Neukirchen-Vluyn. Hunderte Menschen haben beim CSD in Neukirchen-Vluyn für Toleranz demonstriert. Welche diskriminierenden Erfahrungen sie auf dem Land machen.

Regenbogenfarben tauchen den Parkplatz am Klingerhuf auf Flaggen, als Schminke in Gesichtern und auf handbemalten Transparenten in bunte Farben: Der zweite Christopher Street Day (CSD) lockte am vergangenen Samstag insgesamt rund 300 Demonstrierende nach Neukirchen-Vluyn – um dort die Stimme zu erheben und ein Zeichen für Toleranz, Gewaltfreiheit, Menschlichkeit und Vielfalt zu setzen.

In Neukirchen-Vluyn wurde die bunte Parade vom Ortsverband der Partei „Die Grünen“ und dem Verein „Kulturprojekte Niederrhein“ veranstaltet. „Wir freuen uns sehr, dass wir zum zweiten Mal den größten CSD im Kreis Wesel durchführen“, sagte Christian Pelikan von den Grünen. Online habe es teils diskriminierende Kommentare bei der Ankündigung der Veranstaltung gegeben.

CSD Neukirchen-Vluyn: Viele Vorurteile auf dem Land

Das Bundeskabinett hat noch vor wenigen Tagen das Selbstbestimmungsgesetz auf den Weg gebracht, das etwa den Geschlechtseintrag für trans-, inter- und nichtbinäre Personen erleichtern soll. Trotzdem gebe es laut Pelikan „im ländlichen Raum wenig Dialog mit der Community, wodurch Vorurteile entstehen.“

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Der CSD in Neukirchen-Vluyn soll dazu beitragen, das zu ändern. Und so ergab sich schon am Startpunkt der Demo ein buntes Bild: Homosexuelle Paare und gleichgeschlechtliche Eltern demonstrierten gemeinsam mit Familien und Jugendlichen.

Queere Menschen in Neukirchen-Vluyn: Böse Blicke beim Händchenhalten

Mut machte der CSD etwa Rainer Fiedler. Bekleidet war der 53-Jährige mit goldenen Ohrringen, langem Kleid und hohen Schuhen. „Ich definiere mich als Freedresser, genderfluid und heterosexuell. Zu 30 Prozent bin ich als Frau unterwegs.“ Ob Diskriminierung ein Thema ist? „Weniger, aber Ängste durchaus. Ich trage heute erstmals öffentlich ein Kleid“, sagte Fiedler glücklich.

Unweit nahm ein jugendliches lesbisches Paar, gekleidet in „LGBTQ+“-Regenbogenfarben an der Demo teil: „Diskriminierung wird mehr. Beim Händchenhalten ernten wir oft böse Blicke. Der CSD ist wichtig: Man fühlt sich nicht allein und kann Interessierten Fragen beantworten.“

Christopher-Street-Day in Neukirchen-Vluyn: Mit Dragqueen zum Vluyner Platz

Mit Dragqueen Fiona Fabulous ging es für die Demonstrierenden bei Sonnenwetter und fröhlicher Musik über die Niederrheinallee bis zum Vluyner Platz. Dort gab es nebst Foodtrucks fünf Informationsstände, an denen „Die Grünen“, die „Grüne Jugend“, die Beratungsstellen „Frauen helfen Frauen“ und „Pink Power“ sowie der Verein für Schwule, Lesben und Freunde, „Slam and Friends Moers“, ihre Arbeit vorstellten. Die Resonanz war groß. Im kommenden Jahr soll der CSD Neukirchen-Vluyn wieder am letzten Augustsamstag stattfinden, kündigt Pelikan an.

Der Ursprung des CSD liegt in der Homosexuellen-Bewegung der Christopher Street in New York. In einer Juninacht 1969 wurden Gäste der Schwulenbar „Stonewall Inn“ bei einer Razzia zu Opfern politischer und polizeilicher Willkür. Weltweit haben sich hieraufhin CSD-Demonstrationen gebildet, die auf die Rechte der „LGBTQ+“-Community, zu der unter anderem Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transpersonen und queere Menschen zählen, aufmerksam machen.