Kamp-Lintfort. Noch ist nicht alles fertig gestrichen und renoviert, aber der Betrieb läuft: Wie Kunden von dem neuen Standort der Tafel profitieren.

Offiziell öffnet die Kamp-Lintforter Tafel an diesem Dienstag um 13 Uhr. Viele Frauen und Männer stehen aber schon eine Stunde vorher im Innenhof des Gestfeldcenters an der Rundstraße 35. Seit dem Umzug zum Jahresende ist das Warten für die Tafel-Kunden etwas angenehmer geworden: „Unsere neue Adresse ist viel kundenfreundlicher. Wir haben jetzt einen Innenhof mit Sitzgelegenheiten und Unterstellmöglichkeiten bei schlechtem Wetter“, sagt Angie Wennrich, die die Tafel gemeinsam mit Wolfgang Krause ehrenamtlich leitet. „Die Lage macht viel aus, da trauen sich mehr Menschen“, glaubt Jürgen Voß, Regionalkoordinator der Grafschafter Diakonie in Kamp-Lintfort, die der Träger der Tafel ist. Der größte Vorteil: Es gibt mehr Platz. Und der wird angesichts der steigenden Zahl der Tafel-Kunden dringend gebraucht.

Jürgen Voß, (links) und ein Teil des Tafel-Teams in den neuen Räumen an der Rundstraße.
Jürgen Voß, (links) und ein Teil des Tafel-Teams in den neuen Räumen an der Rundstraße. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Noch ist nicht alles komplett gestrichen und fertig eingerichtet in den ehemaligen Räumen der Bäckerei Gerhards im Gestfeld, aber – und darauf kommt es an – der Betrieb läuft. „Es war uns wichtig, dass es mit dem Umzug keine große Unterbrechung gibt“, macht Voß klar. 270 statt wie bisher 150 Quadratmeter können die Tafel-Helfer jetzt nutzen.

Dazu gibt es einen Kühlraum mehr und eine Laderampe, über die die Waren leichter angeliefert und eingeräumt werden können. Statt wie früher auf drei Räume verteilt werden die Waren jetzt in einem großen Raum angeboten. „Wir sind professioneller geworden“, sagt Voß. Demnächst soll es auch wieder einen Café-Bereich geben. „Das wird dann unser Seniorencafé“, kündigt Wennrich an.

Es gibt schon neue Kunden

Der Standortwechsel hat der Tafel nicht geschadet, im Gegenteil: „Wir haben unsere Kunden zu 90 Prozent mitgenommen und es sind schon neue hinzugekommen, in der kurzen Zeit etwa 35“, weiß Angie Wennrich. Etwa 500 Klienten stehen derzeit auf der Adressenliste der Tafel, hinter jedem stünden aber im Schnitt etwa drei Menschen, so Voß. Um die 100 Kunden kommen an jedem Ausgabetag, um sich gegen ein Tütengeld mit Lebensmitteln zu versorgen. Zusätzlich liefert die Tafel aktuell etwa 40 fertig gepackte Tüten mit dem Auto aus – an Menschen, die zu krank oder nicht mobil genug sind, den Weg zur Rundstraße zu bewältigen.

Der Bedarf, sich über die Tafel zu versorgen, habe zugenommen, hat Voß beobachtet: „Und er wird weiter zunehmen.“ Noch seien die teuren Energiekosten nicht in ganzer Härte bei den Endverbrauchern angekommen. „Das Jahr 2023 wird ja noch einmal teurer als das vorherige“, glaubt er. Eine Hemmschwelle, als Bedürftige das Angebot der Tafel zu nutzen, gebe es aber immer noch, sagt Wennrich: „Eigentlich sind die meisten Leute sehr gehemmt, viele schämen sich immer noch.“

Auch interessant

Man hilft sich in der Region

Kürzlich bekannt gewordene Probleme von Tafeln in anderen Städten, wo Supermärkte und andere Zulieferer wegen der hohen Inflation und gestiegener Kosten weniger Lebensmittel zur Verfügung stellen, gebe es in Kamp-Lintfort aber nicht. „Phasenweise gibt es vielleicht mal weniger Lebensmittel, aber das ändert sich von Woche zu Woche“, sagt Wennrich. Außerdem hilft man sich in der Region untereinander: „Die Vernetzung unter den Tafeln ist sehr gut“, erklärt Voß. Fällt bei der einen Einrichtung zum Beispiel eine übergroße Lieferung Toastbrot an, wird an die Nachbarn weiterverteilt.

Stichwort Solidarität: Das Spendenaufkommen sei im vergangenen Jahr höher als sonst gewesen, bedankt sich Voss noch einmal über diesen Weg. Ein großer Batzen Geld sei in die Anschaffung eines neuen Autos geflossen, aber auch der Umzug und die nötigen Renovierungsarbeiten mussten und müssen gestemmt werden. Die Spritkosten blieben aktuell noch auf hohem Niveau, ebenso die Energiekosten. „Wir werden hier gerade von den Stadtwerken taxiert, ich bin mal gespannt, was dabei herauskommt,“ so Voß. Will heißen: Auf Spenden ist die Tafel weiter angewiesen.

Am 8. März will das Tafel-Team offiziell Eröffnung feiern. Auch bis dann werde wohl noch nicht alles komplett fertig sein, sagt Voß. Stolz sind er und die ehrenamtlichen Helfer trotzdem auf ihren in Eigenregie gestemmten Kraftakt. Und den neuen Tafel-Standort, der für alle Beteiligten bessere Bedingungen bietet.