Moers. Nach der 20-Uhr-Vorstellung des James-Bond-Films „Keine Zeit zu sterben“ am Mittwoch wurde das Atlantic-Kino in Moers geschlossen – für immer.
Die schlimmsten Bösewichter hat James Bond in 25 Filmen erledigt, etliche Male hat der Superagent im Dienst Ihrer Majestät die Welt gerettet. Aber das Atlantic-Kino in Moers konnte er nicht vor dem Tod bewahren. Denn selbst den aktuellen 007-Streifen, der seit drei Wochen andernorts die Kinofans in Massen anzieht, wollten in der Grafenstadt nur wenige Besucher sehen. Betreiber Joachim Schumacher sieht keine Perspektive mehr. „Keine Zeit zu sterben“, so ironischerweise der Bond-Titel, bestritt am Mittwochabend um 20 Uhr die allerletzte Vorstellung des Atlantic-Kinocenters. Danach, kurz vor 23 Uhr, wurde das Lichtspielhaus an der Neustraße geschlossen – für immer. Ab sofort hat die Grafenstadt kein Kino mehr.
Zu den letzten Besuchern gehören Nadine Wuttke und Anne Baars. Die beiden Moerserinnen wollen sich von ihrem „Wohnzimmer“, wie Anne Baars es nennt, verabschieden. Oft seien sie dort gewesen, insbesondere mit den Kindern: „Dafür war das Atlantic ideal, zumal in den großen Kinos die Karten deutliche teurer sind“, meint Nadine Wuttke: „Schade, dass es das in Moers nicht mehr gibt.“
Auch Christfried Wenzel bedauert den Verlust: „Wenn ich ins Kino gegangen bin, dann ins Atlantic“, erklärt der 53-Jährige, der auch schätzte, dass er das Kino zu Fuß erreichen konnte und für den Besuch nicht ins Auto steigen musste. Außerdem: „Ich mag die kleinen Kinos mehr als die großen.“
Auch Moerser fahren zur Hall of Fame
So sehr viele Moerserinnen und Moerser das endgültige Aus des Atlantic betrauern – fest steht, dass Joachim Schumacher sein Haus nicht wegen Überfüllung geschlossen hat. In den letzten Jahren ging es mit den Besucherzahlen bergab. Ein echter Rückschlag war Anfang 2019 die Eröffnung des Multiplex-Kinos Hall of Fame in Kamp-Lintfort.
Richtig spürbar wurde er mit dem Start des neuen „Star Wars“: „Seitdem wurde es immer schlimmer“, so Schumacher. Auch Kinofans aus der Grafenstadt bevorzugen offenbar die moderne Konkurrenz beim Nachbarn. 40 Prozent der Gäste der Hall of Fame, sagt Theaterleiter Michael Seidel, reisen aus Moers und seinen Randbereichen an.
Dazu kam Corona. Das Atlantic überlebte die Schließung zwar mit staatlichen Hilfen und machte am 1. Juli wieder auf. Aber der Besucherzuspruch blieb „super mau“, wie es Joachim Schumacher ausdrückt. In den drei Sälen mit insgesamt fast 300 Plätzen verloren sich an manchen Abenden fünf Leute, berichtet er.
Wenn Bond floppt, wird dicht gemacht
Schumachers Vorgabe lautete schließlich: Wenn der neue Bond in Moers floppt, wird das Atlantic dicht gemacht. Und Bond floppte. Seit dem Start von „Keine Zeit zu sterben“ vor drei Wochen wollten 188 Zuschauer den Film in Moers sehen. In die 20-Uhr-Vorstellung am Mittwoch kamen 26 Besucher, 18 waren es für den Science-Fiction-Film „Dune“ – insgesamt etwas mehr als vor den Ferien. „Ich will nicht Geld mitbringen, um hier ein Kino betreiben zu können“, sagt Schumacher.
Wie es mit den Räumen weitergeht, ist unklar. Von einem Nachfolger ist Joachim Schumacher nichts bekannt, und eine zunächst noch für den 9. November geplante Vorstellung für Moerser Schüler im Rahmen des Kinder und Jugend-Dokumentarfilm-Festivals „Dox“ wird nun doch in eine andere Spielstätte verlegt. Schumachers Mietvertrag endet offiziell am 31. Januar. Aber das Atlantic-Kinocenter in Moers ist dann längst Geschichte.