Kamp-Lintfort. NRW-Schulministerin Dorothee Feller (CDU) befeuert aktuell wieder die Debatte um einen späteren Unterrichtsbeginn. Was Schulleiter davon halten.
Das Thema ist nicht neu, es hat Medizin und Politik schon öfter beschäftigt, aber aktuell wird es von NRW-Schulministerin Dorothee Feller (CDU) wieder befeuert. Schulen sollen selbst bestimmen können, ob sie um 8 oder um 9 Uhr starten. Der späte Start, vermitteln manche Experten immer wieder, käme dem Schlafrhythmus von Jugendlichen entgegen und trage zu besseren Leistungen bei. Aber ganz so einfach ist das nicht.
Alexander Winzen vom Georg-Forster-Gymnasium hat dazu eine klare Meinung: „9 Uhr Unterrichtsbeginn ist keine Lösung.“ Er fürchtet, auch dann in der ersten Stunde in schläfrige Gesichter zu schauen. Denn er ist sicher, dass die Jugendlichen dann eben auch später ins Bett gehen und genauso müde am Morgen sind. Vorteile sieht er für Kollegen, die von der anderen Rheinseite kommen, und das seien an seinem Gymnasium viele: endlich raus aus dem morgendlichen Stau auf den Autobahnen. Obwohl – lenkt er direkt wieder ein – „dann stehen sie nachmittags halt länger“. Letztlich würde aus seiner Sicht nur etwas verschoben, der Tag wird dann nach hinten länger. Aus der Elternschaft habe es bisher keine Äußerungen gegeben, dass ein späterer Schulstart gewünscht sei.
Kamp-Lintforter Schulleiter kann „nicht einfach alleine Entscheidungen treffen“
Für Winzen stellt sich das Problem auch noch komplexer als an manchen anderen Schulen. Es geht nicht nur darum, dass die Schulkonferenz die Verschiebung beschließen muss und der ÖPNV mit ins Boot zu holen wäre. Winzen muss noch mehr im Auge haben: „Ich kann hier an einem Schulzentrum nicht einfach alleine Entscheidungen treffen.“ Da müsse die Unesco-Schule mit einbezogen werden und auch das Gymnasium Rheinkamp, mit dem es eine Kooperation gebe.
Das gilt in der Frage nach dem späten Unterrichtsbeginn genauso wie bei Entscheidungen, die spätestens im Herbst wohl wieder anstehen wegen Corona. Klassen teilen? Ausschließlich Distanzlernen? Auch da hilft ihm die „neue Beinfreiheit“, von der Schulministerin Feller im Zusammenhang mit eigenständigen Entscheidungen ohne Ministerlass gesprochen hat, wenig. Obwohl seine Schule schon mit vier coronakranken Kollegen ins Schuljahr starten muss, geht der Schulleiter vorsichtig optimistisch ins dritte Pandemie-Jahr: „Es hat wegen meist milder Verläufe nicht mehr so einen Schrecken. Auch setze ich auf inzwischen viele geimpfte Kinder und Kollegen oder auch auf Immunisierung durch überstandene Ansteckung.“
Schwieriger findet Alexander Winzen den vermutlich bevorstehenden Spagat zwischen Lüften wegen der Aerosole und nicht Heizen wegen der Gaskrise. Man könne eh’ nur noch um ein Grad drosseln, bevor es gegen die Arbeitsstättenverordnung verstößt.