Kamp-Lintfort. Der Kamp-Lintforter Schulleiter Alexander Winzen berichtet über Raumpläne, Maskenpflicht und tägliche Sorge: Was, wenn ein Corona-Fall auftritt?
Seit knapp zwei Wochen ist der Schulbetrieb in NRW wieder angelaufen. Wir haben mit dem Schulleiter des Georg-Forster-Gymnasiums, Alexander Winzen, über den Schulalltag in andauernden Corona-Zeiten gesprochen.
Herr Winzen – was ist einfacher: den Stunden- und Raumplan auszubalancieren oder die Maskenpflicht der Schüler zu kontrollieren?
Winzen: Zeitaufwendiger ist auf jeden Fall der Raum- und Stundenplan, die Maskenpflicht zu kontrollieren und durchzusetzen, ist nicht kompliziert. Es gibt bisher nur ganz wenige Schülerinnen und Schüler, die das missachten.
Wie nehmen die Schüler die Maskenpflicht an?
Eigentlich ganz gut. Ich habe manchmal den Eindruck, dass die Eltern besorgter sind als die Kinder – dann kommen Atteste. Die Folge ist aber, dass oftmals keiner so richtig neben dem Kind ohne Maske sitzen will. Dann sagen die betroffenen Kinder häufig, dass sie lieber die Maske aufsetzen wollen, weil sie nicht isoliert sein möchten.
Wieviele Alternativpläne haben Sie in der Schublade, für den Fall, dass Lehrer X oder Schüler Y positiv getestet werden?
Wir haben keine fertigen Pläne, sondern unsere eigenen Ideen und zudem die Erfahrungen aus dem letzten Schuljahr. Wenn wir für jeden denkbaren Fall einen Plan entwickeln würden, hätten wir nichts anderes mehr zu tun. Wir müssen spontan reagieren können.
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Im Augenblick ist es so, dass alle Kollegen da sind, darüber bin ich sehr froh. Wenn es anders kommen sollte, müssen wir im Einzelfall reagieren. Dann würden wir auch vom Gesundheitsamt Beratung oder Anweisungen erhalten, was zu machen ist. Ob etwa ein ganzer Trakt in den Distanzunterricht wechseln muss, oder vielleicht nur eine Klasse.
Was halten Sie von der Idee, Lehrer prophylaktisch alle zwei Wochen testen zu lassen?
Ich glaube, dass das ganz gut ist. Manche Kollegen sind unruhig und wollen einfach sicher sein – weil sie vielleicht vorerkrankt sind. Ich finde auch gut, dass es ein Angebot ist und keine Verpflichtung.
Nehmen Lehrer am GFG das Angebot wahr?
Ja, aber wie viele und wer genau, kann ich nicht sagen. Das Angebot wird übrigens auch von anderen in der Schule tätigen Personen genutzt – etwa auch von den Sozialarbeitern, den Sekretärinnen, der Übermittag-Betreuung oder dem Cafeteria-Personal.
Was ist aktuell Ihre größte Herausforderung im Schulalltag?
Ich muss schon zugeben, dass man ganz unterschwellig damit rechnet, dass ein Corona-Fall auftritt und man schnell und vielleicht auch heftig reagieren und innerhalb kurzer Zeit vieles umstellen muss. Ansonsten arbeiten wir natürlich gemeinsam daran, die aktuellen Dinge, etwa die Digitalisierung, voranzubringen. Das ist aber nicht immer so einfach, wie es aussieht. Man hört von außen oft, das Land habe jetzt Geld zur Verfügung gestellt, das nicht abgerufen werde, weil die Städte zu unbeweglich seien. Im Detail ist die Umsetzung aber für uns viel komplizierter, da erst zahlreiche Fragen mit den unterschiedlichen Beteiligten zu klären sind. Daran wird intensiv gearbeitet.
Wie ist denn hier die Versorgung mit Tablets und Laptops?
Wir haben einen Laptopwagen mit 14 Geräten, zwei PC-Räume und sieben Geräte im Selbstlernzentrum stehen, auf die die Schüler zugreifen können. Fünf auf die Schule verteilte Geräte stehen für das Lehrerkollegium bereit. Für einzelne Fachräume gibt es zudem jeweils einen fest installierten oder mobilen PC – und das war’s. Das wird sich aber ändern.
