Moers. Das Bundes-Kinderschutzgesetz verpflichtet Einrichtungen zu einem Schutzkonzept. Die Musikschule in Moers geht jetzt voran. Die Hintergründe.

Ein Dozent der Musikschule zeigt dem Kind, wie es die Geige besser halten sollte. Das an sich harmlose Unterfangen könnte vom Schüler falsch verstanden; oder vielleicht sogar vom Lehrer ausgenutzt werden. Um es erst gar nicht so weit kommen zu lassen, hat sich die Moerser Musikschule (MMS) jetzt ein Schutzkonzept, ein Leitbild und einen Verhaltenskodex gegeben. „Die Musikschule geht damit in Moers voran“, unterstreicht Diana Finkele als Leiterin des Eigenbetriebes Bildung.

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Leitbild und Konzept stellten Schulleiter Georg Kresimon und Dozent Wagner Prado am Mittwoch vor. Schon länger habe das Thema Schutzkonzept ihm auf der Seele gelegen, meint Kresimon. Das Bundes-Kinderschutzgesetz verpflichte Einrichtungen auch dazu. „In der Coronazeit haben wir es dann angepackt.“ Sämtliche Lehrkräfte seien eingebunden gewesen, eine siebenköpfige Steuerungsgruppe habe es außerdem gegeben.

Musikschule in Moers: Für erste Gespräche gibt es einen Vertrauenslehrer

Darüber hinaus sei für die Expertise eine Fachkraft der Landesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz eingebunden worden. So sei in einem langen Prozess das Leitbild entstanden, das nun veröffentlicht werde. Titel: „MMS – MusikMachtStark, verantwortungsvoll für starke Persönlichkeiten“. Dabei gehe es um Situationen im Unterricht, aber auch darum, sich der Kinder sensibel anzunehmen, wenn sie plötzlich ein verändertes Verhalten an den Tag legten. Für erste Gespräche habe man Vertrauenslehrer installiert. In Verdachtsfällen stehe ein Notfallplan zur Verfügung. Alle vorgegebenen Schritte würden dokumentiert. Nicht zuletzt müssten bei einem falschen Verdacht der Kollege oder die Kollegin vollständig rehabilitiert werden.

Diana Finkele (Leiterin Eigenbetrieb Bildung), Georg Kresimon (Musikschulleiter  und Wagner Prado (Lehrkraft aus der Steuerungsgruppe) stellen das Schutzkonzept  an der Moerser Musikschule vor.
Diana Finkele (Leiterin Eigenbetrieb Bildung), Georg Kresimon (Musikschulleiter und Wagner Prado (Lehrkraft aus der Steuerungsgruppe) stellen das Schutzkonzept an der Moerser Musikschule vor. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Die Steuerungsgruppe habe daneben einen Fragen-Katalog erstellt. Da gehe es um die professionelle Distanz zum Schüler, aber auch darum, Grenzen zu setzen, wenn ein Kind von sich aus Körperkontakt suche. Oder: Wie viel Nähe und Verbindlichkeit sind pädagogisch sinnvoll? Wagner Prado gehört der Steuerungsgruppe an: „Wichtig kann selbst die Raumsituation sein.“ So könnten schon große Fenster in den Klassentüren einem Fehlverhalten in einer Eins-zu-eins-Situation vorbeugen.

Schutzkonzept der Moerser Musikschule: Neue Lehrkräfte brauchen Führungszeugnis

Jede neue Lehrkraft müsse ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis vorlegen. „Langjährige Dozenten müssen dies alle fünf Jahre tun“, sagt der Schulleiter. Nicht zuletzt: Jede Lehrkraft der MMS habe einen umfangreichen Verhaltenskodex unterschreiben müssen. Dies sei von einem Juristen geprüft und für rechtens befunden worden, schildert Kresimon. „Jede Form von Gewalt, ob sexualisiert, körperlich, verbal oder psychisch ist absolut tabu“, unterstreicht Kresimon. Das neue Leitbild ziele auf Achtsamkeit, Wertschätzung und Vertrauen zwischen Lehrkräften und Schülern ab. Er weiß auch: „Seit etwa zehn Jahren hat sich das Bewusstsein für dieses komplexe Thema sehr zum Positiven gewandelt.“ Er empfehle in der Praxis ein klärendes erstes Gespräch mit neuen Schülern und Eltern, um Missverständnissen vorzubeugen.

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Das Thema Missbrauch und Gewalt in der einstigen Internatsschule Martinstift in den 50er Jahren sei erst kürzlich aufgearbeitet worden, berichtet Diana Finkele. Auch deshalb mache das Schutzkonzept Sinn. Für andere Einrichtungen wie Bibliothek oder Museum sei es Vorreiter. Das Konzept sei den zuständigen Fachbereichen im Rathaus vorgelegt worden und werde auch dem Kulturausschuss des Rates demnächst abschließend zur Kenntnis gegeben.