Moers. Grüne und Caritasverband sorgen sich um die Folgen für Kinder und Jugendliche. Die Stadt sieht das Problem auch. Es könne Generationen betreffen.

Die Grünen in Moers möchten die Probleme von Kindern und Jugendlichen in der Pandemie stärker in den Fokus rücken. Unterstützung bekommen sie vom Caritasverband. Beide halten einen Runden Tisch für notwendig, auch um Ideen zu entwickeln, die außerhalb von Förderanträgen liegen.

Die Förderprogramme des Landes, etwa für Homeschooling oder die Betreuung, seien inhaltlich gut, aber nicht praktikabel, sagt die Vorsitzende des Caritasverbandes Moers-Xanten, Brunhild Demmer. Ein Problem sei der „riesige Verwaltungsaufwand“, der nicht gegenfinanziert werde. Hinzu komme, dass die Träger bei jeder Förderung 20 Prozent Eigenanteil aufbringen müssten. Man könne Fachkräften, die ohnehin rar seien, nur befristete Arbeitsverhältnisse anbieten, die „grottenschlecht bezuschusst werden“, und dann fordere man von diesen Arbeitskräften auch noch Einsätze an den Wochenenden und in den Ferien, sagt Demmer.

Die Bürokratie nimmt Schulen, Trägern und Verwaltung die Luft zum Atmen

Die Vorsitzende findet, dass der bürokratische Prozess den Schulen, den sozialen Trägern, der Politik und auch den Verwaltungen die Luft zum Atmen nimmt, um praktische Ideen für Kinder und Jugendliche zu finden, die meistens nicht erst seit Corona Hilfe brauchen. „Wir kletten uns in einer Zuständigkeitsdebatte fest“, sagt Brunhild Demmer, die fordert, nicht erst nach rechtlichen Vorgaben, sondern zunächst nach tatsächlichen Notwendigkeiten zu schauen. Manchmal sei das, was formal richtig sei, nicht unbedingt sinnvoll: „Hauptsache, man hilft den Kindern.“ Und die Umsetzung dürfe nicht an den Hürden von Landesvorgaben scheitern, sagt Brunhild Demmer, die in der Lösung des Problems Kreativität fordert.

Diese Kreativität fordern auch die Grünen. Anfang Februar hatte die Fraktion die Verwaltung in einem Antrag aufgefordert, zu prüfen, ob auch außerhalb der Schulen Lernbegleitungen angeboten werden können, zum Beispiel in Kooperation mit außerschulischen Bildungsträgern. Auch die Einrichtung einer Not-Mailadresse oder eines Sorgentelefons schlugen die Grünen vor. Und schon damals schwebte ihnen eine engere Verbindung zwischen Schulen und Bildungs- und Kultureinrichtungen vor, quasi als Bildungsnetzwerk in der Stadt.

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Diesen Gedanken drehen die Grünen jetzt weiter und schlagen einen Runden Tisch für Kinder und Jugendliche vor, der regelmäßig tagen soll. Daran teilnehmen sollen alle betroffenen Institutionen in der Stadt – Schulen, Bildungsträger, Verwaltung, Politik, etc.

Auch die Stadt Moers sieht in den Folgen der Pandemie für Kinder und Jugendliche ein wachsendes Problemfeld

Grünen-Fraktionschefin Gudrun Tersteegen erhofft sich davon auch mehr Orientierung für alle. Momentan seien „alle auf hoher See und es gibt keinen Leuchtturm“. Vor allem für Kinder und Jugendliche sei die Situation „schrecklich“, so Tersteegen, die sich um die Folgen der Corona-Pandemie sorgt. Zahlreiche Schülerinnen und Schüler würden durch Distanzlernen und Homeschooling abgehängt und erreichten die Leistungsanforderungen nicht. Und längst kapriziere sich dies nicht nur auf benachteiligte Kinder und Jugendliche aus teils prekären Familienverhältnissen. Vielmehr seien sämtliche Gesellschaftsschichten betroffen.

Der Stadt ist das Problem bewusst. Grundsätzlich wisse man, „dass hier ein Problemfeld erwächst, mit dem wir uns in den kommenden Jahren beschäftigen müssen“, sagt der zuständige Beigeordnete, Claus Arndt, im Gespräch mit der Redaktion. Lerndefizite und psychische Belastungen wirkten sich noch auf viele Schulgenerationen aus, sagt Arndt voraus. Grundsätzlich sei man schon in Gesprächen, besonders mit den Schulen über die sozialen Probleme der Schüler. Auch die Frage, wie viel Stoff in diesem Jahr verloren gegangen sei, spiele eine Rolle, und Claus Arndt geht davon aus, „dass es eine erhebliche Zahl sein wird“.

Einem Runden Tisch erteilt er keine Absage, allerdings könne eine solche Runde angesichts der Vielzahl der Akteure auch schnell eine kaum zu überblickende Dimension annehmen, sagt Claus Arndt: „Wir müssen auch arbeitsfähig sein.“ Zumal in der Schulverwaltung bereits an einer engeren Vernetzung gearbeitet werde. Ein Mitarbeiter führe dazu Gespräche mit Schulen, Bildungsträgern, interkulturellen Zentren und dem Kreis, so Arndt, dem klar ist, dass man noch mehr ins Gespräch kommen muss. „Aber dafür müssen auch alle erstmal die Luft haben“, sagt der Dezernent angesichts der Corona-Lage, die beinahe täglich neue Ausgangslagen kreiert. „Was ist nächste Woche?“, fragt Claus Arndt. Sagen könne das niemand.

>>> Stadt möchte Sammelantrag für Schulen stellen
Die Stadt hat alle Schulen über eine Landesförderung mit dem Titel „Extra-Zeit zum Lernen“ informiert. Nach Vorstellung des Schulministeriums sollen so passgenaue Bildungs- und Betreuungsangebote dort geschaffen werden, wo Bedarf besteht – „unter der Woche, am Wochenende und in den Ferien“, schreibt das Land. Die Rückmeldefrist endet am 12. Mai. Danach schickt die Stadt einen Sammelantrag raus. Claus Arndt geht bereits jetzt von einer hohen Bereitschaft der Schulen aus.

Die Idee eines Runden Tisches möchten die Grünen am heutigen Dienstag beim Jour Fix anbringen, zu dem die Stadt die Ratsfraktionen eingeladen hat. In diesem Treffen soll über alle Belange zur Corona-Krise informiert werden. Beschlüsse werden in diesem Format nicht gefasst.