Moers. Der Moerser Unverpackt-Laden „Tante Pati“ ist vor zweieinhalb Jahren erfolgreichen gestartet. Doch jetzt erhält die Euphorie einen Dämpfer.

Fast ein Jahr ist es her, seit der Moerser Unverpackt-Laden Tante Pati die Geschäftsräume an der Unterwallstraße bezogen hat. Mehr als doppelt so groß ist hier die Fläche im Vergleich zu dem kleinen Ladenlokal an der Neustraße, wo Inhaberin Patrizia Paulus Anfang 2019 gestartet war. Hatte sie anfangs 300 Artikel im Sortiment, so sind es jetzt rund 1000 – und noch immer verlässt keine Ware in Plastikverpackung das Geschäft. Doch trotz des Wachstums hat die Anfangseuphorie einen gehörigen Dämpfer erhalten. Der Umsatz ist gegenüber der Zeit vor Corona spürbar eingebrochen – ein Schicksal, das Tante Pati mit anderen Unverpackt-Läden teilt.

Plastik, viel zu viel Plastik – Patrizia Paulus hatte irgendwann die Nase voll vom Verpackungsmüll, den sie vom Einkaufen mit nach Hause brachte. „Deutschland ist Spitzenreiter beim Verpackungsmüll in Europa“, sagt die studierte Wirtschaftspsychologin. Sie beließ es nicht beim Ärgern, sondern entschloss sich, das erste Unverpackt-Geschäft in Moers zu eröffnen. Ein bisschen von „Tante Emma“ sollte es auch haben. So entstand in Anlehnung an Patrizia Paulus’ Spitzname Tante Pati.

Prominenter Besuch: Um Parteifreund Christoph Fleischhauer im Bürgermeisterwahlkampf zu unterstützen, war Ministerpräsident Armin Laschet (Bildmitte) im September 2020 in Moers und machte dabei einen Abstecher zum Unverpackt-Laden Tante Pati.
Prominenter Besuch: Um Parteifreund Christoph Fleischhauer im Bürgermeisterwahlkampf zu unterstützen, war Ministerpräsident Armin Laschet (Bildmitte) im September 2020 in Moers und machte dabei einen Abstecher zum Unverpackt-Laden Tante Pati. © FUNKE Foto Services | Archivfoto: Arnulf Stoffel

Und der Laden zeigt tatsächlich, dass man ohne Plastik einkaufen kann. Etliche Produkte wie Reis, Körner, Saaten, Nudeln, Hirse, Müsli, Linsen und vieles mehr füllen die Kunden aus so genannten Schüttbehältern in Dosen, Gläser, Flaschen oder Tüten ab, deren Gewicht vorher gemessen und nachher beim Abwiegen an der Kasse wieder abgezogen wird. Die Behälter können die Kunden mitbringen, alternativ gibt’s im Laden Baumwollsäckchen oder Gläser.

Ware wird ohne Plastikverpackung geliefert

An einer praktischen „Wasserhahnstation“ kann man Flaschen mit Flüssigem wie Seifen, Reinigungs- und Putzmitteln „betanken“. Zum Sortiment gehören auch Molkereiprodukte, Kosmetika, frisches Obst und Gemüse, Küchenartikel sowie Brot und Gebäck von der Biobäckerei Schomaker. Übrigens verzichtet Patrizia Paulus nicht nur beim Verkaufen auf Plastik. Sie achtet auch darauf, dass ihre Lieferanten Plastik vermeiden und die Ware in Papier oder Pfandeimern bringen.

Dass sie nicht die einzige ist, die der Verpackungswahn nervt, war schnell am Kundenzuspruch zu spüren. Umsatz und Sortiment wuchsen – bis Corona kam. Die Pandemie hat Tante Pati zugesetzt, und die boomenden Lieferdienste „haben uns das Leben auch nicht einfacher gemacht“, erklärt die 24-Jährige. Den Umsatzrückgang gegenüber der Zeit vor der Pandemie beziffert sie auf 30 Prozent. Kein Einzelfall: „Nach einem sehr erfolgreichen Jahr 2019 sind mit Beginn der Pandemie im Frühjahr 2020 die Umsätze bundesweit stark eingebrochen“, berichtet Gregor Witt, Vorsitzender des Verbandes der Unverpackt-Läden, der gut 350 Geschäfte in Deutschland vertritt. Betroffen seien nicht nur jüngere, sondern auch alteingesessene Geschäfte. Der Verband leiste Krisenberatung und versuche, das Thema „Müllvermeidung“ wieder ins Bewusstsein der Menschen zu bringen, aber: „Corona scheint alles Gewesene überschattet zu haben.“

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Die Unverpackt-Läden in Krefeld und Oberhausen haben bereits geschlossen, weiß Patrizia Paulus. So bedrohlich sei es bei ihr noch nicht, sie will kämpfen, ein gutes Weihnachtsgeschäft würde Tanti Pati helfen. „Andernfalls“, sagt die Geschäftsfrau, „wird die ohnehin kritische Situation noch kritischer.“