem Nachruf über ihn: „Ihm oblag die schwere, aber auch schöne Aufgabe, aus den Ruinen und Trümmern unserer Stadt ein neues Mülheim zu schaffen. Er hat das neue Gesicht der Stadt geprägt. Er hat die Wandlung von der beengten und zum Teil verwinkelten Stadt zur großzügig angelegten Großstadt maßgeblich beeinflusst und vorangetrieben.“

„Er hat zäh darum gerungen, selbst den ärgsten Zauderer für seinen Weg zu gewinnen“

Und weiter: „Nicht immer wurde es dem Baudezernenten leicht gemacht, seinen Ideen von der Neugestaltung der Stadt Geltung zu verschaffen. Doch die Vorstellung von der neuen Stadt Mülheim an der Ruhr hatte ihn so gefangen genommen, dass er zäh und verbissen darum rang, selbst den ärgsten Zauderer für den einmal als richtig erkannten Weg zu gewinnen.“

1950: Der vom Krieg gezeichnete Rathausmarkt.
1950: Der vom Krieg gezeichnete Rathausmarkt. © Stadtarchiv

„Es spricht sowohl für den Weitblick des Planers als auch für seine Konsequenz in dem Bemühen, die einmal als richtig erkannten Ziele zu erreichen, durch die ein großer Teil seiner Pläne seither verwirklicht worden ist. Doch der Tod hat dem Leben von Paul Essers viel zu früh ein Ende gesetzt, als dass der große Baumeister unserer Stadt hätte sagen können: ‚Das große Werk ist glücklich vollendet.‘“

Stadtdirektor Niehoff: „Er wollte aus der provinziellen Stadt eine Großstadt machen“

Die Stadt ehrte ihren verstorbenen Wiederaufbaumeister mit einem Trauerakt in der 1957 wiedereröffneten Stadthalle. Oberbürgermeister Heinrich Thöne würdigte Essers bei dieser Gelegenheit, als „einen von seiner Arbeit beseelten Menschen, der mit den Ergebnissen seiner Arbeit, das Gepräge unserer Stadt für die nächsten 100 Jahre geschaffen hat“. Stadtdirektor Niehoff nannte Essers einen „eigenwilligen und ideenreichen Baudezernenten, der in der Vorstellung gelebt und gearbeitet hat aus der provinziellen Stadt eine Großstadt zu machen“.

Aus unserer Serie „Berühmte Mülheimer“: