Moers. Nach dem brutalen Mord an dem Schneider Kazim Tatar in Moers stand seine Ex-Frau vor Gericht. Am letzten Prozesstag brach sie ihr Schweigen.
Wegen Mordes an ihrem Ex-Mann Kazim Tatar muss eine 51-jährige Moerserin eine lebenslange Freiheitsstrafe antreten. Zu diesem Urteil kam die Kammer des Schwurgerichts am Landgericht Kleve am Ende des fünften Verhandlungstags am Montag, 4. März. Das Gericht sieht sie als Mittäterin und Initiatorin im wohl aufsehenerregendsten Mordfall der jüngeren Moerser Geschichte.
Die Kammer um den Vorsitzenden Richter Gerhard van Gemmeren hatte „keinen Zweifel“ daran, dass die Angeklagte die Tötung ihres Ex-Mannes, der eine Änderungsschneiderei im Ortsteil Scherpenberg betrieb, geplant hatte. Neben finanziellen Interessen soll sie von einem tiefen Hass angetrieben gewesen sein. Bereits während der Ehe sei es häufig zu Streitigkeiten gekommen, zum Teil auch mit körperlicher Gewalt. Für einen Selbstmordversuch ihres gemeinsamen Sohnes machte sie ihren Ex-Mann verantwortlich.
Mordfall in Moers: Ex-Frau soll Auftragsmörder bezahlt haben
Die gestörte Beziehung mündete nach Zeugenaussagen in einer „filmreifen Scheidung“. Noch im Gerichtssaal soll die nun Verurteilte ihrem langjährigen Lebensgefährten auf Türkisch gedroht haben, ihn je nach Übersetzung zu „vernichten“ oder gar zu „zerschneiden“. Dieser Drohung ließ die 51-Jährige gemäß der Urteilsverkündung skrupellose Taten folgen.
Nach Überzeugung der Kammer hat sie einen Auftragsmörder beschafft, diesen bezahlt und stand für Notfälle im Hintergrund bereit. Bei dem Auftragsmörder handelt es sich um den vorgeblich besten Freund des Verstorbenen, einen 49-jährigen Mann aus Neukirchen-Vluyn. Dieser ist in einem separaten Verfahren bereits wegen Mordes aus Habgier und Heimtücke zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden. Dieses Urteil ist noch nicht rechtskräftig, da das Rechtsmittel Revision eingelegt wurde.
Mord an Kazim Tatar in Moers: Kugel traf ihm im Genick
Am 12. September 2022 hat der Auftragsmörder den Verstorbenen vom Düsseldorfer Flughafen abgeholt. Bei einem gemeinsamen Frühstück zückte er plötzlich eine Neun-Millimeter-Pistole Die Waffe soll er im Auftrag der nun Verurteilten extra für die Tat beschafft haben und sie nach Auffassung der Mordkommission später im Rhein entsorgt haben. Er forderte seinen kürzlich aus dem Urlaub zurückgekehrten Vertrauten dazu auf, ihm sein Versteck für Geld und Gold preiszugeben. Das Gold hatte das Paar bei seiner Hochzeit erhalten, nach der Scheidung hätte es, das ging aus mehreren Zeugenaussagen hervor, laut türkischer Tradition eigentlich der Frau zugestanden. Nachdem Tatar das Versteck verriet, feuerte sein vermeintlicher Freund auf ihn und traf ihn mit seinem zweiten Schuss tödlich im Genick.
Im Anschluss zerstückelte der Neukirchen-Vluyner den Leichnam des Moerser Schneiders und vergrub den auf mehrere Plastiksäcke aufgeteilten Körper in einem Waldstück auf dem Gelände seiner Arbeitsstätte in Moers-Hülsdonk. Bei der Beseitigung der Leiche könnte er womöglich Unterstützung von zwei Männern aus dem Verwandtschaftskreis der Ex-Frau bekommen haben. Gegen die Männer aus Gelsenkirchen wird zurzeit in einem separaten Verfahren ermittelt.
Ex-Frau von Kazim Tatar nahm Urteil wortlos zur Kenntnis
Das Urteil nahm die türkische Staatsbürgerin mit gesenktem Kopf und wortlos zur Kenntnis. Über den gesamten Prozess hinweg hatte sie sichtlich gelitten, in ihren müden, von Ringen umzeichneten Augen sammelten sich immer wieder Tränen, regelmäßig atmete sie schwer durch. Schweigend und ohne eigene Angaben zu machen, ließ sie insgesamt 34 Zeugenaussagen über sich ergehen, die mit immer weiteren Indizien den Verdacht nährten, dass sie zumindest in die Vorbereitung des Mordes und der Beseitigung der Leiche eingebunden gewesen sein muss.
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Erst am letzten Prozesstag brach die Angeklagte für einen kurzen Moment ihr Schweigen. In seinem Plädoyer zeichnete der Anwalt, der eine Schwester des Verstorbenen als Nebenklägerin vertrat, mit der Beschreibung diverser Streitigkeiten das Bild einer toxischen Ehe. Mit Provokationen – etwa der Zerstörung von Kazim Tatars Lieblingsgitarre oder dem geplanten Verkauf von dessen heißgeliebtem BMW – habe die Angeklagte den Stolz ihres früheren Lebensgefährten verletzen wollen. „Er hatte keinen Stolz“, rief die 51-Jährige dem Nebenklage-Vertreter von der Anklagebank aus entgegen. Ihrem Verteidiger gelang es, wenn auch mühsam, seine Mandantin zu zügeln.
Nach Mord in Moers: „So viele Zufälle kann es nicht geben“
Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Nebenklage waren wie letztlich auch die Kammer davon überzeugt, dass die Reihe von Indizien „in der Gesamtschau keinen Zweifel an einer Tatbeteiligung lassen“. Die Verteidigung der Angeklagten sah hingegen unter den zahlreichen in den Prozess eingebrachten Indizien keine belastbare Erkenntnis für eine Tatbeteiligung. Der Antrag auf Freispruch und sofortige Aufhebung des Haftbefehls vom 20. Februar 2023 blieb letztlich erfolglos. „So viele Zufälle kann es nicht geben“, wies Richter van Gemmeren die Erklärungen der Verteidigung zurück. Innerhalb einer Woche kann gegen das Urteil Revision eingelegt werden.