Kamp-Lintfort. Während Corona haben die Rathmers ihren Keller aufgeräumt und Kerzenreste gefunden. Das führte zu einer Idee und einer Aufgabe für die Kinder.
Corona ist schuld. Familie Rathmer hat in der schweren Zeit der Kontaktverbote das getan, was so viele getan haben: Den Keller aufgeräumt. Was sie gefunden haben: Jede Menge Kerzenreste. Vor allem von diesen großen Stumpenkerzen, deren Docht immer absäuft, oder die irgendwann immer schiefer und schlaffer werden. Das muss doch auch anders gehen, befand die sechsköpfige Sippe an einem langen Corona-Abend zu Haus. Das haben die Kamp-Lintforter nun davon: Ein kleines Unternehmen, das vor allem den Jugendlichen Jule, Fynn, Jan und Nils so manches Wochenende schreddert, Akkord-Kerzengießen mit Unterstützung der Omas und Opas, aber Spaß daran, dass man mit einer kuriosen Idee Erfolg haben kann.
Kreative Unterstützung kam von Mutter Tanja für das, was nun mit dem bewusst provokanten Titel „Die Kerze, die nie ausgeht“ verkauft wird. Lösung: Im dicken Stumpen brennt Ton in Ton nur ein passgenaues Teelicht, das schnell und unkompliziert ausgewechselt werden kann, die Flamme bleibt immer oben. Den Unternehmergeist steuerte Vater Markus bei, als sich die verrückte Idee irgendwie verselbstständigte. Er ist erfolgreich mit der etwas weniger stylischen Industriehydraulik. Aber einen Businessplan interessiert es nicht, was verkauft werden soll. Markus Rathmer sieht es als, sagen wir, pädagogisches Projekt: „So können die Kinder lernen, wie man ein Unternehmen aufbaut. Und sie sehen, dass das Geld nicht vom Himmel fällt.“
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Wie auch immer: Die Kerzen-Kreation läuft wie geschnitten Brot auf Lifestyle-Märkten, Handwerker-Märkten und ganz besonders auf Weihnachtsmärkten. „Mit dem Stand geben wir uns richtig Mühe, damit es schön aussieht.“ Man wächst mit den Aufgaben. Mittlerweile kaufen die Rathmer-Youngsters auch Deko dazu: „Der Adventskranz in Silber-Optik ist der Renner“, verrät Markus Rathmer. Wobei ihm sein unternehmerisches Wissen trotzdem nicht bei der Frage hilft, warum in Kleve die Kerzen auch in grün, blau oder gelb gekauft werden, „aber in Leverkusen überhaupt nicht“. Mittlerweile gibt es elf Farben zur Auswahl und „viel zu oft“ verbrannte Finger beim Kerzengießen. Und am Ende nach eigenem Bekunden ein „plus-minus-null“.
Die Junior-Rathmers, die auf den Märkten mit Shirts mit Firmenlogo präsent sind, entdecken nun mehr und mehr ihre individuellen Fähigkeiten: Nils, Student des Wirtschafts-Ingenieurwesens, ist das Verkaufstalent. Er sucht aktiv den Kontakt zu möglichen Kunden, hat keine Scheu, jemanden anzuquatschen. „Ich mag das“, sagt er. Jan, angehender Architekt, hat ein Händchen für die Deko. Schülerin Jule „ist unsere Allzweckwaffe“. Und Holzmechaniker Fynn ist natürlich in der Produktion. Er ist vor allem für die Unterteile der Windlichter aus Bierflaschen zuständig.
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Ob es eine Bierlaune war – jedenfalls sind bei den Rathmers auch Windlichter aus halben Bierflaschen zu erwerben. „Am Untersetzer haben wir lange getüftelt“, beschreibt Vater Rathmer die Entwicklung des Produkts: „Wir mussten ja herauskriegen, wie viel Luft die Kerze braucht, damit das Licht nicht ausgeht.“
Wachstum ist endlich
Und weil eine Firma auch wachsen sollte, gibt es nun auch Kerzen aus besonderen Rapswachs, die mit einer Banderole personalisiert werden können: „Da kann ,Danke, liebe Oma’ drauf stehen, oder was eben gewünscht ist“, erklärt Markus Rathmer.
Aber so langsam reicht es: „Das soll ja noch Spaß machen“, sind sich die Teenager und Twens einig. „Manchmal verkaufen wir an einem Wochenende 200 Kerzen und 100 Flaschen. Das muss ja auch produziert werden.“ Denn selbst bei stetig optimierter Kerzengieß-Technik: 2500 Teelichter an einem Nachmittag – das ist nicht wenig. Und Corona-Beschränkungen gibt es nicht mehr. Die jungen Leute wollen bestimmt auch mal mit Freunden vor die Tür.
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In Kamp-Lintfort sind die Rathmers mit ihren Kerzen bei der „Herbstpartie“ vom 15. bis 17. September vertreten sowie beim Weihnachtsmarkt vom 1. bis 3. Dezember auf dem Laga-Gelände. Danach gibt es unter anderem Termine in Neuss oder in Leverkusen auf Schloss Morsbroich. Letzter Termin in diesem Jahr ist der Weihnachtsmarkt in Engelskirchen vom 15. bis 17. Dezember.
Eine „Kerze, die nie ausgeht“, kostet (noch) 14,50 Euro, 10 Ersatzlichter 5,50 Euro. Wobei der Papa anregt: „Ich fürchte, dass wir bald an die 15 Euro für die Kerze ranmüssen. Die Produktionskosten sind ja gestiegen.“