Kamp-Lintfort. Der RVR weist im Regionalplan auf Vorteile des Kiesabbaus hin. Abgrabungen gäben „Impulse“, die ohne das Tun der Kiesindustrie unmöglich seien.

Geschlossen und entschieden zeigten sich am Dienstag über alle Fraktionen hinweg die Mitglieder des Stadtentwicklungsausschuss in Sachen Kiesabbau: So, wie es der Regionalverband Ruhr vorsieht, geht es für Kamp-Lintfort nicht. „Das ist inhaltlich an Zynismus nicht zu überbieten. Ich bin froh, dass wir geschlossen dagegen stehen“, erklärte der Ausschuss-Vorsitzende Jürgen Preuß.

Zuvor hatte Planungsamtsleiterin Monika Fraling in gebotener Kürze die sehr ausführliche Stellungnahme der Stadt zum Regionalplan zusammengefasst. Dabei hob sie hervor, dass der nun ausliegende zweite Entwurf im Gegensatz zum ersten 71 Hektar Kiesabbaufläche mehr vorsehe als im ersten, insgesamt 230 Hektar. Das entspreche neun Prozent des Stadtgebietes. Als Grund für diese Erhöhung führt Fraling an, dass manche Reserveflächen bisher nicht verortet wurden, dies aber nun auf Wunsch der Kiesindustrie geschehen sei. Auch werde dem Wunsch dieser Seite entsprochen, mehr in die Fläche als in die Tiefe zu gehen.

Neue Anlagen sollten eigentlich vermieden werden

Seite an Seite im Kampf gegen noch mehr Kiesabbau in Kamp-Lintfort: Planungsamtsleiterin Monika Fraling, Bürgermeister  Christoph Landscheidt und der Sprecher der Interessengemeinschaft Kiesausstieg Saalhoff, Peter Schiffer.
Seite an Seite im Kampf gegen noch mehr Kiesabbau in Kamp-Lintfort: Planungsamtsleiterin Monika Fraling, Bürgermeister Christoph Landscheidt und der Sprecher der Interessengemeinschaft Kiesausstieg Saalhoff, Peter Schiffer. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Im Gegensatz zum allgemeinen Bestreben, Neuaufschlüsse zu verringern, seien für Kamp-Lintfort 60 Prozent neue Anlagen vorgesehen. Nur 40 Prozent seien Erweiterungen. Darüber hinaus gebe es noch diverse Ausnahmen, erläuterte Fraling, die an den vier Stellen – zwei Saalhoff, Rossenray und Niephauser Feld – auch noch Ausnahmeregelungen als möglich sieht, die jeweils weitere 10 Hektar Flächenschwund zugunsten der Kiesindustrie möglich machen.

Alte Grabungsflächen als Wasser dargestellt

„Der Plan sieht geschönt aus“, befindet sie. Denn als Kiesgebiete seien nur die neuen eingezeichnet, die alten aber als Wasserflächen dargestellt. „Aber auch diese Flächen sind für uns bis 2037 nicht nutzbar“, beklagt die Planungsamtsleiterin. Gespräche mit der Firma Hülskens seien erfolglos gewesen. Man habe ja versucht, wenigstens teilweise die vor Jahren zugesagten Pläne vom Wanderwegen, Liegewiesen oder anderen Freizeitangeboten in Rossenray umzusetzen. „Aber der Zaun bleibt bis 2037 davor“, skizziert sie das Ergebnis.

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Herausgestellt hat sie in aller Sachlichkeit Textausschnitte des RVR zum Thema Rekultivierung der Abgrabungsflächen, die exemplarisch auf Alpen, Kamp-Lintfort, Neukirchen-Vluyn und Rheinberg eingehen. Darin heißt es unter anderem: Es „können für die Kommunen wichtige Impulse für die Stadt- und Landschaftsentwicklung geschaffen werden, die ohne vorherige Rohstoffgewinnung andernfalls nicht umsetzbar wären.“ An anderer Stelle ist von „Mehrwert“ und „wichtigen Impulsen“ durch den Kiesabbau die Rede. „Das hat uns sehr überrascht“, erklärte Fraling.

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Sie fasste die beklagenswerte Rolle der Kommunen bei der Regionalplanentwicklung zusammen: „Wir werden immer weggewogen.“ Die Einflussmöglichkeiten einer Kommune seien gering: „Wir werden gehört, aber nicht beteiligt“, stellt die Stadtplanerin fest. Ihr Wunsch: den Teil zur Auskiesung aus dem Regionalplan auslösen und „sich in Ruhe damit auseinandersetzen“.

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Auf den Hinweis aus Reihen der CDU, dass doch die Landwirtschaftskammer gehört werden müsse, wenn große Flächen beispielsweise an Kiesunternehmen verkauft werden, erklärte Bürgermeister Christoph Landscheidt: „Im Prinzip ja, aber die Kiesindustrie betreibt auch eine kluge Vorratshaltung und hat etliche Flächen in ihrem Besitz, die sie als Ausgleich anbieten kann. Das macht es schwer.“

Versöhnliche Nachricht zum Schluss

Versöhnlich stimmte seine Nachricht, dass viele der möglicherweise vom Kiesabbau Betroffenen auf ein Schreiben der Stadt signalisiert hätten, keinesfalls ihre Flächen verkaufen zu wollen. Alle anderen seien bereit, zumindest im Vorfeld mit der Stadt zu sprechen.