Moers. Im Sinnesgarten der Grafschafter Diakonie kann man sich nicht nur gesund ernähren, sondern auch Kraft schöpfen. So läuft das Projekt.

Wer schon einmal durch ein blühendes Blumenfeld gelaufen ist, kennt es vielleicht: diesen einzigartigen Duft, der die Luft erfüllt und direkt für Sommergefühle sorgt. Dass Pflanzen weit mehr können als gut duften, erleben Klienten der Grafschafter Diakonie an der Walpurgisstraße. Im April 2019 war das Projekt „Sinnesgarten für jeden Geschmack“ gestartet. Junge Eltern mit psychischer Behinderung, ihre Kinder sowie Erwachsene können in der Nähe ihrer Apartments in eine vielfältige Gartenwelt eintauchen.

Der Gießkannenfrosch...
Der Gießkannenfrosch... © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Die Bewohner haben den Garten nach ihren Vorstellungen unter Anleitung von Mitarbeitern der Grafschafter Diakonie und dem Diakonischen Werk im Kirchenkreis Moers erschaffen. Momentan leben in der stationären Jugendhilfe an der Walpurgisstraße zwölf Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 16 bis 27 Jahren in Zweier-WGs, junge Väter und Mütter leben in 3,5-Zimmer-Wohnungen mit derzeit neun Kindern.

Fähigkeiten entdecken

„Sie werden in ihrer Selbstständigkeit unterstützt, etwa beim Behördengang oder der Haushaltsführung“ , erklärt Andrea Maj, stellvertretende Fachbereichsleitung in der stationären Jugendhilfe der Diakonie. Neben der Jugendhilfe wohnen 13 Erwachsene von 29 bis 74 Jahren mit seelischer Behinderung in neun Apartments. „Wir Fachkräfte gestalten tagesstrukturierende Maßnahmen und Möglichkeiten, Fähigkeiten zu entdecken, etwa im Kunsthandwerk, in der Fahrradwerkstatt, im Wittfeldlädchen oder im Garten unserer Außenanlage“, sagt Anna-Katharina Soblik, Gruppenleiterin der besonderen Wohnformen des Johann Heinrich Wittfeld-Wohnverbundes.

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Der Garten ist Katja Scharfs Lieblingsplatz. Seit 15 Jahren arbeitet die gelernte Rechtsanwaltsfachangestellte bei der Diakonie in der Nachtschicht. Im Xantener Kurpark hat sie die Grünanlage mitbetreut und die Mission, Steingärten zu reduzieren. Scharf absolvierte eine Ausbildung als Kräuterpädagogin für Bildung mit nachhaltiger Entwicklung und erstellte 2019 einen Aushang für ein Gartenprojekt.

Eins-zu-Eins-Betreuung

Gestartet mit zwei jugendlichen Bewohnerinnen, ist die Kräuterbegeisterung übergeschwappt. Drei Mal wöchentlich ist Scharf mit Bewohnern und Kindern in Eins-zu-Eins-Betreuung im Garten: „Die Bewohner erleben, dass man sich gesund, nachhaltig und lecker versorgen kann.“ Im Nachtdienst geht’s da mit Stirnlampe in den Garten, um mit einer Bewohnerin mit Borderline-Erkrankung Nacktschnecken und Regenwürmer einzusammeln und sie sinnesanregend über die Arme krabbeln zu lassen oder am Gewächshaus Glühwürmchen und Fledermäuse zu beobachten.

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Die elf Hochbeete haben unterschiedliche Oberthemen wie Hausapotheke, essbare Blüten oder suppengerechte Kräuter. Es gibt immer was zu tun: Gießen, schnippeln, das Sandarium für Wildbienen beobachten, Saatgut gewinnen, Tomaten und ewigen Kohl ernten, Naturkosmetik herstellen, aus Schnittlauch Essig machen oder aus Brennnesseln leckere Pesto kreieren. „Ich finde das heilsam“, sagt Bewohnerin Janna freudestrahlend. Besonders mag sie Stockrosen: „Weil meine Großmutter Stockrosen hatte, verknüpfe ich damit schöne Erinnerungen.“