Neukirchen-Vluyn. In Neukirchen-Vluyn hat eine Ratsfrau die Durchforstung des Klingerhufwaldes zum Stoppen gebracht. Ziel: mehr Ökologie. Was das bedeutet.
Im Klingerhufwald sind größere Durchforstungsmaßnahmen zunächst abgesagt worden. Ursprünglich waren Arbeiten unter Einsatz eines Harvesters geplant. Das sind spezielle Holzernte-Maschinen. Diese Maßnahme hat die Ratsfrau Angelika von Speicher (ÖDP/BNV) verhindert. Nachdem sie diverse gekennzeichnete Bäume im Klingerhuf gesehen hatte, ist sie bei der Stadt vorstellig geworden und hat sich zudem an Wald und Holz NRW gewandt und darum gebeten, die Arbeiten mindestens bis zum 1. März oder besser ganz auszusetzen.
Die Stadt ist Besitzerin der Flächen. Daraufhin hat sich die Verwaltung mit Wald und Holz NRW ins Benehmen gesetzt und die ursprünglichen Pläne gestoppt.
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Für Angelika von Speicher geht es um weit mehr als diese Bäume. Es geht um einen Paradigmenwechsel. Der wird jetzt auf politischer Ebene beraten. In der kommenden Woche am Mittwoch, 1. März, tagt der Ausschuss für Bauen, Grünflächen und Umwelt. Die Damen und Herren des Fachausschusses haben zur Beratung einen Antrag der Fraktion ÖDP/BNV vorliegen. „Die Verwaltung wird beauftragt, die zum Gebiet von NV gehörenden Waldflächen so schnell als möglich aus der konventionellen forstwirtschaftlichen Bewirtschaftung und Nutzung zu nehmen“, heißt es da. Und weiter: „Es sollte langfristig eine ökonomisch und ökologisch nachhaltige Waldnutzung angestrebt werden, oder geeignete Flächen als Naturwaldzellen ausgewiesen werden.“
Der Klingerhufwald sei schon geschädigt
Der Klingerhufwald sei schon durch vorangegangene Durchforstungen schwer geschädigt worden, sagt Ratsfrau von Speicher. Er könne seine Kühlfunktion kaum noch erfüllen. Die Art und Weise des forstwirtschaftlichen Vorgehens entspreche nicht mehr dem Stand des Wissens, erklärt sie weiter. Maßnahmen wie Durchforstung und Aufhellung seien aus der Zeit gefallen.
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Viele Bäume seien umgestürzt; im Sommer heize sich der Wald sehr auf. Wenn nun wieder große Bäume aus dem Bestand genommen werden und das ausgerechnet dort, wo es ein noch intaktes Kronendach gibt, ist es aus Angelika von Speichers Sicht nur eine Frage der Zeit, „dass die verbliebenen Bäume noch mehr Schaden durch Hitze und Sturm nehmen.“
Man dürfe nicht die Fehler der Vergangenheit wiederholen, appelliert die Ratsfrau und stützt sich darauf, dass der Klimawandel auch zu einem Umdenken in der Forstwirtschaft führt. Paradebeispiel für von Speicher ist das Lübecker Modell. Der Stadt in Schleswig-Holstein bescheinigt von Speicher eine „ökologisch nachnachhaltige Forstwirtschaft“, dort bleibt das Totholz liegen; der Wald reguliert sich quasi selbst. „Die arbeiten dort schonend und nachhaltig ohne Harvester und Regulation und verdienen trotzdem Geld mit dem Wald“, unterstreicht von Speicher.
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Ulrich Geilmann ist Technischer Beigeordneter der Stadt Neukirchen-Vluyn und war am Stopp der Durchforstung beteiligt. Er spricht von einer Grundsatzentscheidung, die nun getroffen werden müsse: Will man einen Forst im Sinne der Bewirtschaftung, beispielsweise als Naherholungsgebiet, oder will man einen „wilden Wald“, der mehr den ökologischen Zwecken dienen soll als bisher?
Das Ziel ist ein Umdenken im Kreis Wesel
Man wolle hier nichts übers Knie brechen, sagt Geilmann. Insofern habe er nach Rücksprache mit dem Baubetriebshof angeordnet, die Maßnahme zu unterbrechen. „Es ist schwer zu sagen, was der richtige Weg ist“, setzt er an. Er plädiert aber dafür, Holz und Wald NRW in die Lösungsfindung einzubeziehen.
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Während die Verkehrssicherungspflicht für Angelika von Speicher ein „weiteres vorgeschobenes Argument“ ist, wirft der Beigeordnete allerdings durchaus die Möglichkeit ein, dass in einem Wald, der sich selbst überlassen und nur nach ökologischen Kriterien betrachtet wird, womöglich „die Lenkung des Ausflugsverkehrs“ anders betrachtet werden muss. Heißt: Vielleicht dürften sich Fußgänger nicht mehr überall frei bewegen. Man müsse aber den Einzelfall betrachten.
ÖDP/BNV-Ratsfrau von Speicher verweist auf frühere Rodungsmaßnahmen mitsamt der Folgen und schreibt in ihrem Antrag: „NV hat nun wahrlich nicht viele Waldflächen. Klingerhufwäldchen, der Zechenwald, Rayener Berg, die Littard gehören zu den wenigen Waldgebieten, die der Naherholung dienen. NV ist mittlerweile ,Global nachhaltige Kommune’. Da passt eine konventionelle forstwirtschaftliche Nutzung der Wälder, die nachweisbar dem Ökosystem Wald schadet, in der Zukunft nicht mehr.“
Ihr Ziel: im ganzen Kreis ein Umdenken in der Forstwirtschaft zu erzielen.