Düsseldorf. SPD, Grüne und Linke unterstützen die Legalisierung des Containerns. Doch das reiche laut der Hilfsorganisation nicht aus

Containern bezeichnet die Mitnahme weggeworfener Waren aus Abfallcontainern. Bisher ist das in Deutschland allerdings verboten. Doch das könnte sich bald ändern, denn: Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) und Justizminister Mirco Buschmann (FDP) haben vorgeschlagen, die Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren zu ändern, ohne das eine Gesetzesänderung auf Bundesebene erfolgen muss. Demnach könnten die Länder entscheiden, dass Containern nur noch strafrechtlich verfolgt wird, wenn eine Sachbeschädigung oder ein Hausfriedensbruch begangen wird. Außerdem wird in dem Vorschlag klargestellt, dass bei einem Hausfriedensbruch nur eine Strafverfolgung eingeleitet wird, wenn beispielsweise eine hohe Mauer überwunden werden muss und dabei etwas zerstört wird.

Frankreich als Vorbild

Der Vorschlag findet auch in Düsseldorf Anklang. „Es ist paradox, dass Menschen die Lebensmittel retten wollen, Bußgelder zahlen müssen“, betont Klaudia Zepuntke, sozialpolitische Sprecherin der SPD. Für eine Lösung des Problems hält Zepuntke jedoch an einer bundesweiten Regelung fest. „So wie es in Frankreich gehandhabt wird, halte ich es für sinnvoll.“ Dort sind Supermärkte ab einer Fläche von 400 Quadratmetern verpflichtet, eine Partnerschaft mit einer Hilfsorganisation abzuschließen, die unverkaufte Lebensmittel annimmt.

Auch Grüne-Ratsfrau Antonia Frey steht dem Containern „wohlwollend“ gegenüber. „Lebensmittel sind ein hohes Gut und sollten auf keinen Fall vernichtet werden.“ Auch sie fordert: „Die Herangehensweisen anderer europäischer Länder sollten geprüft werden.“

Von dieser Idee hält Linke-Ratsfrau Julia Marmulla jedoch nichts. „Es wäre sicherlich super, wenn solch eine Verpflichtung zusätzlich kommt. Doch das Wegwerfen von Lebensmitteln wird dadurch nicht ganz ausgeschlossen.“ Das Lebensmittel überhaupt weggeworfen werden müssten bezeichnet sie als „Unding“. Daher setzte sich die Partei auch für eine Verwertung der Lebensmittel außerhalb der Mülltonne ein. Für das Containern müsse laut Marmulla der bereits bestehende Gesetzesentwurf überarbeitet werden. „Derzeit ist es so, dass eine containernde Person wegen Hausfriedensbruch strafrechtlich verfolgt werden kann.“ Zudem seien Supermärkte dafür haftbar, wenn die containernde Person durch den Konsum der Lebensmittel Schäden davon trägt. Und da müssten Lösungen gefunden werden.

Tafel rettet 30 Tonnen Lebensmittel pro Woche

Laut der Düsseldorfer Tafel dürfe man es aber überhaupt nicht so weit kommen lassen, dass Menschen auf das Containern zurückgreifen müssen, sagt Tafel-Sprecherin Eva Fischer. „Es sollte keine Frage darüber sein, ob das Containern erlaubt wird oder nicht. Man sollte sich vielmehr fragen, warum Lebensmittel überhaupt im Abfall liegen.“ Um Lebensmittel zu retten, leiste die Tafel bereits einen Beitrag „Wir retten in der Woche 30 Tonnen Lebensmittel. Dafür kooperieren wir mit fast allen Supermärkten“, so Fischer. Doch das reiche eben noch nicht aus. „Wir brauchen ein Lebensmittelrettungsgesetz. Das würden wir gerne gemeinsam mit der Regierung entwickeln, aber dort hapert es.“

