Moers. Cristiana (33) arbeitet bei der Stadt Moers. Sie wird attackiert, als sie ihren Job macht. Hier spricht sie über den Vorfall und die Folgen.

Den 7. September wird Cristiana nicht so schnell vergessen. An dem Tag bedrohte sie ein Mann, weil sie ihren Job machen wollte. Cristiana arbeitet bei der Stadt Moers, sie führt Geschwindigkeitsmessungen durch.

Seit Anfang diesen Jahres ist die 33-Jährige auf den Moerser Straßen unterwegs, um die Geschwindigkeit von Fahrzeugen zu messen. Fahren sie zu schnell, drohen Verwarnungen oder Bußgelder. Der Ablauf ist immer wieder der gleiche: Der Wagen der Stadt wird am Straßenrand platziert, vom Heck aus wird die Straße digital vermessen, die Kamera ausgerichtet, und nach einem Test wird die Geschwindigkeit der vorbeifahrenden Autos kontrolliert.

Geschwindigkeitsüberwachung kümmert sich um schützenswerte Einrichtungen

Cristiana und ihre vier Kolleginnen und Kollegen von der städtischen Geschwindigkeitsüberwachung machen das nicht, um Autofahrerinnen und -fahrer zu ärgern oder der Stadt zusätzliche Einnahmen zu bescheren. „Wir kümmern uns um schützenswerte Einrichtungen, nehmen aber auch Hinweise aus der Bevölkerung auf“, sagt Fachgruppenleiter Oliver Bärbeler. Mithin: Es geht vor allem um Schulen, Kitas und Altenheime und den Schutz von Fußgängerinnen und Fußgängern.

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Mit diesem Ziel stellt Cristiana den Messwagen am Nachmittag des 7. September an der Asberger Straße ab und steigt aus. Auch hier geht es um eine „schützenswerte Einrichtung“, eine Grundschule. Cristiana steht am Heck des Fahrzeugs, ist bereits fertig mit den Vorbereitungen, als sie jemand von hinten an den Oberschenkel fasst. Erschrocken dreht sie sich um.

Vor ihr baut sich ein Mann auf, den die Polizei später als 40 bis 50 Jahre alt, 165 bis 170 Zentimeter groß, mit normaler Figur und Glatze beschreiben wird. „’Willst du Schläge’, hat er zu mir gesagt. Ich habe gefragt, was das soll und einen Schritt nach links gemacht“, schildert Cristiana die Situation. Laut Polizei hat der Mann mit osteuropäischem Akzent gesprochen.

Der Mann kommt Cristiana so nah, dass sie seinen Atem spürt

Der Schritt nach links hilft ihr nicht. Der Mann kommt noch näher auf sie zu, so nah, dass sie seinen Atem spürt, und er bedroht sie wieder. Sie bleibt stumm, unternimmt nichts mehr, bis der Mann vom Tatort flüchtet. Wie gefährlich die Situation war, wird ihr erst abends klar, als sie ihrem Freund davon berichtet. Der bittet sie dringend, den Vorfall zu melden. Jetzt, mit über einer Woche Abstand, fragt sie sich, warum sie selbst nicht eher reagiert hat: „Vielleicht stand ich unter Schock.“

Jemanden, dem sie sich in der Situation direkt hätte anvertrauen können, gab es nicht. Nur in den Abendstunden sind die städtischen Messwagen doppelt besetzt, sonst sind die Mitglieder des Fünferteams allein unterwegs. Deshalb fragt sich jetzt Fachgruppenleiter Oliver Bärbeler nach dem Vorfall: „Unser oberstes Gebot ist der Personenschutz, deshalb müssen wir sehen, was man tun kann, um solche Situationen schneller aufzulösen.“

In diesem Jahr hat die Stadt schon fünf Fälle angezeigt

Thorsten Schröder von der Pressestelle der Stadt: „Solche Vorfälle gibt es leider immer wieder, in den vergangenen beiden Jahren haben wir je sechs angezeigt, in diesem Jahr sind es jetzt schon fünf Anzeigen.“ Auch im aktuellen Fall hat die Stadt sofort Unterstützung angeboten und zur Anzeige geraten. Den Betroffenen kann die Stadt bis zu fünf Therapiestunden anbieten, wie Schröder berichtet.

Die will Cristiana erst einmal nicht in Anspruch nehmen, doch verarbeitet hat sie das Geschehene noch nicht: „Man denkt immer wieder daran.“ Erst einmal hofft sie, dass die Polizei den Mann finden kann. Wer dabei helfen kann, kann sich bei der Polizei in Moers melden, unter 02841 / 1710.