Neukirchen-Vluyn. In Neukirchen-Vluyn ist der Leiter der Freiwilligen Feuerwehr abberufen worden. So erklären die politischen Fraktionen im Rat ihre Entscheidung.

Die Abberufung des Leiters der Freiwilligen Feuerwehr wirbelt Neukirchen-Vluyn durcheinander. Der Rat der Stadt hatte in einer eilends einberufenen Sondersitzung am Mittwoch mehrheitlich entschieden, Lutz Reimann die Aufgabe zu entziehen. Dem vorausgegangen war ein Vorgang, der die Besetzung der Stelle „Steuerungsunterstützung Feuerwehr“, zum Inhalt hatte. Die Stelle ist in der Stadtverwaltung beim Ordnungsamt angesiedelt und soll die Freiwillige Feuerwehr in administrativen Belangen unterstützen. Hier soll sich der Feuerwehr-Chef Reimann unangemessen eingebracht haben.

Die Stadtverwaltung selbst hatte sich in Person des Bürgermeisters zugeknöpft gezeigt. Es gehe um eine Personalangelegenheit, hieß es. Die ist in der Sitzung im nicht-öffentlichen Teil behandelt worden, was auch die politischen Vertreterinnen und Vertreter mit öffentlichen Äußerungen zu Details der Diskussion zögern lässt. Gleichwohl geben sie auf Nachfrage der Redaktion eine Bewertung der Entscheidung ab.

„Dieses zweifelsfreie Fehlverhalten beschädigt im Ergebnis alle Beteiligten, nicht zuletzt auch den Stellenbewerber“, sagt beispielsweise der Fraktionsvorsitzende der SPD, Klaus Lewitzki. Auf die Frage, was es mit ihm als Mandatsträger macht, wenn sich womöglich kommunalpolitisches Engagement für eine demokratische Partei beruflich negativ auswirken kann, sagt er: „Auch wenn es mich persönlich nicht mehr treffen kann, macht es mich umso nachdenklicher, welche negativen Folgen kommunalpolitisches Ehrenamt – ein hohes Gut unserer Demokratie – haben kann. Und dieses nach so vielen Jahren… Das bereitet mir Sorge. Ich habe hierfür überhaupt kein Verständnis!“

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Von der CDU-Fraktion kommen verhaltenere Töne. Zunächst müsse festgestellt werden, dass eine mehrheitliche keine einstimmige Entscheidung sei, heißt es seitens der Christdemokraten. Die Gemengelage sei „erstmal juristisch hochkomplex und kompliziert“. Hier zu einem eindeutigen Fazit zu gelangen, sei nicht einfach so möglich gewesen. Die bisherigen juristischen Auswertungen, Stellungnahmen und Darstellungen zum Besetzungsverfahren - von allen Beteiligten – zu einer zweifelsfreien und klaren Entscheidung final zu bewerten, sei den CDU-Ratsleuten im Kontext ihres Mandats nicht möglich gewesen. Ferner spricht die CDU von durch die Sondersitzung aufgebautem Handlungsdruck. „Die eingeschlagene Vorgehensweise und das Ergebnis ist daher nicht von der CDU-Fraktion zu verantworten“, betont der Fraktionsvorsitzende Markus Nacke.

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Das Abstimmungsverhalten der CDU wird hingegen von Angelika von Speicher (ÖDP-Fraktion) deutlich kritisiert und als „skandalös“ bezeichnet. Es sei bezeichnend, dass sich die Fraktion im Rat nicht klar positioniert habe und sich drücke, Verantwortung zu übernehmen. Die acht Neinstimmen in der geheimen Abstimmung sprächen Bände. Sollte der Bürgermeister „von Teilen der Feuerwehr kompromittiert werden, stellt sich die gesamte Wehr ins Abseits und macht sich lächerlich“, sagt von Speicher. Es gehe nicht gegen das Ehrenamt. Und weiter führt sie aus: „Es geht um einen Wehrleiter, der klare Regeln verletzt hat und sich durch sein Verhalten selber disqualifiziert hat. Deshalb steht auch meine Fraktion voll hinter dem Handeln des Bürgermeisters und der Verwaltung.“

Dass womöglich Menschen, „die einer demokratischen Partei angehören und Ratsarbeit geleistet haben, beruflich Schwierigkeiten bekommen, weil einem Entscheidungsträger die politische Ausrichtung oder vergangene kritische Äußerungen“ nicht gefallen, kritisiert sie und spricht sogar von „Androhung von Mobbing“. Elisabeth Wannenmacher (NV Auf geht‘s) spricht zwar die Verdienste des Feuerwehrchefs an, benennt aber auch ein klares Fehlverhalten, das sie als Kompetenzüberschreitung bezeichnet.

In Neukirchen-Vluyn wird über Vertrauen gesprochen

„Im Kern geht es darum, dass das ,mangelnde Vertrauen‘ nicht begründet ist“, sagt sie. Das lasse sich nicht von einer politischen Meinungsäußerung ableiten. Auch Wannenmacher spricht von einer politisch motivierten, keiner fachlichen Begründung. Im Rückblick auf die damalige Diskussion um den Kombibau kann sich die Ratsfrau nicht verkneifen, dass NV Auf geht‘s seinerzeit auch dagegen war, aber selbst die Kritiker in den folgenden Jahren Anträge der Feuerwehr unterstützt hätten.

Tom Wagener (Bündnis 90 / Die Grünen): „Da die Faktenlage eindeutig ist, stehen ich und meine Fraktion hinter der Entscheidung des Rates.“ Er spricht von einem „gravierenden Fehlverhalten“ und unterstreicht am Freitagabend, es dürfe nicht sein, „dass Mandatsträger*innen wegen ihres politischen Engagements unter Druck gesetzt, gemobbt oder gar beruflich benachteiligt werden“. Der Chef der Bündnisgrünen führt im folgenden aus, dass die Politik sicherstellen müsse, dass Prozesse in der öffentlichen Verwaltung ordnungsgemäß und diskriminierungsfrei ablaufen. „Und das gilt auch für den vorliegenden Sachverhalt.“

Lutz Reimann leitete die Freiwillige Feuerwehr seit Mai 2001. Er war erstes Mitglied seit Gründung der Jugendfeuerwehr im Jahr 1981, übernahm 1982 auch gleichzeitig die Betreuerschaft der Jugendfeuerwehr. Das Amt des Jugendfeuerwehrwarts hielt er von 1991 bis 1999 inne.