Neukirchen-Vluyn. Die Dorfmasche feiert im kommenden Jahr ihr Zehnjähriges. Dafür haben sie einen Kalender mit 13 bunten und humorvollen Bildern gestaltet.
Wie viele Schafe ihretwegen schon nackig auf der Weide gestanden haben, das können sie nicht sagen. Ein paar dürften es aber schon gewesen sein, nach rund zehn wollreichen Jahren und allein 20.000 gehäkelten Flachsblüten, 2000 Mohnblüten oder den quietschbunten Tipis, die aus 2000 Wollquadraten zusammengesetzt wurden und in diesem Jahr auf der Laga in Kamp-Lintfort ausgestellt wurden.
An die Ausmaße, den Erfolg und den daraus auch entstandenen Einfluss auf das Bewusstsein für ehrenamtliches Engagement, für Gemeinsinn war im Jahr 2012 noch nicht zu denken, als die Dorfmasche in Neukirchen ihren Anfang nahm.
Mit einem bestrickten Rad fing es an
Mit einem Fahrrad im Strickkleid fing alles an. Martha Schlothmann und Nachbarin Tilde Heimbach wollten ihr Dorf ein bisschen bunter machen und verpassten einem alten Fahrrad mit farbenfrohen Fasern und Stricknadeln ein maßgestricktes Gewand. Das erregte Aufmerksamkeit, machte neugierig und ließ die Gruppe und ihre Ideen immer größer werden. Mehr als 30 Frauen und einige Männer im Alter von 55 bis 95 engagieren sich mittlerweile in der illustren wie sympathischen Gruppe, die mit ihren Aktionen auch immer einen Hauch von Rebellentum atmet, das die Gesellschaft aber nicht spalten, sondern anstupsen soll.
Das machten sie später vor allem mit einem Projekt, das am Ende rund neun Monate dauern sollte und für überregionales Aufsehen sorgte. 250 Frauen, Schülerinnen und Schüler strickten und strickten und strickten und kleideten ein gesamtes abbruchreifes Haus an der Hochstraße in bunte Wolle. Die Aktion mit dem Titel „Dornröschenschloss“ machte auf den Leerstand aufmerksam und brachte der Dorfmasche mehrere Preise und Auftritte im WDR-Fernsehen ein. Das Haus wurde später abgerissen.
Im kommenden Jahr feiert die Dorfmasche nun ihr zehnjähriges Jubiläum. Zu diesem Geburtstag haben die Mitglieder einen Jahreskalender für 2022 gestaltet. 13 Bilder zeigen die Menschen hinter all den Aktionen, die in den vergangenen Jahren entstanden sind - mit jeder Menge Humor und Selbstironie. Bettina Engel-Albustin hat die Damen und Herren entsprechend abgelichtet – beim Karneval, in Badeanzug und mit Badekappe auf einer ungemähten Wiese oder beim Boule-Spielen, natürlich mit eingestrickten Kugeln.
Die Dorfmasche will aufrütteln und sensibilisieren
Die Idee zu einem Kalender habe man schon länger gehabt, sagt Martha Schlothmann. Zum Zehnjährigen habe es sich endlich umsetzen lassen. Die Botschaft: Gemeinsam ist man stark und kann auch was bewegen, unabhängig von Alter, Herkunft oder gesellschaftlichem Background. Gemeinsam will die Dorfmasche die Menschen sensibilisieren, aufrütteln, zum Denken anregen, damit sie für ihre Nachbarschaft und direkte Umgebung Verantwortung übernehmen.
Aus diesem Grund täte man den Damen und Herren Unrecht, reduzierte man sie einzig und allein auf die Strickerei. Schließlich haben sie daneben mehrer Kinoformate ins Leben gerufen, laden zu Sofareisen ein oder bieten Spaziergänge im Quartier an. Und das nächste Projekt ist bereits in Arbeit: So sollen in den kommenden Tagen Weihnachtsbäume aus Stoff in die Kübel an der Hochstraße „gepflanzt“ werden. Die Kugeln bestehen aus Hausmüll, der mit Wolle umwickelt ist. Und man kann getrost davon ausgehen, dass viele weitere Aktionen folgen. „Die Ideen gehen uns nicht aus“, versichert Martha Schlothmann.
>> Kalender und Aktionen <<
Den Kalender gibt es zum Preis von 15 Euro im Projektzimmer an der Hochstraße, in der Neukirchener Buchhandlung, bei Giesen-Handick an der Niederrheinallee, beim Obstverkauf Bloemersheim und im Fitnessland Kensho. Dort befindet derzeit auch die Wanderausstellung der Dorfmasche.
Außerdem soll es im kommenden Advent auch wieder die Wundertüten mit Kleinigkeiten von der Dorfmasche geben. Diese werden im Obsthof Bloemersheim verkauft und sollen auch auf dem Markt der Möglichkeiten am 2. Dezember angeboten werden – vorausgesetzt, er findet statt.