Kamp-Lintfort. Ross Antony, Julian Sommer: Stars verraten Rituale, bevor sie die Bühne betreten. Ein Blick hinter die Kulissen der Beachparty in Kamp-Lintfort.
Die fünf Bandmitglieder der kölschen Musikgruppe „Räuber“ stehen in einem Kreis zusammen. Sie sprechen leise miteinander. Was genau sie sagen, wird durch die lauten Bässe von DJ Andy Luxx, der gerade auf der Bühne auflegt, übertönt. Dann ruft einer aus dem Kreis ganz laut: „Einer für alle.“ Ein anderes Bandmitglied antwortet: „Alle für einen.“ Die anderen stimmen ein: „Alle für Kölle!“
Das Bandmotto zu rufen, kurz bevor es auf die Bühne geht, sei ein Ritual der Kölner Band, verrät Frontsänger Sven West: „Das machen wir vor jedem Auftritt so.“ Deswegen darf der Schlachtruf auch vor der Darbietung während der diesjährigen Kamp-Lintforter Beachparty nicht fehlen. Zwar scheint das Publikum, trotz Regen, guter Stimmung zu sein, doch kurz vor dem Auftritt erklärt West: „Wir sind, im Gegensatz zu den anderen, die hier auftreten, Exoten. Ich persönlich bin sehr aufgeregt.“
Die Band „Räuber“ bringen neues Musikgenre auf die Beachparty in Kamp-Lintfort
Es stimmt, die Räuber haben in diesem Jahr mit ihrer kölschen Musik ein komplett neues Genre auf die Beachparty gebracht. Doch den Zuhörern vor der Bühne scheint es zu gefallen, sie feiern gemeinsam mit der Band zu deren Liedern wie „Für die Iwigkeit“ oder „Wigga Digga“. Spätestens nach den zahlreichen Zugaben-Rufen ist klar: Das Experiment, wie West es noch vor dem Auftritt hinter der Bühne bezeichnet hat, ist geglückt. Klatschend werden die fünf Räuber nach ihrem Auftritt auch vom Backstage-Team hinter der Bühne empfangen. „Die Leute haben zwei bis drei Lieder gebraucht, aber dann war es super. Es war eine tolle Erfahrung, dass Kamp-Lintfort so gut zu uns ist. Gerne wieder“, lautet das Fazit der Band nach ihrem Auftritt. Auch mit der Technik habe alles reibungslos funktioniert.
„Die Räuber sind die einzigen, die ihre Technik selbst mitbringen“, erklärt Jonas Mohr. Er arbeitet für die Eventagentur Passepartout, die die Veranstaltung organisiert und ist einer von sieben Technikern, die hinter der Bühne für einen reibungslosen Ablauf auf der Bühne sorgen, Soundchecks vor der Veranstaltung durchführen, Mikros richtig einstellen und an den passenden Stellen das Bühnenfeuerwerk starten. Gerade geht er mit Partyschlagersänger Ecki die Setlist noch einmal durch. Zwar scheint alles zu passen, doch der gebürtige Kamp-Lintforter gibt kurz vor seinem Auftritt zu: „Ich bin aufgeregt. Wenn man aber schon hört, dass die Stimmung super ist, ist alles halb so schlimm.“ Dann streift er sich gelbe Schwimmflügel über die Arme und erklärt lachend: „Ich dachte, passend zum Wetter gehe ich heute mit Schwimmflügeln auf die Bühne.“
Ross Antony in Kamp-Lintfort: Nach all den Jahren immer noch aufgeregt
Wie Ecki scheint auch Ross Antony der Regen nichts auszumachen. „Ich hab kein Problem damit, nass zu werden“, erklärt er. Doch bevor es auf die Bühne geht, steht er Backstage für Fotos mit dem Team und den Sanitätern bereit. „Hi Sweetheart“, begrüßt er eine Ersthelferin, legt seine Arme um sie und lässt sich mit ihr ablichten. „Zehn bis 15 Minuten vor dem Auftritt versuche ich runterzukommen, meine Stimme aufzuwärmen“, erklärt er und ergänzt: „Ich bin nach all den Jahren immer noch aufgeregt.“ Doch das scheint unbegründet, denn schon während er Backstage die ersten Worte ins Mikrofon singt, antwortet das Publikum mit lautem Applaus und Jubelrufen. Dann springt Antony auf die Bühne und beginnt mit seiner Show.
Doch plötzlich kehrt er singend in den Backstagebereich zurück, geht schnellen Schrittes an Techniker Jonas Mohr vorbei, um auf der anderen Seite vor die Bühne zu gelangen. Gemeinsam grölt er mit dem Publikum das Lied „Michaela“, ursprünglich von Bata Illic. Jonas Mohr lacht und sagt irritiert: „Huch, das war jetzt nicht geplant.“ Denn: Jeder aus dem Team kenne den genauen Ablauf der Show. Das spiegelt sich auch in der Atmosphäre hinter der Bühne wider. Die Künstler scheinen, bis auf das übliche Lampenfieber vor einem Auftritt, entspannt. Tim Toupet, der für die erkrankte Mia Julia eingesprungen ist, unterhält sich locker mit den Technikern und feuert seine Musikerkollegen hinter der Bühne an: „Einer geht noch“, steigt er hinter der Bühne in die Zugabenrufe des Publikums ein. DJ Andy Luxx, der an diesem Abend auch die Moderation übernommen hat, bestätigt: „Das hier ist wie ein großes Klassentreffen mit allen Mallorca-Stars.“ Andere Künstler bedienen sich vor oder nach ihren Auftritten an Snacks, die im Aufenthaltsraum bereitstehen, scherzen miteinander. „Jeder weiß, was er zu tun hat. Deswegen gibt es bei uns auch keine Hektik“, erklärt Veranstalter Thorsten Kalmutzke.
Julian Sommer performt während der Beachparty in Kamp-Lintfort sein Lied „Dicht im Flieger“
Anspannung entsteht auch nicht, als Julian Sommer 15 Minuten vor seinem Auftritt immer noch nicht da ist. „Einige Künstler kommen erst sehr kurz vor ihrem Auftritt“, berichtet Kalmutzke aus seinen Erfahrungen. Sommer komme direkt von einem Auftritt aus Dortmund zur Beachparty. Um 22.08 Uhr trifft der Musiker dann im Backstagebereich ein. Noch genügend Zeit vor seinem Auftritt ab 22.25 Uhr etwas zu trinken und ein Halsbonbon zu lutschen, um die Stimme kurz vor dem Auftritt zu schonen. Während sein Lied „Dicht im Flieger“ angespielt und der Musiker anmoderiert wird, läuft Sommer vor der Treppe, die zur Bühne führt, auf und ab. Er wirkt ruhig und konzentriert. Dann spricht er die ersten Worte ins Mikrofon: „Kamp-Lintfort, are you ready?“ Die Antwort: Tosender Applaus.
Julian Sommer ist der vorletzte Künstler des Abends, bevor Mickie Krause – „der Topact“, wie Kalmutzke in bezeichnet – um 23.15 Uhr auf die Bühne tritt. Der erfahrene Ballermann-Sänger lehnt vor seinem Auftritt entspannt an einer schwarzen Kiste im Technik-Bereich. Er hat das Mikrofon locker in die Hosentasche gesteckt und trifft letzte Absprachen mit dem Team hinter der Bühne. Dann richtet er seine Haare, setzt sich die typische, weiße Sonnenbrille auf und betritt die Bühne. „Mickie Krause in the House“, ruft er und beginnt mit seinem Programm: „Jetzt geht’s los, jetzt geht’s los.“