Moers. Der Unabhängigkeitstag der Ukraine wird am 24. August normalerweise groß gefeiert. Wie Familie Rusyniuk den Feiertag nun in Moers verbringt.
Am 6. März verließ Alina Rusyniuk ihre Heimatstadt nahe Kiew, um nach Deutschland zu flüchten. Seitdem lebt sie mit ihren drei Kindern Taras, Ihor und Anhelina in Moers. Vater Ihor konnte seiner Familie knapp zwei Monate später folgen. Dank einer Sonderregelung der ukrainischen Regierung, die es Vätern von mindestens drei Kindern erlaubt, ebenfalls das Land zu verlassen, erklärt Konrad Göke, Ratsmitglied der Stadt Moers, in einem Pressegespräch.
„Wir fühlen uns wohl in Deutschland und sind überaus dankbar für die umfangreiche Unterstützung“, wird Mutter Alina Rusyniuk von Dolmetscherin Anna Bajdukoff übersetzt. In Moers teilt sich die fünfköpfige Familie ein Haus mit drei weiteren ukrainischen Familien. Die Wohnung der Rusyniuks in der Ukraine wurde inzwischen zerstört.
Die Kinder lernen in internationalen Schulklassen
Anhelina und Taras besuchen die Heinrich-Pattberg-Realschule in Moers. Ihr älterer Bruder Ihor geht ins Mercator-Berufskolleg. Alle drei sind in internationalen Klassen untergebracht, um dort gemeinsam mit anderen Geflüchteten deutsch zu lernen. Im Mathe- oder Physikunterricht sitzen die Geschwister aber mit ihren deutschen Mitschülerinnen und Mitschülern zusammen. Auch die Eltern besuchen Deutschkurse, um künftig in Deutschland arbeiten zu können. Vater Ihor war in der Ukraine als Bauleiter und Inhaber eines Cateringunternehmens selbstständig. Mutter Alina ist gelernte Lehrerin.
Den ukrainischen Unabhängigkeitstag am 24. August verbringt die Familie Rusyniuk erstmals nicht in ihrer Heimat. „Normalerweise wird dieser Tag bei uns groß gefeiert. Wir sind ein christliches Land und beginnen den Tag immer mit einer großen Messe, in der unsere Heimat gesegnet wird. Eine Schweigeminute ehrt alle im vergangenen Jahr Verstorbenen. In jeder Stadt hält der jeweilige Bürgermeister eine große Rede. Danach gibt es große Feste und Konzerte, die man mit seiner Familie besucht“, erklärt Alina Rusyniuk.
Familie Rusyniuk trägt stolz die Nationalkleidung
Doch in diesem Jahr ist alles anders. Genau ein halbes Jahr nach Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine verbringen die rund 850 in Moers untergebrachten Ukrainerinnen und Ukrainer den Nationalfeiertag in Deutschland. Familie Rusyniuk trägt stolz die Nationalkleidung: weiße Hemden mit handbestickten Verzierungen, Wyschywanka genannt. „Das hat für uns eine traditionelle Bedeutung. So ähnlich wie die Bayerische Tracht in Deutschland“, erzählt Alina Rusyniuk.
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Die Familie möchte an diesem Tag unter sich sein und zumindest telefonisch mit weiteren Familienmitgliedern feiern. Dazu zählen besonders die Großeltern der Kinder, die ihre Heimat an den Karpaten nicht verlassen wollen. „Für mich beginnt der Tag aber erstmal mit einem Termin beim Jobcenter“, erzählt Vater Ihor.
Am Sonntag besucht die Familie dann das große Konzert des Jugendsinfonieorchesters der Ukraine. (YSOU) Im Zuge der Veranstaltung werden die beiden Jungen blaue und gelbe Blüten an die Zuschauerinnen und Zuschauer verteilen.