Sieben Prozent der Lebensmittelverluste fallen im Handel an

Laut Daten des Statistischen Bundesamtes fallen insgesamt sieben Prozent der Lebensmittelverluste im Handel an. „Lebensmittel werden im Handel in der Regel zu Abfall, wenn sie ihre spezifischen Eigenschaften stark eingebüßt haben, den gesetzlichen Hygienevorschriften nicht mehr genügen oder aus Gründen des vorbeugenden Verbraucherschutzes nicht mehr in Verkehr gebracht werden dürfen“, erklärt Thomas Bonrath, Rewe-Sprecher. Um der Lebensmittelverschwendung entgegenzuwirken, seien bei der Supermarkt-Kette bereits Maßnahmen ergriffen worden. „Zum einen werden Produkte, deren Mindesthaltbarkeitsdatum bald erreicht ist, oft um 30 Prozent reduziert.“ Damit verkaufen die Märkte im Jahresdurchschnitt rund 98 Prozent ihrer Lebensmittel. „Lebensmittel, die nicht mehr verkauft, aber unbedenklich verzehrt werden können, gibt Rewe seit 1996 kostenlos an die aktuell bundesweit mehr als 960 Tafeln ab. Ergänzend kooperieren Märkte auch mit Foodsharing-Initiativen. Hinzu kommen lokale Kooperationen mit vergleichbaren Vereinen und Einrichtungen“, so Bonrath weiter.

Ankauf von Obst und Gemüse mit Mängeln

Auch Dominik Knobloch, Kaufland-Sprecher, meint: „Lebensmittel gehören auf den Teller und nicht in die Tonne.“ Daher wurden auch in den Kaufland-Filialen (zwei davon in Düsseldorf) Maßnahmen ergriffen. „Seit einigen Jahren nehmen wir Landwirten Äpfel, Karotten und Kartoffeln mit optischen Mängeln ab. Diese haben wir dauerhaft im Sortiment und verkaufen sie zu günstigen Preisen.“ Zusätzlich werde bei der gezielten Bedarfsplanung Wetterprognosen und Feiertage berücksichtigt. „Seit vielen Jahren sind wir zudem Partner der Tafeln und bedienen diese bevorzugt. Alternativ zu den Tafeln bedienen wir an einzelnen Standorten karitative Einrichtungen sowie die Initiative Foodsharing“, so Knobloch.

Auch Edeka versucht ihre Lebensmittelverschwendung in den Märkten (davon 16 in Düsseldorf) so gering wie möglich zu halten. Sprecherin Kerstin Holla betont: „Die Kaufleute und Großhandlungen spenden regelmäßig ihre Lebensmittel an die bundesweit rund 900 lokalen Tafel-Initiativen.“

Zudem spenden auch die Aldi Süd-Filialen alle nicht mehr verkaufs- aber noch verzehrfähigen Lebensmittel, wie Sprecherin Regina Tran van bestätigt. „Aldi Süd ist langjähriger Partner der Tafel und weiterer Organisationen wie Foodsharing, bei denen sich Menschen Lebensmittel holen können, die sich diese nicht leisten können. Auch in Düsseldorf arbeiten die Filialen mit der Tafel zusammen.“

Aktuelle Rechtslage

Wer zurzeit Lebensmittel aus fremden Mülltonnen mitnimmt, kann wegen Diebstahls bestraft werden, denn die weggeworfenen Nahrungsmittel gehören weiterhin dem Entsorger. So gilt beispielsweise ein Supermarktinhaber als Eigentümer der entsorgten Lebensmittel. Folglich nimmt eine containernde Person dem Inhaber sein Eigentum weg und begeht daher einen Diebstahl.

Werden beim Containern Zäune oder Mauern überwunden und man betritt das Gelände ohne Genehmigung, kann zudem ein Strafverfahren wegen Hausfriedensbruch eingeleitet werden. Beschädigt man beim Eindringen Schlösser, Zäune oder Abfallbehälter, so macht man sich der Sachbeschädigung schuldig. Mit welcher Strafe man jedoch rechnen muss, ist immer von Einzelfall abhängig.