Neukirchen-Vluyn. Ria und Ulli Kahlert kümmern sich um Menschen, die auf der Straße leben. Ausschlaggebend war der tragische Tod einer Frau in Düsseldorf.
Es war im Januar 2017, und es war bitter kalt: „Da ist in Düsseldorf eine obdachlose Frau erfroren“, berichtet Ulli Kahlert (57). Ria Kahlert (48) erinnert sich gut: „Da hab ich zu meinem Mann gesagt: Das kann doch nicht sein, dass bei uns Menschen auf der Straße erfrieren. Also sind wir mit heißer Suppe, Anziehsachen und anderem losgefahren, um Obdachlose in Moers aufzusuchen.“
Seither kümmern sich die beiden aus Neukirchen-Vluyn, inzwischen unterstützt von rund zehn Helfern, in privater Initiative um Menschen auf der Straße.
Es dauert, bis die Betroffenen Vertrauen fassen
Es sei nicht so einfach gewesen, die Orte der Obdachlosen in Moers zu finden. „Inzwischen kennen uns fast alle. Es hat etwas gedauert, bis die Betroffenen Vertrauen zu uns gefasst haben“, berichtet Ulli Kahlert. Bis heute teilen die freiwilligen Helfer einmal wöchentlich beziehungsweise im Sommer ein Mal monatlich warmes Essen aus und geben den Menschen Kleidung und anderes, was fehlt. Den genauen Ort will das Paar auch aus Gründen der Diskretion nicht nennen.
„Menschen, die auf der Straße leben, wollen beim Essen nicht begafft werden. Wir treffen uns draußen. Das ist nicht schön. Im Winter ist es kalt, und die Betroffenen müssen beim Essen stehen oder sich auf den Bordstein setzen“, berichtet Ria Kahlert.
Eine große Facebook-Community folgt der Gruppe
Helfer, die sich beim Kochen abwechseln, darunter auch ein Gastronom, gebe es inzwischen genügend. Auch eine große Facebook-Community folge der Gruppe, erklärt der Neukirchen-Vluyner. „Aber es wäre schön, wenn wir in der City einen Raum für unsere Zwecke bekämen. Und auch ein kleiner Lagerraum für gespendete Dinge wäre gut. Bisher bewahren wir alles bei uns im Haus auf“, schildert der freiwillige Helfer.
Je nach Jahreszeit lebten in Moers etwa fünf bis zehn Menschen dauerhaft auf der Straße – unter erbarmungswürdigen Bedingungen. „In der Corona-Zeit konnten sie sich nicht einmal in einem öffentlichen Bad waschen“, berichtet Kahlert. Viele hätten ein Drogenproblem, was unter diesen Lebensumständen auch nicht verwundere. „Dass diese Menschen nicht in eine der offiziellen Unterkünfte gehen, liegt auch an den strengen Regeln dort“, weiß Kahlert. Beispielsweise dürfe ein verheiratetes Paar nicht zusammenwohnen, es dürften kein Alkohol oder andere Drogen konsumiert werden und vieles andere.
Weihnachtsfeiern und ein Grillabend am See
Im Winter seien es oft 30 bis 40 Menschen, die zur Essensausgabe an den Treffpunkt kämen. „Zu Weihnachten haben wir Tüten gepackt, da waren viele da.“ Vor der Pandemie habe man auch Weihnachtsfeiern organisiert, einmal auch einen Grillabend am See. Da sei sogar der Moerser Bürgermeister Christoph Fleischhauer dazugekommen, aus persönlichem Interesse und als Privatperson, berichtet Ulli Kahlert. „Das alles hat die Betroffenen furchtbar gefreut“, ergänzt Ria Kahlert.
„Obdachlose werden nicht oft gut behandelt“, weiß Ria Kahlert. Ihr Mann wünscht sich mehr Wertschätzung für diese Menschen. „Wir haben schon so viele Lebensgeschichten gehört. Manches könnte einem selbst auch passieren.“ Noch ein Wunsch: „Eine Art Streetworker für diese Menschen wäre gut. Er könnte sich um die Probleme kümmern.“ In einigen wenigen Fällen gelinge es den Betroffenen, nach Jahren auf der Straße wieder Fuß in der Gesellschaft zu fassen. „Auch solche Fälle kennen wir“, freut sich Ulli Kahlert.
Wer mehr über die private Obdachlosenhilfe wissen möchte: „Moerser helfen – gemeinsam sind wir stark“ ist auf Facebook zu finden.