Essen/Kreis Wesel. Das Wirtschaftsministerium möchte mit den Kommunen sprechen. Allerdings nicht über eine Rücknahme der Flächen, sondern über die Nachnutzung.
Die ausgewiesenen Kiesflächen im Kreis Wesel sind zu wertvoll, als dass sie so einfach aus der Regionalplanung verschwinden. Das wurde auf der Abgrabungskonferenz des Regionalverbandes Ruhr am Mittwoch in Essen mehr als deutlich. Laut RVR und Wirtschaftsministerium weisen die betroffenen Flächen „Kies in hoher Mächtigkeit“ auf, hieß es technokratisch. Auch dass das Land nicht mehr viele Flächen hat, um den hohen Bedarf für die kommenden 25 Jahre zu decken, teilten die RVR-Planer am Mittwoch mit.
Um Betonrecycling oder den Verlust von hochwertigen landwirtschaftlichen Flächen ging es in der Konferenz nur am Rande, dafür beinahe ausschließlich um die mögliche Nachnutzung der Auskiesungsflächen. Für den Part hatte der RVR Jürgen Tarter von der Teunesen-Gruppe eingeladen, der aus den Niederlanden drei Paradebeispiele für eine angeblich gelungene Nachnutzung im Gepäck hatte.
So seien der Hochwasserschutz im Maasgebiet oder die Naturentwicklung im Moor Konigsven sowie die touristische Erschließung einer ehemaligen Landwirtschaftsfläche in enger Absprache mit Städten, Naturschutzverbänden und der Kiesindustrie umgesetzt worden.
Dass die kommunale Planung in den Niederlanden eine andere ist und auch die Kiesindustrie dort völlig anders in die Pflicht genommen wird, vor allem finanziell, gab Tarter auf Nachfrage zu. Doch dahin müsse man auch hier kommen. Man müsse den Kiesabbau vom Ende her denken und mit der Rekultivierung beginnen, bevor die Abgrabung starte. Das könne in der Bevölkerung eine neue Akzeptanz schaffen. Darauf zielt auch das Wirtschaftsministerium ab.
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„Warum gelingt es uns nicht, bei jeder Abgrabung schon vorab den Nutzen für hinterher mitzudenken?“, fragte die Leiterin der Landesplanung, Dr. Alexandra Renz, und kritisierte in dieser Hinsicht auch den RVR, der durch seine abstrakten Formulierungen in den Regionalplänen gar keinen Raum für konkreten Ziele schaffe.
Die Ziele möchte Renz jetzt im Dialog finden. Auf der Abgrabungskonferenz kündigte sie an, in den schnellen und engen Austausch mit dem Kreis Wesel und seinen betroffenen Kommunen zu treten. Dazu möchte Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart auch das Gespräch mit Landrat Ingo Brohl suchen. Und das offenbar noch, bevor das Ruhrparlament im Dezember über die zweite Offenlage des Regionalplans abstimmt.
„Die Einladungen an die Planungsdezernenten liegen schon auf meinem Schreibtisch und werden direkt nach der Konferenz losgeschickt“, sagte Renz. Damit will sie eine Kommunikations- und Arbeitsbasis bilden, um wenigstens dafür zu sorgen, dass für die Nachnutzung eine allgemeinverträglichere Lösung gefunden wird, falls die Flächen abgegraben werden sollen. Auch Regionaldirektorin Karola Geiß-Netthöfel kündigte Gespräche mit dem Landrat an. Der hatte im Interview mit dieser Redaktion die RVR-Verwaltung stark kritisiert.
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Die Kiesindustrie wollen Geiß-Netthöfel und Renz ebenso in die Pflicht nehmen. Die kündigte nach der Konferenz bereits Gesprächsbereitschaft an. Ob das ausreicht, die Städte und Bevölkerung vom Nutzen der erweiterten Ausgrabungen vor ihrer Haustür zu überzeugen, ist fraglich. Ein Argument dagegen lieferte Alexandra Renz am Mittwoch bereits selbst. Im landesweiten Vergleich gebe es „im Kreis Wesel erhebliche Belastungen“.
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>>> Der Zeitplan
Wenn es nach dem RVR geht, soll die zweite Offenlage des Regionalplans im Dezember durch den Planungsausschuss im Ruhrparlament beschlossen werden. Das Beteiligungsverfahren mit Einwendungsmöglichkeiten von Bürgerschaft und Kommunen soll dann im Januar beginnen und bis April 2022 laufen.