Neukirchen-Vluyn. Bislang haben 211 aus der Ukraine geflüchtete Menschen in Neukirchen-Vluyn Zuflucht gefunden. Die Erste Beigeordnete zeigt die Situation auf.

Nordrhein-Westfalen hat bisher bereits mehr als 100.000 Flüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen. Wie viele Menschen derzeit in Neukirchen-Vluyn leben und was das für die Stadt bedeutet, beantwortet die Erste Beigeordnete, Margit Ciesielski.

Wie stellt sich aktuell die Situation der geflüchteten Menschen aus der Ukraine in Neukirchen-Vluyn dar? Hat die Stadt einen Überblick?

Insgesamt sind – nach unserer Kenntnis – bislang 211 aus der Ukraine geflüchtete Menschen in Neukirchen-Vluyn wohnhaft. Davon leben 56 Personen in städtischen Unterkünften, alle weiteren Geflüchteten sind bei Familienangehörigen, Freunden oder Bekannten untergekommen oder konnten in privat bereitgestellten Unterkünften eine neue Bleibe finden. Auch wenn zwischenzeitlich weniger Menschen kommen, so bleibt die Situation insgesamt recht dynamisch.

Was heißt das?

Auf der einen Seite treffen weiterhin Geflüchtete über persönliche Kontakte in Neukirchen-Vluyn ein. Andererseits erhöht sich die Aufnahmeverpflichtung im Rahmen des FlüAGs kontinuierlich, da die Zahl der Geflüchteten in Deutschland insgesamt weiter steigt. Es gibt aber auch Fälle, in denen Geflüchtete sich innerhalb Deutschlands umorientieren oder wieder in die Ukraine zurückkehren. Derzeit besteht eine Aufnahmeverpflichtung, dass Neukirchen-Vluyn weitere 20 Personen aufnehmen muss.

Reichen die Unterbringungskapazitäten aus?

Aktuell stehen noch ausreichend Kapazitäten in den städtischen Unterkünften zur Verfügung. Es zeigt sich aber, dass zunehmend eine Aufnahme von derzeit noch privat untergebrachten Geflüchteten in städtische Unterkünfte erforderlich wird. Viele Menschen haben Geflüchteten Räume in ihren Wohnungen oder Häusern zur Verfügung gestellt. Das kann aber nicht in allen Fällen als dauerhafte Lösung dienen. Ich möchte aber herausstellen, dass – ohne die große Hilfsbereitschaft der Menschen hier vor Ort – , die Situation zu Beginn der Ukraine-Krise viel schwerer händelbar gewesen wäre.

Margit Ciesielski, Beigeordnete der Stadt Neukirchen-Vluyn.
Margit Ciesielski, Beigeordnete der Stadt Neukirchen-Vluyn. © FUNKE Foto Service | Christoph Karl Banski

Was waren und sind die größten Herausforderungen?

Natürlich geht es in einem ersten Schritt immer um eine Unterbringung sowie Sicherstellung des Lebensunterhaltes. Im Folgenden benötigen die Geflüchteten aber weiter Unterstützung. Hier reden wir nicht nur über Sachspenden, vielmehr sind Ansprechpartner/innen erforderlich, die den Integrationsprozess begleiten und unterstützen.

Wie sind Sie da aufgestellt? Kann die Stadt das leisten?

Wir sind in Neukirchen-Vluyn in der glücklichen Situation, dass neben den vielen persönlichen Hilfestellungen durch die Bürgerinnen und Bürger auch gefestigte Strukturen zur Betreuung von Geflüchteten installiert sind. Während die Grafschafter Diakonie vertraglich über die Stadt finanzierte hauptamtliche Flüchtlingshilfe leistet, unterstützt die „Direkte Flüchtlingshilfe“ die Geflüchteten hier vor Ort ehrenamtlich. In beiden Bereichen ist es gelungen, die personellen Ressourcen kurzfristig bedarfsgerecht anzupassen. Insbesondere die ehrenamtlichen Mitarbeitenden der „Direkten Flüchtlingshilfe“ leisten hier herausragende Arbeit, auch in den Abendstunden und an Wochenenden. In Hinblick auf Beratungsleistungen stehen Mitarbeitende des Diakonischen Werkes gerade auch für Fragen zu Schule und Kindertageseinrichtungen zur Verfügung.

Hat die Stadt eine Übersicht über die Anzahl der schulpflichtigen Kinder, wenn ja: Wie viele sind es und in welcher Schulform werden sie beschult/müssen sie beschult werden?

Von den 211 Personen sind 95 minderjährig. Elf Kinder werden in diesem Jahr eingeschult. Die 15 Kinder im Grundschulalter werden alle bereits hier vor Ort beschult. Von den weiteren 46 Kindern und Jugendlichen besuchen zwölf eine weiterführende Schule in Neukirchen-Vluyn. Derzeit nehmen aber auch noch viele Kinder und Jugendliche online am Schulunterricht aus der Ukraine teil.

Wie viele der Kinder besuchen örtliche Kindergärten?

Aktuell werden drei Kinder in Kindertageseinrichtungen hier vor Ort betreut.

Was ist mit den verbleiben Kindern unter sechs Jahren? Können Sie hier weitere Plätze anbieten?

Die Stadt ist hier grundsätzlich nicht zuständig. Die Bereitstellung von Betreuungsplätzen für Kinder unter 6 Jahren obliegt dem Kreis Wesel. Wie in vielen anderen Kommunen auch, gibt es in Neukirchen-Vluyn derzeit keine freien Plätze. Wir sind hier aber in einem engen Austausch mit dem Kreisjugendamt, um den Kindern möglichst auch niedrigschwellige Angebote machen zu können. Insbesondere für die Kinder, die in diesem Jahr eingeschult werden, sind alle Beteiligten sich einig, dass hier zeitnah Lösungen gefunden werden müssen. Das ist eine große Herausforderung.

Wobei treten die größten Probleme auf?

Sämtliche Betreuungsoptionen auch außerhalb von Kindergartenplätzen erfordern sowohl Räumlichkeiten als auch qualifiziertes Personal. Dies gilt erst recht für Großtagespflegestellen. Die Anforderungen sind hier hoch. Die Stadt nutzt hier alle bestehenden Vernetzungen, um den Kreis zu unterstützen.

In welchen Bereichen können sich Bürgerinnen und Bürger einbringen, die unterstützende Hilfe leisten möchten?

Wir haben auf der städtischen Homepage Informationen zum Thema Ukraine-Krise bereitgestellt. Hier kann sich jeder informieren. Bürgerinnen und Bürger können weiterhin gerne Unterstützung über unsere Kooperationspartner Grafschafter Diakonie und Direkte Flüchtlingshilfe anbieten.

Wie sieht es mit der Finanzierung aus, welche Kosten muss die Kommune tragen und welche werden von Bund/Land erstattet?

Grundsätzlich erhalten Kommunen für geflüchtete Personen unter bestimmten Voraussetzungen eine Pauschale, mit der alle anfallenden Aufwendungen wie Lebensunterhalt, Unterkunft, Krankenhilfe und soziale Betreuung abgegolten sind. Der Bund unterstützt die Länder und Kommunen im Jahr 2022 darüber hinaus mit insgesamt zwei Milliarden Euro bei ihren Mehraufwendungen für die Geflüchteten aus der Ukraine. Es bleibt abzuwarten, in welcher Höhe wir als Kommune hiervon mittel- bzw. unmittelbar profitieren.