Moers. Zoey aus Moers ist geistig und körperlich schwerbehindert. Für ihren Rollstuhl brauchen ihre Eltern einen Transporter. Sie hoffen auf Spenden.
Die halbe Scheibe Toastbrot in ihrer Hand möchte Zoey nicht. Was das angeht, ist die 6-Jährige eigen. Mit den Händen essen? Kommt nicht infrage. Meistens zumindest. Beherzt nimmt Anika Zech das Brot ihrer Tochter aus der Hand, zieht die Schublade in der Küche auf und holt ein Messer hervor. Routiniert schneidet sie die halbe Scheibe in kleinere Stücke, pikst sie mit einer Gabel auf und schiebt sie Zoey in den Mund. Der kleinen Moerserin scheint es zu schmecken.
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Zoey, die 2018 auf die Welt kam, ist anders als andere Kinder. „Das wussten wir nicht von Geburt an“, erklärt ihre Mutter. Aufgefallen ist es, als Zoey ein paar Monate alt war. Sie war motorisch den anderen Kindern hinterher, zudem machte sich eine Schwerhörigkeit bemerkbar. Es sollten Jahre vergehen, bis die junge Mutter sicher wusste, was mit ihrem Kind los ist. Von „Therapeut zu Therapeut“ sei sie gerannt, zwischenzeitig fing Zoey an innerlich zu krampfen. In der Neurologie hieß es, Zoey leidet an Epilepsie und an einer Entwicklungsstörung.
Zoey (6) aus Moers hat Gendefekt Spata 5
Der Grund? Zu diesem Zeitpunkt unbekannt. „Kommen Sie doch in zehn Jahren wieder, dann ist die Forschung weiter“, soll man der jungen Mutter hier gesagt haben. „Irgendwann ist man einfach nur frustriert“, sagt Anika Zech, die Zoey bekam, als sie 15 Jahre alt war und drei Jahre lang mit ihr alleine lebte. Ein behindertes Kind sei nach wie vor ein Tabuthema, so ihre Erfahrung. „Ich wurde von Bekannten gefragt, warum ich nicht einfach abgetrieben habe.“
Erst 2022 kam ein erlösender Anruf von der Humangenetik. Die Diagnose: Spata 5, ein äußerst seltener Gendefekt, der unter anderem eine geistige und körperliche Beeinträchtigung, Epilepsie und eine nahezu vollständige Gehörlosigkeit mit sich bringt. „Ihre Muskeln bauen sich nicht wie bei anderen Kindern auf.“ Und: Zoey hat eine Wahrnehmungsstörung. Wo andere Kinder aufgrund von Schmerzen schreien, etwa, wenn man sie in den Arm kneift, regt sich das Mädchen nicht.
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Anikas Ehemann Jonas Zech nickt bestätigend. Er ist nicht Zoeys leiblicher Vater, liebt das Mädchen aber wie eine eigene Tochter. Im kommenden Jahr möchte er Zoey adoptieren. „Zu 99 Prozent wird Zoey nicht laufen lernen wie wir. Ein paar Schritte an der Hand gehen aber“, sagt er. Ein Leben mit einer Behinderung. Wobei, das Wort „behindert“ mag Anika Zech nicht. „Ich sage immer, die Zoey ist besonders.“
Moerser Ehepaar sammelt für einen Rollstuhl
Es ist kein leichtes Leben, dass das junge Paar, welches noch eine erst wenige Monate alte gemeinsame Tochter hat, führt. Der Alltag mit Zoey kann „unfassbar anstrengend“ werden, erklärt Anika Zech. „Aber die Liebe, die das Kind zurückgibt, kann man nicht beschreiben. Das ist einmalig.“ Wer die beiden über Zoey reden hört, der merkt, wie viel Liebe sie von dem jungen Mädchen bekommen und zurückgeben. Unterstützung bekommen die beiden auch von Jonas Zechs Eltern – „Bei Zoeys Opa war es Liebe auf den ersten Blick“, schwärmt der junge Vater. Auch seiner Mutter Alexandra Zech geht das Herz auf, wenn es um Zoey geht. „Sie ist so ein herzliches Kind, die erste Begegnung mit ihr war einfach nur schön. Sie gehört zu uns.“
Aktuell besucht Zoey eine Kita mit einer heilpädagogischen Gruppe, ab August besucht sie die Hilda-Heinemann-Schule in Moers, eine Förderschule für geistige Entwicklung. Dafür braucht sie einen Rollstuhl, der bereits bestellt wurde. Das Problem: „Wir suchen seit 1,5 Jahren ein Auto, in das der Rollstuhl passt.“ Eine Sisyphusaufgabe für das junge Paar. Zwar besitzen Anika und Jonas Zech ein Auto, das jedoch zu klein für den Rollstuhl ist. Finanzielle Unterstützung bekommen sie nach eigenen Angaben nicht. Daher haben sie jüngst unter dem Titel „Für einen behinderten gerechten Transporter“ einen Spendenaufruf auf der Plattform „gofundme“ gestartet, rund 340 Euro sind bisher zusammengekommen. Aber auch über sonstige Unterstützung und Hinweise, wie und wo ein günstiger Transporter zu bekommen ist, ist das Paar dankbar.
Junge Mutter aus Moers möchte auf das Thema aufmerksam machen
Das Ehepaar Zech hofft auch, so aufmerksam auf das Thema zu machen. „Ich will anderen Menschen zeigen, dass man in so einer Situation nicht alleine ist“, sagt Anika Zech. Angebote für Menschen mit Spata 5 oder Austauschmöglichkeiten für Angehörige gebe es nicht. „Man hat wenig Unterstützung, viele Leute sehen überhaupt nicht, was das im Alltag ausmacht.“ Zoey hat mittlerweile ihr Frühstück beendet. Das Werbeprospekt auf dem Tisch scheint ihr zu gefallen. Immer wieder greift sie danach, reißt die Seiten in einzelne Stücke. Anika Zech beobachtet ihre Tochter mit einem Lächeln. „Ein Kind braucht nichts anderes als Liebe“, sagt sie. „Das hat Zoey mir beigebracht.“