Moers. Eine lebhafte Versammlung beweist, dass viele Moerser kein Krematorium wollen. Warum einem Ratsmitglied in einer Situation der Kragen platzt.
Ob die Überlegungen für den Bau eines Krematoriums auf dem Hülsdonker Friedhof überhaupt weiterverfolgt werden, ist offen. Gleichwohl hat die Bürgerinitiative ‘Kein Krematorium in Moers’ mit ihrer Mobilmachung gegen eine Einäscherungsanlage den Nerv der Bürgerschaft getroffen. Sie sammelte nicht nur binnen kürzester Zeit 1000 Unterschriften. Am Dienstagabend folgten auch an die 150 Bürgerinnen und Bürger ihrer Einladung zum öffentlichen und, wie sich zeigte, lebhaften Gesprächsabend im Hotel Van der Valk, an dem unter anderem die Ratsmitglieder Julia Zupancic (CDU), Atilla Cikoglu (SPD) und Claus Peter Küster (Grafschafter) teilnahmen.
Die Anlage konterkariere die Bemühungen zum Klimaschutz, nannte Günter Rabe einen Grund für die Ablehnung. Die CO2-Emissionen müssten drastisch reduziert werden, ein mit Gas betriebenes Krematorium sorge aber für mehr. Zudem führe es zu zusätzlichem Verkehr, insbesondere in Hülsdonk, so dass die Anlage selbst bei Einhaltung der Grenzwerte zur Belastung werde. Zumal ein privater Investor „Kasse machen“ wolle und die Öfen „permanent laufen werden“, wie Veranstaltungsteilnehmer mutmaßten. Eine Anwohnerin aus Hülsdonk brachte ihre Befürchtung zum Ausdruck, dass der Wert der Grundstücke durch die Nachbarschaft eines Krematoriums gemindert werde. Darüber hinaus, so hieß es, gefährde ein Bestattungszentrum mit Gastronomie und Grabpflege im Angebot die Existenz entsprechender heimischer Betriebe.
Vorwurf „mangelnder Transparenz“ gegen Enni
In etlichen Redebeiträgen wurde bezweifelt, ob es Bedarf für ein Krematorium in Moers gebe. Grund fürs lange Warten auf Einäscherungen sei keineswegs der vermeintliche Andrang in Anlagen anderer Städte, sondern deren mangelnde Auslastung, die dazu führe, dass die Öfen erst hochgefahren würden, wenn genug Särge vorhanden seien.
Immer wieder kam von der Bürgerinitiative und aus der Versammlung der Vorwurf „mangelnder Transparenz“ gegenüber Enni Stadt & Service, zuständig für die Verwaltung der Moerser Friedhöfe. Besonders in dieser Hinsicht hatten Zupancic, Cikoglu und Küster einen schweren Stand. Denn selbst als Verwaltungsratsmitglieder der Enni erfahren auch sie das Ergebnis der nicht-öffentlichen Ausschreibung erst am Donnerstag. Für ihre mehrfachen Versicherungen, sie würden die Kritik der Bürger und deren Ablehnungsgründe mit in die Beratungen nehmen, ernteten sie häufig Unglauben und Misstrauen.
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Als eine Teilnehmerin, teilweise begleitet von Zustimmung der Versammlung, den Eindruck äußerte, dass „die Sache insgeheim längst durchgewunken“ sei, platzte Julia Zupancic der Kragen. Sie wies darauf hin, dass sie und ihre Kollegen sich der Versammlung stellten („wir stehen hier im Feuer“), das sei auch in Ordnung und keineswegs zu beklagen, so Zupancic. Mit der Behauptung aber, die Entscheidung zum Bau des Krematoriums sei längst gefallen, obwohl sie mehrfach versichert habe, dass das Gegenteil der Fall sei, dann unterstelle man ihr zu lügen: „Das ist gemein!“