Kamp-Lintfort. Darum hat die Stadt beim Rückbau der Dachfenster in der Altsiedlung keinen Ermessensspielraum. Infoveranstaltung soll weitere Fragen klären.
Wie bewahrt man den unverwechselbaren architektonischen Charakter der größten zusammenhängenden Bergbauarbeitersiedlung Nordrhein-Westfalens, ohne dass die Menschen, die dort leben, zu viele Kompromisse eingehen müssen? Knapp 50 Bewohnerinnen und Bewohner aus der Kamp-Lintforter Altsiedlung waren am Dienstag zur Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses gekommen. Ihr Interesse galt dann auch vor allem einem Thema: der Gestaltungssatzung der Altsiedlung.
Seit Wochen rumort es zwischen Ring- und Franzstraße. Der Grund: Ein Schreiben der Stadtverwaltung, in dem 63 Hauseigentümer aufgefordert wurden, ohne Genehmigung eingebaute Dachfenster, die nicht als Fenster für zusätzlichen Wohnraum dienen, zurückzubauen. Warum die Stadt diese Schreiben rundgeschickt hat, erklärte Ralf Angenendt vom Bauordnungsamt in der Sitzung so: Nach einem aktuellen Gerichtsurteil des Verwaltungsgerichtes Düsseldorf sei die Stadtverwaltung verpflichtet, in der Altsiedlung gegen Dachflächenfenster vorzugehen, die nicht unter Bestandsschutz fielen und für die keine Genehmigung oder Abstimmung vorliege. Pikantes Detail am Rande: Die Klage war von einem Anwohner der Altsiedlung eingereicht worden.
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Derzeit seien von den insgesamt 63 noch 22 Fälle offen, konkretisierte Angenendt. Anfragen aus dem Zuschauerraum und seitens der CDU, ob man diese Fälle nicht erst einmal ruhen lassen könne, beantwortete er mit einem klaren Nein. Nach dem Urteil gebe es keinen Ermessensspielraum. Deshalb sei die Stadt verpflichtet, auch den restlichen Fällen nachzugehen.
Ist die Satzung zeitgemäß?
Dass es einigen Besuchern der Sitzung nicht allein um die Frage der Dachfenster ging, machte Mehmet Kozan von der Fraktion Libra deutlich. Auch er wohne in der Altsiedlung und das sehr gerne, bekannte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende. Auch seine Fraktion wolle die Altsiedlung erhalten, allerdings sei die Satzung aus Sicht seiner Fraktion in manchen Punkten nicht mehr zeitgemäß, so etwa beim Umgang mit Klimaanlagen oder bei der Vorgabe des Zaunmaterials.
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Er verstehe die Probleme und die Kritik, sagte Bürgermeister Christoph Landscheidt. Er betonte aber auch den Wert der Häuser in der Altsiedlung: „Sie haben eine Qualität vor Ort, um die Sie beneidet werden. Sie profitieren von dem Wert der Siedlung.“ Auch SPD-Fraktionschef Norbert Thiele machte deutlich: „Es gibt Leute, die ziehen sogar wegen der Satzung in die Altsiedlung und bauen Dinge ganz bewusst zurück.“ Schließlich sei die Gestaltungssatzung damals ganz bewusst als ein Steuerungsinstrument gewählt worden, um die Siedlung nicht unter Denkmalschutz stellen zu müssen. Denn dann gebe es heute mutmaßlich wesentlich restriktivere Vorgaben, so Thiele.
Dass dennoch weiterhin Rede- und Klärungsbedarf besteht, darin waren sich alle Fraktionen einig. Genauso wie darin, den Charakter der Altsiedlung in jedem Falle erhalten zu wollen.
Einstimmig beschloss der Ausschuss daher auf Vorschlag der SPD, sich bei einem Informationsabend noch einmal mit den Bewohnerinnen und Bewohnern der Altsiedlung zusammenzusetzen und auch über mögliche weitere Schritte – auch mit Blick auf das Thema erneuerbare Energien – zu diskutieren.