Moers. Das Moers Festival geht im Zeichen der Pril-Blume ins 50. Jubiläumsjahr und zeigt trotzdem erneut, dass es immer ein wenig fixer ist als andere.

Wird das Moers Festival ausgerechnet in seinem 50. Jahr rückwärts gewandt? Riesige Pril-Blumen zieren eine giftgrüne Bühne, während im Hintergrund vergilbte Filmfetzchen laufen, in denen bunte Bullis im Freizeitpark zu sehen sind, fröhliche Camper, Konzerte unterm grellorangen Sonnensegel und ein im Gesicht ziemlich zugewachsener Festivalgründer Burkhard Hennen. Auf der Bühne sind alle Improviser in Residence der letzten Jahre versammelt und feiern das, was man damals Free Jazz nannte, mit einem ordentlichen Improvisationsgewitter – ganz aus dem Hier und Jetzt.

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Nein, früher war nicht alles besser, vor allem die Technik nicht. Und derer bedient sich Arte im Stream sehr

Alle Improviser der letzten Jahre – bis auf die plötzlich verstorbene Sanne van Hek – auf der Bühne, garniert mit Pril-Blumen.
Alle Improviser der letzten Jahre – bis auf die plötzlich verstorbene Sanne van Hek – auf der Bühne, garniert mit Pril-Blumen. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

ausführlich und nimmt den Zuschauer, der die meisten Konzerte nur online verfolgen kann, mit auf eine filmische, wenn auch verfremdete Zeitreise. „Du kommst auch drin vor“, möchte man in Anlehnung an Hanns Dieter Hüsch so manchem alten Bekannten zurufen

Der künstlerische Leiter 2021, Tim Isfort, hat nie die Wurzeln dieses Festivals verleugnet, das er nun seit vier Jahren verantwortet. Vielleicht waren ihm deshalb der Rodelberg und die Open Air Konzerte so wichtig. Vielleicht wollte er auch – wie im letzten Jahr – der erste weit und breit sein, der sich auf die Unwägbarkeiten in der Pandemie einlassen und fix reagieren kann, statt einfach abzusagen. Trotz der lausigen Wetteraussichten. Die wohl einige zur Kenntnis genommen haben. Stand Freitagnachmittag waren 90 der möglichen 500 Tickets für diesen Abend verkauft. Über alle vier Festivaltage 260.

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Und doch: Allen Wetterwarnungen zum Trotz wurden die Wagemutigen belohnt. Trockenen Fußes und Hauptes konnten sie Will Guthrie und das Ensemble Nist-Na unter freiem Himmel ziemlich

Der Pianist Brad Mehldau verzauberte in der Eventhalle – leider nur für Publikum an den Bildschirmen.
Der Pianist Brad Mehldau verzauberte in der Eventhalle – leider nur für Publikum an den Bildschirmen. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

exklusiv verfolgen. Wie die Pril-Blumen, die im Publikum verteilt wurden, führten sie mit ihrem gemeinsamen Schlagwerken an exotischen Instrumenten in frühe Zeiten des Festivals, in denen tranceartiges Getrommel dazu gehörte – leider nicht immer in dieser Qualität.

Zuvor hatte Brad Mehldau sein zum Träumen schönes, entspanntes Piano-Solo im geschützten Raum der Enni Eventhalle absolviert, bei dem sich die Regie wohltuend eher auf die Musik denn auf die Videokunst verlegte. Der US-Amerikaner spielte und zitierte aus allen Genres zwischen Klassik, Real Book und Pop, und zauberte doch ein eigenständiges, harmonisches Ganzes.

Live-Stream und Tickets für die Open Air Konzerte auf www.moers-festival.de