Kamp-Lintfort. Eine Ausstellung erzählt fantasievoll und spielerisch Geschichte(n) von Kloster Kamp. Warum sich ein Museumsbesuch für alle lohnt.

Schimmert die Nase von Abt Dionysius wirklich leicht rötlich? Ein Schelm, wer Böses dabei denkt: Ihm verdankt die Stadt Kamp-Lintfort schließlich heute eine ihrer schönsten Räumlichkeiten – den Rokokosaal. Aber was wäre wohl passiert, wenn der Freund der schönen Künste auf den asketischen Abt Heinrich, den ersten „Boss“ auf Kloster Kamp, getroffen wäre? Seit heute sitzen sie im Museum Kloster Kamp tatsächlich an einem Tisch: „Der Konvent der Bosse“ heißt die ebenso unterhaltsame wie sehenswerte Ausstellung zum Klosterjubiläum, die große Teile der Geschichte des Klosters kunstvoll und spielerisch lehrreich vermittelt.

Marionettenbauerin Annette Schreiner und Museumsleiter Peter Hahnen haben dafür gemeinsam die Fäden gezogen. Fünf Äbte aus sieben Jahrhunderten, die wesentliche Kapitel der Geschichte auf Kamp geschrieben haben und deren Porträts als Ölgemälde im Kloster hängen, hat Hahnen ausgeguckt, um sie von der Dinslakener Künstlerin als Marionetten wieder zum Leben erwecken zu lassen:

Abt Dionysius, rechts, liebte Musik. Ihm verdankt das Kamp-Lintfort den Rokokosaal im Kloster, der unter anderem für Kammerkonzerte genutzt wird.
Abt Dionysius, rechts, liebte Musik. Ihm verdankt das Kamp-Lintfort den Rokokosaal im Kloster, der unter anderem für Kammerkonzerte genutzt wird. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Besagten Gründungsabt Heinrich; Abt Johannes, der die Stellung des Klosters im 16. Jahrhundert gegen den aufkommenden Protestantismus verteidigen wollte; Abt Franziskus, den „Big Boss“, der im 18. Jahrhundert eine herrschaftliche Gartenanlage in Auftrag gab; Abt Dionysius, der Ende des 18. Jahrhunderts Künstler ins Kloster einlud und den glücklosen Abt Bernhard, den 50. und letzten Abt auf Kamp, bevor nach der französischen Revolution anno 1802 die letzten Mönche Kloster Kamp verließen.

Detailreich und ausdrucksvoll

Inspiriert von den Ölporträts hat Schreiner ebenso detailreiche wie ausdrucksvolle Marionetten geschaffen. Schreiner Michael Davids hat für sie einen schrägen Tisch gebaut, an dem die Figuren sich gegenübersitzen – wie bei einem Konvent, wie man früher eine Versammlung der in einem Kloster lebenden Mönche nannte. Jedem Abt hat sie ein passendes Attribut zur Seite gestellt, bei Abt Johannes etwa ist es der Kelch, dessen Original übrigens eine Etage höher in der Dauerausstellung des Museums zu sehen ist.

Über ein Jahr hat Schreiner an den porträtähnlichen Figuren gearbeitet, die nach der Ausstellung auf dem Abteiberg bleiben sollen: „Es sind nicht nur die Gesichter, es sind auch die vielen Details wie zum Beispiel die Suche nach dem richtigen Stoff“, sagt die 64-Jährige. „Für mich ist diese Ausstellung in meiner 30-jährigen Tätigkeit ein Highlight. Es war eine Herausforderung, die wir zu dritt gut gemeistert haben.“

Wissen ist unterhaltsam verpackt

Für das Hintergrundwissen sorgen großformatige Tafeln, auf denen Informationen über die Kamper Äbte unterhaltsam verpackt präsentiert werden. Bestandteil des Konzeptes sei eine Gesamtpräsentation, in der Kirchenthemen zeitgemäß umgesetzt werden, so Schreiner. Von daher ist auch der Symbolwert des schräg abfallenden Konvent-Tisches gewollt: er mache gegenwärtige Schieflagen der katholischen Kirche zum Thema, so Schreiner.

Was die Macher sich wünschen: Dass Besucherinnen und Besucher sich auf das Gedankenexperiment „was wäre wenn...“ einlassen und ins Gespräch über das Verständnis von Kirche und Kloster Kamp kommen. Dafür gibt es bis Oktober noch reichlich Gelegenheit.

INFO: Die Ausstellung „Der Konvent der Bosse“ ist in Kamp-Lintfort im Museum Kloster Kamp bis zum 29. Oktober zu sehen. Ergänzt wird sie durch eine Werkschau mit Figuren und Bildern von Annette Schreiner. Öffnungszeiten: täglich 14 bis 17 Uhr, sonn-/feiertags ab 11 Uhr, montags geschlossen. Die Vernissage ist am Samstag, 15.3o Uhr. Weitere Informationen: www.kloster-kamp.de