Moers. Beim Gas könnte es knapp werden: Der Moerser Dienstleister Enni hat reagiert und Maßnahmen ergriffen. Und: Gute Nachrichten bei neuen Energien.

Der Moerser Dienstleister Enni muss sich zurzeit vielen Herausforderungen stellen. Was kommt da auf die Strom- und Gaskunden zu? Welche Chancen bieten sich bei erneuerbaren Energien? Über diese und andere Fragen sprachen Enni-Geschäftsführer Dr. Kai Gerhard Steinbrich und Matthias Alfringhaus (NRZ).

Die Bundesnetzagentur warnt jetzt vor einer „Verdreifachung” der Gaspreise. Halten Sie das für realistisch?

Dr. Kai Gerhard Steinbrich: Bei vielen Anbietern wird das so sein, wir können das noch nicht sagen. Wir warten ab, was unsere Aktion für treue grundversorgte Kunden bringt und ob die Gaslieferungen durch Nord Stream 1 wieder aufgenommen werden. Zur Beruhigung des Marktes könnte auch beitragen, wenn die Füllstände der Gasreserven zu Beginn des Winters hoch sind.

Während Fixpreisverträge unverändert blieben, musste Enni den Gaspreis der Grundversorgung zum 1. März erhöhen. Kommen dieses Jahr weitere Erhöhungen?

Das kann man pauschal nicht sagen. Wir wissen zurzeit nicht, ob wir die vertraglich vereinbarten Mengen geliefert bekommen. Wenn der Gas-Notfallplan ausgerufen würde, müssten wir die Mehrkosten weitergeben. Wir favorisieren in dem Fall aber eine bundesweite Umlage für diese Mehrbelastungen, daran wird in der Bundesregierung gearbeitet.

Zum 1. Juli ist die Umlage für erneuerbare Energie gesenkt worden, die Stadtwerke Kamp-Lintfort haben den Preis gesenkt. Enni hat den Strompreis zum 1. März und zum 1. Juni erhöht. Ist bei Enni eine Senkung möglich?

Natürlich profitieren auch alle unsere Stromkunden vom Wegfall der Erneuerbaren-Abgabe – auch die mit Festpreisprodukten. Unser Appell zudem an treue, bislang aber grundversorgte Kunden: Unsere Basistreue-Aktion mit einem weitaus günstigen Tarif läuft noch bis zum 31. Juli. 25 Prozent dieser Kundengruppe haben sich noch nicht für den neuen Tarif entschieden. Wir empfehlen sehr, die Aktion zu nutzen, um so deutlicher preiswerter als in der Grundversorgung zu sein.

Zum Vergleich: Bis Mitte vergangenen Jahres lag der 10-Jahres-Durchschnitt bei der Beschaffung von Strom bei bis zu 47 Euro pro Megawattstunde, am 6. Juli lag er bei 450 Euro pro Megawattstunde.

Solarenergie spielt für Enni eine große Rolle: Das Genehmigungsverfahren für den Windpark am Hoschenfeld in Neukirchen-Vluyn ist weit gediehen, berichtet Geschäftsführer Dr. Kai Gerhard Steinbrich im Interview.
Solarenergie spielt für Enni eine große Rolle: Das Genehmigungsverfahren für den Windpark am Hoschenfeld in Neukirchen-Vluyn ist weit gediehen, berichtet Geschäftsführer Dr. Kai Gerhard Steinbrich im Interview. © FUNKE Foto Services | Ulla Michels

Bezieht Enni Gas vom in die Krise geratenen Branchenführer Uniper?

Rund die Hälfte des Gases, das wir einkaufen, beziehen wir von Uniper. Insgesamt haben wir uns bereits für das kommenden Jahr komplett mit Gas vertraglich eingedeckt, für 2024 sind wir bei rund 50 Prozent. Viel hängt davon ab, ob durch Nordstream 1 nach der Wartung wieder Gas fließt. Wenn nicht, könnte der Gas-Notfallplan in Kraft treten, darüber haben wir entsprechend gesetzlicher Anforderungen 44 große Gewerbekunden bereits vorab über dann mögliche Reduzierungen oder eventuelle Lieferengpässe informiert.

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Verzeichnet Enni einen Rückgang beim Gasverbrauch?

Ja, wir können seit einiger Zeit beobachten, dass der Gasverbrauch bei den Privatkunden sinkt. Das sind temperaturbereinigt etwa zehn Prozent. Auch die Gewerbekunden verbrauchen weniger Gas, die Appelle zum Beispiel aus der Bundesregierung wirken.

Wird Enni Maßnahmen ergreifen, um Gas oder andere Energiearten einzusparen?

Im Moerser Freibad Solimare haben wir die Wassertemperatur bereits von 24 auf 23 Grad Celsius heruntergefahren. Das Solimare-Hallenbad werden wir an Tagen mit hohen Außentemperaturen schließen, hier entfällt ab sofort auch der Warmbadetag. Das Bad des Sportparks Rheinkamp ist seit gestern für den Rest der Sommerferien geschlossen. Generell haben wir auf Grund von moderner Technik bereits einen geringen Energieverbrauch, aber wir haben uns natürlich gefragt, wo wir noch sparen können.

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Stand jetzt: Wird Enni Energie & Umwelt im Geschäftsjahr 2022 einen Verlust machen?

Wenn es so weitergeht wie bisher, sehen wir das nicht. Es gibt ja viele positive Effekte, mit neuen Beteiligungen, neuen Dienstleistungen und regenerativen Projekten und den hieraus bei hohen Marktpreisen steigenden Erlösen.

Dr. Kai Gerhard Steinbrich, Enni-Geschäftsführer
Dr. Kai Gerhard Steinbrich, Enni-Geschäftsführer © Enni

Der Bedarf an erneuerbarer Energie ist groß, die Regeln für Windräder sind in dieser Woche gelockert worden. Wie reagiert Enni auf die neuen Möglichkeiten?

Wir sind seit Jahren hier immer auf der Suche nach Projekten. Bei Windkraftanlagen dauern die Genehmigungsverfahren in der Regel sehr lang, und die Abstandsregelungen sind noch die alten. Trotzdem ist Windkraft wichtig. Wir sind sehr optimistisch, bereits in Kürze einen bestehenden Windpark am Niederrhein übernehmen zu können. Die Anlage wird nicht mehr über das Gesetz für erneuerbare Energie gefördert, dennoch sehen wir gute Chance für einen wirtschaftlichen Betrieb. Insbesondere aktuell sind bei Wind- und Solaranlagen hohe Renditen zu erzielen. Bei der Solarenergie ist das Genehmigungsverfahren für den Windpark am Hoschenfeld in Neukirchen-Vluyn weit gediehen.