Kamp-Lintfort. Jahrelang gespart, jahrelang gekämpft: Im Sommer soll der Neubau der Kamp-Lintforter Tierherberge fertig sein. Aber den Verein treiben Sorgen um.
Wer Pläne macht, wird ausgelacht: Martina Klein, Vorsitzende des Bundes deutscher Tierfreunde mit Sitz in Kamp-Lintfort und damit auch verantwortlich für das Wohl und Wehe der Tierherberge, ist sichtlich angefasst. Der lang ersehnte und lang geplante Neubau am Drehmannshof stresst. Sie macht die Erfahrungen, die im Moment alle machen, die irgendwas mit bauen zu tun haben: Die Preise explodieren, die Handwerker fehlen, das Material auch, jeden Tag neue Überraschungen.
„Wenn das Haus steht, dann sind wir fertig“, ahnt Klein. Soll heißen: Dann ist das eingeplante Budget aufgebraucht. Dabei war da unter anderem noch die Tollwut-Quarantäne-Station eingepreist, die immer nötiger wird, je mehr Tiere aus dem Ausland in Kamp-Lintfort ankommen: „Das wird dieses Jahr nix mehr. Da müsste ein Wunder her“, sagt Klein.
- Lesen Sie auch vom Schicksal der kleinen Yumi
Lange Jahre ging auf dem Gelände nichts voran. Erst nach einem jahrelangen Rechtsstreit und dem Einschreiten der Stadt Kamp-Lintfort, die ihr Vorkaufsrecht für das Gelände geltend machte, konnte der Bund deutscher Tierfreunde überhaupt das Projekt in Angriff nehmen. „Ich bin dem Bürgermeister sehr dankbar, dass er sich eingesetzt hat“, erklärt die Vorsitzende. Aber da war der Altbau mittlerweile schon halb verschimmelt, eine Sanierung des 2004 übernommenen Hauses zwecklos. Der Bauantrag für das neue Haus wurde im Dezember 2021 genehmigt, da war die Welt noch halbwegs in Ordnung.
Ein Problem jagte das nächste
Baubeginn war im April vergangenen Jahres. Da konnte man schon ahnen, dass es schwierig wird. Es kam ja auch alles zusammen: Corona, das Ahrtal, die Ukraine, die Energiekrise, die Inflation. Da gerieten Flutopfer, Kriegsopfer und Menschen, die zur Tafel gehen mussten, eher in den Fokus von Spendenwilligen. „Das ist ja auch richtig und gut. Ich habe auch gespendet, aber der Tierschutz bleibt da auf der Strecke. Das geht ja nicht nur uns so“, sagt die Tierfreundin. Was sie schon geärgert hat: „Die Angebote, die wir für den Neubau eingeholt haben, klafften teilweise sehr auseinander. Da hat man schon das Gefühl, dass mancher sich eine goldene Nase verdienen wollte.“
- Lesen Sie auch: Hund mit Säure übergossen – Zuhause gesucht
Einzug in den Neubau soll Ende Mai sein. „Aber das sehe ich nicht.“ Zur Zeit werden Termine gecancelt, weil es nicht dauerhaft über fünf Grad ist, „aber dafür kommt der Dachdecker früher“. Immerhin. Aber zu allem Überfluss kommen auch noch jede Menge Tiere. „Vor allem Unmengen an Kaninchen und Hasen.“ Während Corona angeschafft zum Kuscheln, jetzt lästig, vermutet Martina Klein.
Seltene Fundtiere: Zwei Schlangen sind in der Tierherberge
Um 80 Tiere kümmern sich die Kamp-Lintforter Tierfreunde derzeit, darunter auch zwei Schlangen. „Terrarien brauchen eine Menge Energie“, sagt Martina Klein dazu nur. Mümmelmänner und diverse Schildkröten sind im ebenfalls zum Bund deutscher Tierfreunde gehörenden Gnadenhof Weeze ausgelagert werden. „Die haben einfach mehr Platz.“ Und es ist ja eh schon nicht einfach, so ein Projekt im laufenden Betrieb zu stemmen. Denn: „Tiere nur aufbewahren geht gar nicht. Das ist nicht unser Konzept“, sagt Martina Klein.
Auch interessant
Aber wenn es denn fertig ist, dann wird es schön. 36 mal sieben Meter groß ist der Neubau und zweigeschossig. In der Belle Etage wohnen die Katzen in ihren Zimmern – mit Balkon. Unten die Hunde in 12 Quadratmeter großen Zimmern mit Auslauf, mobile Trennwände sorgen für Flexibilität. Manche Hunde lieben Gesellschaft, andere sind nicht kompatibel. Schon bevor alle darüber geredet haben, war für den Kamp-Lintforter Verein klar: Das Dach wird begrünt, damit es im Sommer nicht zu heiß wird für die Tiere. Eine Photovoltaik-Anlage sorgt für Energie.
Auch interessant
Aber dann sind da noch die Restarbeiten. Die Feuerwehr möchte – aus gutem Grund – dass der sandige Auslauf mit Rasengittersteinen ausgelegt wird, damit die Wagen nicht im Matsch stecken bleiben, wenn sie denn anrücken müssen. Der Weg zum alten Hundehaus muss gepflastert werden. Und das Haus selbst benötigt einen Fassadenanstrich. „Vielleicht“, gibt Martina Klein die Hoffnung nicht auf, „findet sich ja jemand, der uns ehrenamtlich helfen kann.“