Moers. Bei der Moerser „Extraschicht“ auf Schacht IV gab es Führungen, Musik und ein Feuerwerk. Was Bergleute und Besucher daran besonders schätzten.

„Glückauf, Glückauf, der Steiger kommt“ erklang aus den Lautsprechern, die Raketen schossen im Takt in den Nachthimmel und ließen das Fördergerüst auf Schacht IV in Moers erstrahlen. „Das ist Gänsehaut pur“, sagte Uwe Pflanz. Das Steigerlied sangen er und seine Kumpel natürlich mit, den Blick auf den illuminierten Förderturm und das Feuerwerk gerichtet.

Bei der „Extraschicht“ auf der Zeche Rheinpreussen blühte das Leben „ihres“ Schachts noch einmal auf. „Wir haben hier 50 Jahre lang Bergbaugeschichte geschrieben, das sollte man nicht vergessen, sondern an die nachkommenden Generationen weitergeben“, betonte der ehemalige Bergmann Halil Sentürk.

Sechste „Extraschicht“ in Moers

Und das hat der Grafschafter Museums- und Geschichtsverein (GMGV) am Samstag wieder einmal getan. Zwei Jahre lang musste die Nacht der Industriekultur pandemiebedingt pausieren. Nun lud der Verein zum sechsten Mal zur „Extraschicht“.

Das Motto: „Erlebnis Glückauf – Das Wir stärken“. „Das ‘Wir’ hat uns in der Corona-Zeit einfach gefehlt. Wir möchten die Menschen wieder zusammenbringen und die Bergmänner sind dafür bestens geeignet: Das Miteinander stand bei ihnen schon immer im Mittelpunkt“, sagte Frank Heinrich vom GMGV-Vorstand.

Viele Besucher der Moerser „Extraschicht“ nahmen an den Führungen durch Fördermaschinenhalle teil.
Viele Besucher der Moerser „Extraschicht“ nahmen an den Führungen durch Fördermaschinenhalle teil. © FUNKE Foto Services | Arnulf Stoffel

Und dazu gab es am Samstag ein vollgepacktes Programm mit Musik, Führungen und einem Höhenfeuerwerk. Zeitgleich fand auch in Kamp-Lintfort erstmals eine „Extraschicht“ statt. Konkurrenz sah Heinrich darin nicht. Im Gegenteil: „Es ist super, dass es endlich zwei Spielorte gibt. Das wollten wir immer so haben. Viele Besucher fahren mit dem Shuttle-Bus zwischen den beiden Spielorten hin und her.“

In Moers waren vor allem die Führungen gefragt. Unter dem Motto „Mit Kumpel auf Kohle“ ging es entlang des Industriedenkmals, durch die unterirdischen Katakomben und zur Fördermaschine. „Fast jeder Besucher möchte eine Führung machen“, stellte Heinrich fest.

Wartezeiten gab es trotz des großen Andrangs kaum. Das lag an den knapp 50 ehrenamtlichen Helfern, viele von ihnen waren im früheren Leben echte Bergmänner, die in der typischen Bergmannskluft die Gäste übers Gelände führten.

Bergmann erzählte von der Arbeit unter Tage

Und dauerte es doch mal ein paar Minuten, bis die Führung starten konnte, unterhielten die Schauspieler Patrick Dollas und Jan Kunze als „Trainer Werner & Jupp“ im 80er-Jahre-Look die Gäste. Bergmann Paul Smaglinski holte dann die nächste Gruppe ab und führte sie über das ehemalige Zechengelände. „Wissen Sie, was die Markenkontrolle ist?“, fragte er. Einheitliches Kopfschütteln.

„Jeder Bergmann erhielt zu Beginn seiner Schicht eine Marke, die er in der Werkstatt oder im Bergwerk an einer Vorrichtung befestigte, damit man im Falle eines Unglücks sehen konnte, wer und wie viele Personen sich unter Tage aufhielten“, erklärte Smaglinski.

Gemeinsam wurde in der Fördermaschinenhalle gesungen

In der Fördermaschinenhalle wurde es derweil musikalisch: Um das Wir-Gefühl zu stärken, lud die Band der Moerser Musikschule zum gemeinschaftlichen Singen ein. Überwiegend deutsche Lieder wie „Kein schöner Land“ oder „Mein kleiner grüner Kaktus“ wurden angestimmt, die Texte auf eine Leinwand projiziert. Die Besucher stimmten mit ein, erst etwas zurückhaltend, dann immer souveräner.

In der Fördermaschinenhalle wurde mit dem Duo der Moerser Musikschule gesungen.
In der Fördermaschinenhalle wurde mit dem Duo der Moerser Musikschule gesungen. © Funke Foto Services | D Arnulf Stoffel

Die Musik mit Gitarre und Kontrabass kam an. Sie war handgemacht, sie war authentisch – und sie passte somit perfekt zur „Extraschicht“. Es kam schon fast eine besinnliche Stimmung zwischen den großen Fördermaschinen auf. „Genau diese Momente habe ich in den letzten zwei Jahren vermisst“, sagte eine Besucherin lächelnd und widmete sich wieder dem Liedtext.