Moers/Kamp-Lintfort. Die Pandemie verlangt den Krankenschwestern und -pflegern in den Kliniken in Moers und Umgebung eine Menge ab – seit bald zwei Jahren.

Bald ist es zwei Jahre her: Am 28. Februar 2020 wurde in Kamp-Lintfort der erste Coronafall im Kreis Wesel bestätigt. Seitdem gehören die Krankenhäuser zu den Einrichtungen, die in wechselnder Intensität, aber stets in vorderster Front gegen die Pandemie gekämpft haben – mit teilweise erheblichen Belastungen für Krankenschwestern und -pfleger.

Gerd Lisken ist einer von ihnen. Der 40-Jährige arbeitet seit 2005 als Intensivpfleger am St. Bernhard-Hospital in Kamp-Lintfort und hat seit Beginn der Pandemie auf seiner Station fast durchgängig mit Corona-Patienten mit schweren Krankheitsverläufen zu tun. Die Belastung sei durch das Virus „immens gestiegen“, sagt Lisken.

Vor jedem Betreten eines Zimmers steht eine aufwändige Einkleidungsprozedur

Weil ihre Patientinnen und Patienten hoch infektiös sind, steht vor jedem Betreten eines Krankenzimmers – also etliche Male pro Schicht – eine aufwändige Einkleideprozedur: Stets müssen sie aufs Neue Einmalkittel, -handschuhe, -haube, -brille und -mundschutz überziehen und danach in einer festgelegten Reihenfolge wieder ablegen. „Das kostet sehr viel Zeit“, erklärt Lisken. Körperlich anstrengend sei es auch, beispielsweise beatmete Corona-Patienten auf den Bauch zu drehen: „Da sind wir zu dritt oder zu viert.“ Die Kittel und FFP-3-Masken seien zudem extrem dicht: „Wenn du aus dem Zimmer kommst, bist du wie geduscht“, berichtet der Krankenpfleger.

Was Lisken und seine Kolleginnen und Kollegen anfangs sehr belastet hat, war die Angst, sich selber anzustecken: „Wir kannten das Virus ja noch gar nicht, wussten nicht, was auf uns zukommen würde. Jeder hatte Sorge, Corona mit nach Hause zu nehmen und in die Familie zu tragen.“ Dies habe sich nicht zuletzt durch die Impfung geändert, so Lisken: „Das ist eine deutliche Erleichterung.“

97 bis 98 Prozent sind geboostert

Wohl auch deshalb ist die Impfquote unter den Mitarbeitern im St.-Bernhard- und St. Josef-Hospital sowie im Bethanien-Krankenhaus sehr hoch: 97 bis 98 Prozent sind geboostert. In allen drei Häusern heißt es darüber hinaus, dass sie die immer wieder berichteten „Kündigungswellen“ frustrierter und gestresster Schwestern und Pfleger auf Corona- oder Intensivstationen nicht erleben. „Wir haben beim Personal die normale Fluktuation wie vor der Pandemie“, versichert etwa Thomas Weyers, Pflegedirektor am St. Josef-Krankenhaus. Um die frühere Belegschaft der Isolierstation zu entlasten, hat das Hospital im Übrigen das Team gewechselt, so Weyers.

Auch laut Pflegedirektorin Angelika Linkner hat in der Bethanien-Klinik infolge der Pandemie „niemand den Beruf an den Nagel gehängt“. Am St. Bernhard habe es „in ganz wenigen Fällen Versetzungswünsche von Pflegefachkräften, die lange im Covid-Bereich tätig waren, gegeben“, berichtet Krankenhaus-Sprecher Jörg Verfürth.

Die Grundstimmung in der Gesellschaft ist fordernder geworden

Worauf die Häuser unisono hinweisen: Die Pandemie beansprucht nicht nur das Personal der unmittelbar mit Covid befassten Mitarbeiter. Corona-bedingte Zugangsbeschränkungen etwa für Besucher treffen alle Stationen. Das Kümmern von Angehörigen um die Patienten, der Zuspruch für Kranke – all das muss verstärkt das Personal übernehmen. Zudem gebe es immer wieder Diskussionen mit Besuchern über die Beschränkungen, weiß Angelika Linkner: „Alle sind nach zwei Jahren Pandemie belastet. Die Grundstimmung in der Gesellschaft ist fordernder als früher.“

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Die meisten Schwestern und Pfleger haben im Laufe ihres Berufes gelernt, auch mit schweren Schicksalen oder sogar dem Sterben von Menschen, die sie pflegen, umzugehen und das Erlebte nicht mit nach Hauses zu nehmen. Corona habe die Belastung durchaus erhöht, sagt Intensivpfleger Gerd Lisken. „Aber wir sprechen untereinander sehr viel über die Situation. Das kann ich nur empfehlen, es hilft enorm.“

Er bekommt außerdem den Kopf frei, indem er viel Sport treibt. Krankenpfleger sei ein „schöner Beruf“, ergänzt Lisken: „Ihn aufzugeben, war für mich zu keinem Zeitpunkt eine Option.“