Kreis Wesel. Die Schülerzahlen an den sieben Förderschulen im Kreis Wesel wachsen auch im nächsten Schuljahr weiter. An den Standorten wird es immer enger.

Der Kreis Wesel arbeitet bereits an einem neuen Konzept für die kreiseigenen Förderschulen. Doch warten, bis Machbarkeitsstudien und Umsetzungskonzepte vorliegen, können die sieben Lehranstalten nicht. Bereits jetzt ist klar, dass die Anmeldezahlen für das kommende Schuljahr die Platzkapazitäten überschreiten – wieder einmal. Zulasten des ohnehin knappen Personals und der pädagogischen Betreuung der Schülerinnen und Schüler.

Interimslösungen müssen her, entweder mit weiteren Containern oder durch die Anmietung zusätzlicher Räume. Das geht aus einer Vorlage für den Schulausschuss Anfang Juni hervor, in der die sieben Schulen in Kurzberichten die aktuelle Lage darstellen. Es werde deutlich, so die Kreisverwaltung in der Vorlage, „dass zum Schuljahresbeginn 2024/2025 die Einrichtung zusätzlicher Klassen an verschiedenen kreiseigenen Förderschulen notwendig sein wird“.

Momentan besuchen 1528 Schülerinnen und Schüler eine der sieben Förderschulen, die Zahlen sind bei nahezu allen Schulen seit Jahren steigend. Den weitaus größten Anstieg weisen die beiden Schulen mit den Förderschwerpunkten Lernen und emotionale-soziale Entwicklung, die Janusz-Korczak-Schule in Voerde und die Schule am Niederrhein in Kamp-Lintfort, auf. In Voerde werden laut Kurzbericht derzeit 213 Kinder und Jugendliche unterrichtet, im Schuljahr 2020/2021 waren es noch 159. Im kommenden Schuljahr 2024/25 werde man mit 245 bis 250 Schülerinnen und Schülern starten, sagt die Leitung, „so dass wir drei zusätzliche Klassen bilden müssen“. Das sei aber weder räumlich noch personell zu leisten. Zumindest sei eine Containerlösung in Planung.

Die Janusz-Korczak-Schule in Voerde stößt räumlich und personell an ihre Grenzen.
Die Janusz-Korczak-Schule in Voerde stößt räumlich und personell an ihre Grenzen. © www.blossey.eu / FUNKE Foto Service | Hans Blossey

In der Schule am Niederrhein hat man bereits sämtliche Kapazitäten ausgereizt, um die Schulklassen unterzubringen. Dort stieg die Schülerzahl von 140 im Schuljahr 20/21 auf derzeit 220 Kinder und Jugendliche. Sämtliche Fachräume seien zu Klassenräumen umfunktioniert worden, inklusive des ehemaligen Büros der Konrektorin, heißt es in dem Kurzbericht. Dazu habe man Räume der evangelischen Kirchengemeinde angemietet. Der Mietvertrag läuft allerdings im kommenden Oktober aus. Auch hier laufen Planungen für eine Containerlösung.

Bei der Schule am Ring in Wesel rückte man ebenfalls zumindest zeitweise zusammen und funktionierte Lehrerzimmer und Fachräume zu Klassenzimmern um, ehe die Container standen. Und in der Waldschule in Hünxe behalf man sich mit einer Container-Anlage und der Umwidmung von Fachräumen.

Bei der Schule am Ring fangen Container den Platzmangel auf.
Bei der Schule am Ring fangen Container den Platzmangel auf. © FUNKE Foto Services | Markus Weißenfels

Abgesehen von der reinen Größe der Gebäude sorgt an einigen Schulen auch der bauliche Zustand für Kapazitätsengpässe. Wie in der Bönninghardt-Schule in Alpen. Dort erreichte die Raumtemperatur im Altbau vorletzten Sommer laut Schulbericht 39,8 Grad. Ab 35 Grad seien die Räume nicht mehr nutzbar, heißt es weiter. Allerdings befinden sich dort sieben Klassenräume, ein Differenzierungsraum, zwei Fachräume und das Büro des Schulsozialarbeiters.

„Es stehen keine weiteren, hitzegeschützten Räume zur Verfügung und auch keine größeren Schattenflächen im Außenbereich, um dorthin auszuweichen“, so die Schulleitung. Aus Sicht der „vulnerablen Schülerschaft“ und zum Schutz der Kolleginnen und Kollegen sei dies keine hinnehmbare Situation. Lösungen zum Hitzeschutz gebe es bislang nicht. „Nach der Aufstellung der neuen Schülerzahlen können wir für unsere Schule feststellen, dass wir bei den räumlichen Bedarfen an unsere Grenzen stoßen.“

Einschulungskindern fehlen Kompetenzen

Die Förderschulen benötigen laut eigener Aussage dringend mehr Platz für Differenzierung. Einschulungskindern fehlten Vorläuferkompetenzen, „die für einen Eintritt ins Schulleben von Nöten sind“, heißt es beispielsweise im Bericht der Bönninghardt-Schule. Viele Schülerinnen und Schüler könnten nur für wenige Minuten sitzen bleiben, sich nur für einen sehr kurzen Zeitraum mit einer Aufgabe beschäftigen oder überhaupt andere Menschen in ihrer Nähe ertragen. „Eine Differenzierung ist jedoch kaum noch möglich, da durchgängig alle verfügbaren Räume belegt sind.“ Laut Waldschule steigt zudem die Zahl der begleitungsintensiven Schülerinnen und Schüler weiter.

Die Platz- und Personalengpässe ziehen sich durch sämtliche Schulen. Auch hinsichtlich der Tatsache, dass ab dem Schuljahr 2026/27 ein Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in der Primarstufe (OGS) besteht. Dafür brauche man mehr Räume, heißt es im Bericht der Erich-Kästner-Schulemit Standorten in Moers und Wesel. Dort jongliert man bereits mit den Klassenräumen, um Unterricht und OGS aufeinander abzustimmen – schwierig, sagt die Schulleitung.

An der Hilda-Heinemann-Schule in Moers hat man unterdessen auch Probleme, die dringend benötigten Stellen der Integrationskräfte dauerhaft zu besetzen. Lehrkräfte könne man zwar immer wieder gewinnen, oftmals würden sie aber wieder abgeordnet. Dieses Problem hat nahezu jede Schule. Hinzu kommen Langzeiterkrankungen oder Beschäftigungsverbote wegen Schwangerschaften, die für eine personelle Unwucht sorgen.

Der Kreis hat zumindest die Platzprobleme an den sieben Schulen laut Vorlage bereits in Angriff genommen. An Interimslösungen werde derzeit bereits gearbeitet. Allerdings sind die finanziellen Möglichkeiten begrenzt: „Den kreiseigenen Förderschulen steht im Haushaltsjahr 2024 ein Schulbudget in Höhe von 240.182 Euro und 613.120 Euro für die Umsetzung von investiven Maßnahmen im Rahmen der sächlichen Ausstattung zur Verfügung“, heißt es in der Vorlage.