Kreis Wesel/Neukirchen-Vluyn. Die Kreis-CDU will eine Neujustierung des Kiesabbaus. Dafür hat sie einen 10-Punkte-Plan entwickelt. Und sie möchte weiter aus dem RVR austreten.
Mit einem Zehn-Punkte-Plan möchte die CDU im Kreis Wesel den Kiesabbau in der Region neu regeln. Die Liste zielt unter anderem auf eine Änderung der Bedarfsermittlung, einen größeren Fokus auf Recyclingbaustoffe und eine stärkere Verpflichtung der Kiesunternehmen hinsichtlich einer konfliktarmen, schonenden Abbauphase sowie einer innovativen, klimaschonenden und allgemeinverträglichen Nachnutzung ab. Außerdem sollen Kommunen und Kreis ein Konzept erarbeiten, um besonders konfliktreiche Flächen aufkaufen und so einen Kiesabbau dort verhindern zu können. Gleichzeitig fordern die Christdemokraten eine Kompetenzverschiebung des gesamten Kiesthemas vom Regionalverband Ruhr auf die Bezirksregierung Düsseldorf.
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„Wir sind an einem Punkt, an dem wir eine 180-Grad-Wende brauchen“, sagte der Vorsitzende der CDU-Kreistagsfraktion, Frank Berger, der den Plan zur Neujustierung des Kiesabbaus am Montag gemeinsam mit der Landtagsabgeordneten und CDU-Kreisvorsitzenden, Charlotte Quik, der Landtagskandidatin Julia Zupancic und dem Landtagskandidaten Sascha van Beek vorstellte. Derzeit agiere man beim Thema Kies „wie vor 50 Jahren“, so Berger weiter. „Wir müssen jetzt anders denken.“
Charlotte Quik nannte die großen Kiesvorkommen im Kreis „eher einen Fluch als Segen“. Der derzeitige Plan des Regionalverbands Ruhr (RVR) stehe in einem absoluten Widerspruch zum Empfinden der Bürgerinnen und Bürger im Kreis. Ziel müsse „der größtmögliche Schutz unserer Region“ sein, sagte Quik und nannte als eine der größten Stellschrauben die wissenschaftlich untermauerte Änderung des Bedarfsermittlungsverfahrens.
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Sie sei sehr froh, dass gerade dieser Punkt beim CDU-Landesparteitag „mit großer Mehrheit“ den Weg ins Wahlprogramm für die kommende Landtagswahl geschafft habe, so Quik weiter, die gleichzeitig aber betonte, dass „mit dem Thema keine politischen Geländegewinne zu erzielen“ seien. Frank Berger unterstrich in diesem Zusammenhang die Einmütigkeit der Kreistagsfraktionen, die mit Ausnahme der AfD für eine Resolution gestimmt haben, um das Wirtschaftsministerium doch noch dazu zu bringen, ein Moratorium über die Ausweisung von Kiesflächen zu verhängen, bis das Oberverwaltungsgericht Münster über die Klage des Kreises und der Städte gegen das Land beschieden hat.
Dieses Urteil könne ein wahrer „Gamechanger“, also ein Wendepunkt in der gesamten Kiesdebatte sein, so Berger, der seinen Einfluss als Mitglied der CDU-Fraktion im Essener RVR-Ruhrparlament als sehr klein ansieht. Grundsätzlich sehe die Fraktion das Kiesthema eher „als provinzielles Ereignis“ an, so Berger kritisch. Die Möglichkeit, sich Gehör zu verschaffen, seien für ihn seine Mitstreiter aus dem Kreis Wesel, Anika Zimmer und Udo Bovenkerk, sehr gering. Auch für die insgesamt lediglich sechs Abgeordneten aus dem Kreis Wesel in der RVR-Verbandsversammlung, die am kommenden Freitag über die Offenlage des Regionalplanentwurfs abstimmen, gebe es so gut wie keine Möglichkeit der Einflussnahme. Und das, obwohl der Kreis Wesel die größte Fläche im RVR habe und der drittgrößte Einzahler sei.
Die Kreis-CDU sieht den Kreis Wesel im RVR weder ernst genommen noch richtig aufgehoben. Das machten die Abgeordneten und Kandidaten am Montag klar und erneuerten ihre Forderung, aus dem RVR auszutreten. Gleichzeitig forderten sie eine Verschiebung der Zuständigkeiten. So solle das Thema Kies nicht mehr länger beim RVR, sondern bei der Bezirksregierung angesiedelt sein, sagte der Landtagskandidat der CDU für Alpen, Kamp-Lintfort, Rheinberg, Sonsbeck und Xanten, Sascha van Beek. „Der RVR nimmt das Thema Kies nicht wahr“, so van Beek.
Dafür wuchs und wächst der Widerstand gegen die Kiespläne im Kreis immer weiter an. Die CDU-Landtagsabgeordnete für Moers und Neukirchen-Vluyn, Julia Zupancic lobte in diesem Zusammenhang die Arbeit der Bürgerinitiativen, wie zum Beispiel „Mitgestalten-NV“, die mit ihrer „sehr konstruktiven Arbeit“ dafür gesorgt hätten, das Thema Kies in der Öffentlichkeit bekannt zu machen.
Die Neukirchen-Vluyner Bürgerinitiative organisiert seit mehreren Monaten Proteste und Aktionen, um auf die massiven Kiesabbaupläne aufmerksam zu machen. Am vergangenen Samstagnachmittag etwa riefen sie zu einem Lichtermarsch gegen den Kiesabbau auf. Rund 250 Menschen folgten dem Aufruf und zogen mit Schildern und jeder Menge Lärm durch die Stadt. „Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Heimat klaut!“, riefen die Kiesgegner in Richtung Planungsbehörde.
Doch im Kampf gegen den Ausbau der Kiesflächen setzt die Bürgerinitiative nicht nur auf Protest, sondern auch auf den Dialog. Zu den Kiesmahnwachen, die man in den vergangenen Wochen jeden Sonntag vor dem eigenen Hof veranstaltet habe, seien auch RVR-Politikerinnen und -Politiker außerhalb des Kreises Wesel gekommen, sagt „Mitgestalten-NV“-Mitglied Roland Nolte. So sei aus dem reinen Protest auch gleichzeitig ein inhaltlich tiefer Dialog entstanden. Zwar gehe man nicht davon aus, dass man damit am kommenden Freitag die Abstimmung über die Offenlage des Regionalplans noch beeinflussen könne, so Nolte. Aber es sei bestätigt worden, dass all die erzeugte Öffentlichkeit, alle Protestaktionen, Videos und Gesprächsrunden und Einwände zum Thema Kies bei der Politik „Wirkung gezeigt“ hätten.