Kamp-Lintfort. Der ehemalige Landwirt Heinz Ermen stellt aus den Früchten seiner Streuobstwiese Hochprozentiges her. Sein Schluck Heimat begeistert Feriengäste.

Achtung, wer das Probier-Schränkchen öffnet, sollte sich tunlichst an die Regel halten, wenn er später nicht so einen schweren Kopf wie der steinerne Wächter vor dem Schrein haben will: „Bitte nur einen!“ lässt Heinz Ermen diejenigen wissen, die sich hier einen Gratis-Schluck seines Obstbrands gönnen. Dass viele Urlauber im Gästehaus Ermen nach dem Pröbchen eine Flasche von dem Hochprozentigem mit nach Hause nehmen, darf wohl als Kompliment an den Hersteller gelten. Mit Hilfe einer Destillerie aus Kempen komponiert der ehemalige Landwirt aus Altfeld seit vielen Jahren Schnaps aus den Früchten seiner Streuobstwiese.

Nachhaltige Verwertung gefragt

Die Schnapsidee kam Ermen, als er darüber nachdachte, wie er seine alljährliche Obsternte nachhaltig verwerten könnte: „Wir haben früher daraus Dörrobst und Saft gemacht oder die Früchte eingekocht. Aber das war irgendwann nicht mehr das Wahre.“ Dabei hat das Leben in und mit der Natur in seiner Familie eine lange Tradition.

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Schon seine Eltern und Großeltern verkauften das Obst vom Hof auf dem Markt in Kamp-Lintfort. Ein Aufwand, der sich heute so nicht mehr lohnen würde. Und so entstand vor sechs Jahren die Idee, das Streuwiesenobst in Hochprozentiges umzuwandeln. Weil das Schnapsbrennen für den Eigenbedarf in Deutschland seit 2018 aber mit hohen Auflagen verbunden ist, musste vor vier Jahren eine neue Lösung her.

Eigene Flaschenetiketten entworfen

Seitdem liefert Ermen seine Obstmaische an die Brennerei Mühle4, die daraus Alkohol herstellt. Wenn der Rohbrand zurückkommt, verschneidet er diesen unter anderem zum „Flotten Mirabellenbrand“ oder zum „Fruchtigen Birnenbrand“. „Dazu benutze ich unser Stadtwasser, das ist ein hervorragend weiches Wasser“, lobt der Tüftler. Um die 40 Umdrehungen haben die fertigen Brände dann am Ende des Prozesses. „Dann sind sie für mich fertig“, sagt Ermen. Damit das Endprodukt nicht nur gut schmeckt, sondern auch optisch etwas hermacht, hat sein Sohn eigene Flaschenetiketten entworfen.

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Die selbst gemachten Obstbrände zeugen auch von der Verbundenheit mit der Region Niederrhein und der Familientradition, über die sich das Gästehaus Ermen, das mittlerweile Heinz Ermens Tochter gemeinsam mit ihrem Mann betreibt, definiert.

Entscheidend für den guten Geschmack sei die richtige Reife des Obstes, weiß Ermen mittlerweile und nennt ein Beispiel: „Ich pflücke keine Birnen, ich lese sie aus der weichen Wiese auf.“ Und zwar überreif, „die Birne darf ruhig schon platzen.“

„Die Köstliche von Charneux“

Auf die Birnbäume der Sorte „Köstliche von Charneux“, die seine Eltern vor vielen Jahren hier pflanzten, ist er stolz: „Die Sorte ist eigentlich ein Zufallsprodukt aus Belgien, die sich von dort aus auch über den Niederrhein ausgebreitet hat. Das ist eine grüne, knackige Birne.“

Auch beim Maischen gilt es, einiges zu beachten: „Wenn man Kirschen nimmt, ist es zum Beispiel wichtig, dass der Kern beim Stampfen nicht kaputt geht.“ Bei Birnen und auch Äpfeln müssen die Stiele vorher entfernt werden. Für den Gärprozess gibt Ermen Hefe hinzu, ab und an auch mal etwas Zucker.

Was den Schnaps aus den Früchten seines Altfelder Bauerngartens auszeichnet? „Er ist mild und aromatisch“, schwärmt Ermen. Auch, wenn Obstbrand vom Niederrhein (noch) nicht wirklich ein regionales Markenzeichen ist: Für Ermen ist sein „Fruchtiger Birnenbrand“ eben auch ein Schluck Heimat!