Moers. Die NRZ hat mit Krankenschwestern gesprochen, die auf Corona-Stationen eingesetzt werden. Angst vor dem Virus haben sie nicht, aber Respekt.

Abstand halten! Die Maxime soll vor dem Coronavirus und seinen im schlimmsten Fall tödlichen Folgen schützen. Doch Abstand halten funktioniert nicht überall. Krankenschwestern und -pfleger, Ärztinnen und Ärzte können ihre Berufe ohne Nähe und sogar Körperkontakt gar nicht ausüben, auch nicht, wenn sie Kranke pflegen, die sich mit dem Virus infiziert haben. Die NRZ hat mit Krankenschwestern gesprochen, die ihren Dienst auf Corona-Stationen tun: Kathrin Isermann (34) im St. Josef-Hospital und Nicole Kersting (41) im Bethanien-Krankenhaus.

Die Tage beginnen früh. Bei Kathrin Isermann klingelt der Wecker um zehn nach vier, bei Nicole Kersting um halb fünf. Die Frühschicht startet um sechs mit der Übergabe von der Nachtschicht, Dienstbesprechung und Kaffee.

Im Bethanien sind zwei Stationen zu Isolier-Stationen für Corona-Infizierte und Verdachtsfälle umfunktioniert worden. Im St. Josef ist es eine Station. Für Kathrin ist die Arbeit eine Art „Heimspiel“. Sie war schon vorher als stellvertretende Leiterin auf dieser Station, auf der bis vor drei Wochen Unfall-, HNO- und Urologie-Patienten gepflegt wurden. Jetzt sind sieben der 16 Zimmer mit Corona-Patienten belegt. Sie sind meist älter, angeschlagen, leiden unter Erkältungssymptomen, benötigen Überwachung etwa per EKG, einige werden über Masken beatmet.

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Die Spannbreite der Stimmungen bei den Patienten ist groß, erzählen beide Schwestern: „Ja“, sagt Kathrin, „es gibt welche, die haben richtig Angst. Andere nehmen es total locker und sind gut drauf. Und wieder andere realisieren die Situation nicht, weil sie dement sind.“

Wie sich die Mitarbeiter vor einer Infektion schützen

Beide Hospitäler haben ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geschult, wie sie sich selbst vor einer Infektion schützen. Vor jedem Zimmer stehen Terminals mit der entsprechenden Kleidung, die Nicole und Kerstin vor jedem Betreten überziehen: langer Kittel, Haube, Mundschutzmaske, Handschuhe, Visier oder Brille. Kompliziert ist das Ablegen der Kleidung nach dem Verlassen des Zimmers. Die Reihenfolge ist festgelegt, zuletzt kommt der Mundschutz.

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„Man darf nie unkonzentriert sein, um sich zum Beispiel in einem unbedachten Moment mit einem Handschuh nicht doch ans Gesicht zu fassen“, erklärt Kathrin. Der Vorgang wiederholt sich etliche Male am Tag. „Auf seine Art ist das schon anstrengend“, so Kathrin. An Schutzkleidung herrscht derzeit übrigens kein Mangel: „Wir bekommen, was wir anfordern“, betont Kerstin, auf deren Station aktuell fünf der 34 Betten belegt sind. Auf die Frage zur Diskussion über den allgemeinen Maskenzwang reagiert sie zurückhaltend, sagt dann aber: „Schutzkleidung gehört zuerst in die Arztpraxen und Krankenhäuser und zu den Rettungssanitätern.“

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Angst, sich den Virus einzufangen? Angst sei es nicht, versichern beide und fügen nahezu wortgleich hinzu: „Wir haben gehörigen Respekt vor der Gefahr.“ Sie fühle sich aber „gut geschützt“, sagt Kerstin: „Wir passen alle gut aufeinander auf.“ Auch ihr Mann und die drei Kinder können gut damit umgehen: „Die machen jetzt keinen Bogen um mich rum.“ Kathrin sieht das genauso: „Kleidung und Schulungen geben Sicherheit. Ganz ehrlich, wenn ich im Supermarkt einkaufe, ist die Gefahr, dass ich mich infiziere, größer.“

Überhaupt habe man die Epidemie in den Krankenhäusern zumindest derzeit „ganz gut im Griff“, erklären die Schwestern, die eine ganze Reihe von Patienten als geheilt wieder nach Hause schicken konnten. Dass in diesen Tagen Krankenschwestern und -pfleger gern als „Heldinnen“ bezeichnet werden, behagt den beiden nicht, aber: „Seit Jahren herrscht in der Pflege Mangel. Jetzt die Wertschätzung zu erleben, ist schon toll“, meint Kathrin. „Hoffentlich hält die auch an, wenn alles vorbei ist.“ Kerstin formuliert es so: „Wissen Sie, am Ende des Tages machen wir einfach unsere Arbeit.“

>>ZUR PERSON

  • Nicole Kersting kommt aus Homberg, ist verheiratet und hat drei Kinder, für die derzeit ihr Ehemann von der Arbeit freigestellt ist. Die 41-Jährige arbeitet seit 2002 im Bethanien. Sie ist Krankenschwester und Lungentherapeutin. Ihr Wunsch für die Zeit nach der Krise: „Den abgesagten Urlaub nachholen.“
  • Kathrin Isermann ist stellvertretende Stationsschwester im St. Josef. Die 34-jährige Moerserin ist von der Corona-Krise in besonderer Weise betroffen: Ihre für den 24. April geplante Hochzeit musste wegen der Pandemie abgesagt werden. Dass es zum Ersatztermin im Mai klappt, glaubt sie eher nicht.