Moers. Nach einem tödlichen Unfall in Moers drohen dem Autofahrer bis zu fünf Jahre Gefängnis. Das Unglück hat offenbar auch ihn aus der Bahn geworfen.

Es ist der 5. Oktober des vergangenen Jahres. Gegen Mitternacht werden Anwohner der Kaldenhausener Straße in Vennikel aufgeschreckt. Sie hören das Quietschen von Reifen, Hupen, dann einen dumpfen Knall, wieder Reifenquietschen. Dass vor ihrer Haustür etwas Schlimmes passiert sein muss, scheint klar. Auf dem Asphalt in Höhe des Lärchenweges liegt ein toter Hund, ein Stück weiter steht ein BMW mit zerborstener Heckscheibe. Als sich die Anwohner ihm nähern, erkennen sie den Körper eines Mannes, teils auf dem Kofferraum liegend, teils auf der Ablage im Innern. Der Mann, erfasst von dem Wagen, stirbt noch an der Unfallstelle. Gegen den Autofahrer wird seit Dienstag vor dem Amtsgericht Moers verhandelt.

Der 41-jährige ist angeklagt wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit fahrlässiger Tötung. Ihm drohen bis zu fünf Jahre Haft. Die Staatsanwaltschaft geht unter Berufung auf einen Gutachter davon aus, dass der BMW an der Stelle der Kaldenhausener Straße, an der Tempo 50 erlaubt ist, tatsächlich 126 Stundenkilometer schnell war. Den 57-jährigen Moerser, der gerade mit seinem Hund noch einmal Gassi ging, erblickte der Fahrer offenbar zu spät, Bremsen und ein Ausweichversuch konnten nicht verhindern, dass es zur folgenschweren Kollision auf der „Rennstrecke“ kam, wie ein Anwohner, der als Zeuge gehört wird, die Straße bezeichnet.

Der Angeklagte lässt seinen Anwalt eine Erklärung verlesen

Der Angeklagte äußert sich vor Gericht selbst nicht. In einer Erklärung, die er seinen Anwalt vorlesen lässt, drückt er sein „tiefes Bedauern“ darüber aus, dass durch ihn ein Mensch zu Tode gekommen ist. Er trage die Verantwortung, wolle sich entschuldigen und der Witwe des Opfers, die im Verfahren als Nebenklägerin auftritt, sein Beileid erklären.

Sein Mandant bestreite nicht, zu schnell unterwegs gewesen zu sein, so der Anwalt. Er erinnere sich aber nicht, dass es das Zweieinhalbfache der erlaubten Geschwindigkeit gewesen sein soll. Gleichwohl wolle er die Erkenntnisse des Gutachters nicht in Zweifel ziehen.

Unfallfahrer ist seit Monaten in psychotherapeutischer Behandlung

Aus Attesten geht hervor, dass der tödliche Unfall nicht nur das Leben der Witwe auf den Kopf gestellt, sondern offenbar auch den Angeklagten aus der Bahn geworfen hat. Den Kfz-Händler plagen Albträume, Schlafstörungen, Depressionen, den dumpfen Aufprall vom Moment des Unglücks höre er immer wieder, erklärt ein Arzt über den Patienten, der seit neun Monaten in psychotherapeutischer Behandlung ist.

Die einzige Augenzeugin ist die Verlobte des Angeklagten. Sie hatte mit der gemeinsamen, damals eineinhalbjährigen Tochter bei der Unfallfahrt auf der Rückbank des BMW gesessen. Vor Gericht macht sie von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch.

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Am 21. September wird der Unfallgutachter zu Wort kommen. An diesem zweiten Verhandlungstag wird auch das Urteil erwartet.