Wissen Sie, wie ihre Schüler zuhause ausgestattet sind?
Wir starten gerade eine Evaluationsrunde zum Thema Schulschließung und Distanzunterricht, da werden wir Lehrer, Schüler und Eltern befragen. Ich denke, dass da eine Menge an Information zurückkommen wird – auch zu diesem Thema. Wir haben aber auch schon während der Schulschließung im letzen Halbjahr ein Konzept entwickelt, für Schüler die nicht so gut ausgestattet sind oder wo es nicht möglich ist, digital zu kommunizieren, etwa bei der Korrektur von Klausuren oder Facharbeiten. Dabei stand ein Schulkiosk im Mittelpunkt, bei dem es für jeden Kollegen eine Kiste gab, in der die zu bearbeitenden Aufgaben lagen.
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Umgekehrt konnten die Schüler ihre erledigten Sachen wieder zurück in diese Kisten legen lassen. Ein schöner Nebeneffekt: Die Schüler konnten einen Ausflug zur Schule machen, sich dabei treffen und sich mit Abstand austauschen. Das Konzept haben sich auch andere Schulen abgeguckt. Zudem gab es in der Mediathek von Lehrkräften beaufsichtigte Gelegenheit, an PCs zu arbeiten.
Für wie wichtig halten Sie Präsenzunterricht?
Ich glaube, die Digitalisierung kann immer nur ein Instrument zur Ergänzung sein, niemals der Ersatz. Das merkt man im Unterricht. Rückfragen sind viel direkter, der Blick ins Gesicht ist wichtig, die Reaktionen – auch, das Gemeinschaftsgefühl zu erleben. Wir haben auch festgestellt, dass die Motivation eine andere ist. Dazu ist die Möglichkeit abzutauchen zuhause viel größer als in der Schule.
Haben Sie sich zeitweise allein gelassen gefühlt?
Eigentlich möchte ich nicht so eine allgemeine Schelte unterstützen. Wir sind nicht unbedingt allein gelassen worden, aber die Antworten auf unsere Fragen kamen oft ziemlich spät, das brachte uns oftmals unter Zeitdruck. Es ist auch teilweise so, dass Fragen formuliert wurden und es bis heute keine Antwort gab. Beispiel: Dazu, wie wir den nächsten Elternsprechtag organisieren, haben wir heute selbst ein den Infektionsschutz berücksichtigendes Konzept entwickelt.
Ist die akute Raumnot, mit der viele Schulen in Kamp-Lintfort noch zu kämpfen haben, ein zusätzliches Problem, den rollierenden Unterrichtsbetrieb zu organisieren?
Auf jeden Fall. Ich unterrichte zum Beispiel 26 Schüler in einem eher kleinen Kursraum – da lasse ich die Maske durchgehend auf, weil der Mindestabstand von 1,5 m zu den Schülern nicht sicher einzuhalten ist.
Haben Sie in den Sommerferien mehr arbeiten müssen, damit alles so funktioniert?
Das schon. Mehr als die Hälfte der Ferien war Arbeitszeit. Sehr erfreulich ist, dass das Kollegium komplett besetzt ist, so dass ohne Corona-Fall der Unterricht voll erteilt werden kann. In dieser Hinsicht geht es uns gut! Was wir für dieses Jahr zusätzlich entschieden haben: Wir werden so gut wie keine Zusatztermine durchführen – keine Klassenfahrten, keine Exkursionen. Einerseits um möglichen Storno-Situationen zu entgehen, aber vor allem auch, um möglichst viel Unterricht durchführen zu können.
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Wie hoch ist der Gesprächsbedarf der Eltern?
Während der Schulschließung und vor den Sommerferien war er eher gering. Seit Beginn des Schuljahres nimmt er jedoch zu. Ich habe mich aber während der Corona-Zeit im vergangenen Schuljahr einmal in der Woche mit der Schulpflegschaftsvorsitzenden getroffen und bin selbstverständlich auch weiterhin mit ihr im Austausch. Ansonsten kamen nur einzelne Mails oder Anrufe. Was wir aber an Kritik gehört haben, haben wir versucht, zu beherzigen und wo nötig und möglich zu ändern.