Moers. Lorenzo Breuer ist längst nicht mehr Schüler am Moerser Gymnasium Adolfinum. Trotzdem begleitet er die Auschwitz-Fahrten. Das sind seine Gründe.

Wenn Lorenzo Breuer an Auschwitz denkt, fallen ihm die vielen Bäume ein, die heute dort wachsen. Sie stehen in einem so heftigen Kontrast zu dem Grauen, das vor mehr als 75 Jahren dort herrschte. Breuer (23) kennt Auschwitz gut. Er hat die Gedenkstätte oft besucht, weil das Moerser Gymnasium Adolfinum Jahr für Jahr eine Fahrt dorthin anbietet, so wie jetzt.

Am Dienstag ist die Gruppe von Schülerinnen und Schülern aus den 10. Klassen aus Polen zurückgekehrt. Breuer war wieder mit dabei, obwohl er längst kein Schüler mehr ist. Er studiert, doch bei den Fahrten will er unbedingt dabei sein. „Ich kann jetzt unsere Demokratie besser wertschätzen“, sagt er.

In den Konzentrationslagern von Auschwitz und Birkenau haben Handlanger der nationalsozialistischen Terrorherrschaft in Deutschland (1933 – 1945) über eine Million Menschen ermordet, die meisten der Opfer waren jüdischen Glaubens. Am Adolfinum in Moers erinnert eine Gedenktafel an die Opfer jüdischen Glaubens der traditionsreichen Schule. Damit die Erinnerung wach bleibt an die Morde, die Nationalsozialisten unter ihrem Diktator Adolf Hitler damals dort begangen haben, können die 10. Klassen dorthin fahren. Die Teilnahme ist freiwillig, wer nicht will, nimmt an einer Projektwoche teil. Doch es wollen viele mitfahren, sehr viele.

Hendrik Eller gehört dazu. Der 18-Jährige hat gerade sein Abitur am Adolfinum gemacht und ist, wie Breuer, ein Teamer. Das heißt, er gehört zu jenem Team, das die Fahrt nach Polen akribisch vorbereitet. Bis zu sechsmal treffen sich die Teamer mit den Zehntklässlern, es geht um Geschichte, um Antisemitismus aber auch um eine „emotionale Vorbereitung“, wie Eller sagt.

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Wenn er an seine Besuche in der Gedenkstätte denkt, kommt ihm ein Bild vor Augen, das in der Ausstellung hängt: „Dort sind viele Koffer zu sehen, und es ist wichtig, sich klar zu machen, dass hinter jedem Koffer ein Schicksal steckt.“ Eller ist an Geschichte interessiert, das Wissen über den Nationalsozialismus ist für ihn wichtig. Als Zehntklässler ist er das erste Mal mitgefahren, jetzt war er als Teamer dabei.

Lorenzo Breuer, der Student, hat sich im Geschichtsunterricht mit Auschwitz befasst und Dokumentationen über den Massenmord gesehen. Doch der Bezug fehlte ihm, bis er das erste Mal im ehemaligen Vernichtungslager stand: „Man kann sich nicht vorstellen, was dort passiert ist, wenn man nicht da war.“ Er und auch Eller halten den Besuch für „persönlichkeitsbildend“.

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Auswirkungen kann das auf ganz alltägliche Situationen haben, etwa in Gesprächen. „Ich achte jetzt mehr auf Sprache“, sagt Breuer. Eller meint zu den Besuchen in der Gedenkstätte: „Es ist zum Beispiel die Dimension des Vernichtungslagers Birkenau, diese Bilder wirken nach.“ Gespräche mit Zeitzeugen haben ihn bestärkt: „Ausgrenzung, Hass und Diskriminierung dürfen in unserem Leben keinen Platz haben.“

Die Fahrten zur Gedenkstätte Auschwitz und nach Krakau sind laut Adolfinum-Schulleiter Thorsten Klag keine klassischen Klassenfahrten. Das Projekt soll in jedem Fall fortgesetzt werden, und: „Wir sind sehr daran interessiert, dass die Fahrten unterstützt werden.“ Wer sich hier angesprochen fühlt, kann sich gern mit Klag in Verbindung setzen, die E-Mail-Adresse lautet sl@adolfinum.de.