Moers/Neukirchen-Vluyn. Yulia Yefremova ist im März nach Neukirchen-Vluyn geflüchtet. Hier sagt sie, was sie über den Angriff in ihrer Heimatstadt Krementschuk denkt.
Das Entsetzen über den Raketenangriff des russischen Militärs auf einen Supermarkt in der Ukraine ist weltweit groß. In Neukirchen-Vluyn sieht Yulia Yefremova (36) die grausamen Bilder von Trümmern und Leichen mit großer Sorge. Krementschuk, der Ort, in dem der Supermarkt stand, ist ihre Heimatstadt.
Am Montag war der Supermarkt im belebten Stadtzentrum der zentralukrainischen Stadt (220.000 Einwohnerinnen und Einwohner) von Raketen getroffen worden, bisher ist von mindestens 18 Toten und dutzenden Verletzten die Rede. Die russischen Streitkräfte haben den Angriff auf zivile Ziele inzwischen bestätigt. Yulia Yefremova hat schnell davon erfahren.
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„Meine Freundin hat mich angerufen und ganz kurz gesagt: ,Wir werden bombardiert’. Dann begannen alarmierende Anrufe bei Bekannten, die fieberhaft nach Informationen in sozialen Netzwerken suchten. Ich habe den Eindruck, dass ich alle persönlich kenne, denn das ist meine Stadt, wir leiden alle gleichermaßen“, berichtet die studierte Ingenieurin der NRZ auf Anfrage.
Die aktuelle Lage in Krementschuk beschreibt sie so: „Die Demontage, die Identifizierung der Opfer und leider die DNA-Identifizierung derjenigen, die auf andere Weise nicht identifiziert werden können, werden fortgesetzt. Die Stadt ruft eine dreitägige Trauer aus. Die Leute bringen Blumen und Spielzeug zum Einkaufszentrum.“
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Am 7. März, zwei Wochen nach dem Beginn von Putins Krieg in der Ukraine, ist Yulia Yefremova aus Krementschuk geflohen. Dass sie mit ihrer Tochter direkt nach Neukirchen-Vluyn kommen konnte, verdankt sie ihrer Neugier auf andere Kulturen und Länder. 2011 war sie bereits am Niederrhein, damals als Au-pair-Mädchen.
Jetzt, bei Ausbruch des Krieges, gab es schnell das Angebot, wieder nach Neukirchen-Vluyn zu kommen, in Sicherheit. Seit fast vier Monaten lebt Yulia Yefremova jetzt hier, zusammen mit ihrem sechsjährigen Sohn. Nicht nur an ihre Gastgeber hat sie diese Botschaft: „Ich danke noch einmal ganz herzlich allen, die sich der Ukraine anschließen: Sie nehmen Ukrainer auf, helfen an der Grenze, überweisen Gelder an gemeinnützige Stiftungen.“
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Bei der Ende August geplanten Woche „Moers klingt“ leistet sie wertvolle Unterstützung, zu Gast ist das Jugendsinfonieorchester der Ukraine, Yulias perfekte Deutschkenntnisse sind hier von großem Vorteil. Zurzeit wandern ihre Gedanken nach Krementschuk, ihrer Heimat, den Ort, an dem ihre Mutter nach wie vor lebt.
Yulia hat Bilder aus dem Frieden vor Augen
Wenn sie an das Einkaufszentrum denkt, hat sie eigentlich ganz andere Bilder vor Augen, Bilder aus dem Frieden: „Mein Haus ist etwa 800 Meter vom Einkaufszentrum entfernt. Und der Kindergarten, den mein Sohn besucht hat, ist 500 Meter entfernt. Im März habe ich dort Lebensmittel gekauft. Dort trafen sich meine Freunde.“
Ob oder wann Yulia Yefremova nach Krementschuk zurückkehren kann, ist völlig unklar: „Das Leben ist unberechenbar. Wie sich gestern gezeigt hat, besteht die Gefahr weiterhin und hat sogar zugenommen.“ Bei einer Sache aber ist sie sich ganz sicher: „Nach Kriegsbeginn kontaktierte mich die Familie, bei der ich 2011 war, drückte ihre Besorgnis aus und bot an, zu ihnen zu kommen. Ich glaube, sie haben uns das Leben gerettet.“