Neukirchen-Vluyn. In Neukirchen-Vluyn hat es sich eine Krähenkolonie in den Baumwipfeln gemütlich gemacht. Die Stadt kennt die Thematik. Aber: Es gibt ein Problem.
Sie sind laut, penetrant und ziemlich dreckig. Und sie sind streng geschützt. Eine Krähenkolonie hat es sich in den Baumwipfeln im Plankendickskendel am Springenweg gemütlich gemacht und denkt gar nicht daran, wieder aufzubrechen. Sehr zum Leidwesen der unmittelbaren Anwohner, die über immer weiter zunehmenden Krach und Verschmutzung klagen. Die Tiere zu vertreiben, ist allerdings mehr als schwierig.
Zunächst waren es ein paar Vögel, die vor etwa fünf Jahren ihre Nester in den Baumkronen auf dem städtischen Grundstück bauten. Seitdem wächst die Zahl der Krähen laut Hausverwalter Andreas Spronk jedes Jahr. Mittlerweile klemmen mehr als 60 Nester zwischen den Ästen der riesigen, alten Kastanie und den anderen Bäumen, die damit für die Anwohner am Springenweg von Schattenspendern zum Lebensumfeld von Störenfrieden mutiert sind.
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Die Zahl der Rabenvögel kann man nur erahnen: „Ich weiß ja nicht, wie groß die Familien in der Regel sind“, sagt Andreas Spronk und blickt in die mit Nestern besprenkelten Wipfel. Er vermutet, dass die Krähen vom Niederberggelände kommen, weil dort die Bäume für das Wohngebiet gerodet wurden. Und der Umzug scheint noch nicht abgeschlossen zu sein.
Es gibt keine Vergrämung der Krähen
Die letzten zwei Jahre seien besonders schlimm gewesen, sagt Detlef Schwitzer, der seit mehr als 20 Jahren mit seiner Frau in dem Haus wohnt und laut eigener Aussage nicht mehr auf dem eigenen Balkon sitzen kann.
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Hausverwalter Spronk, der unter anderem für den Wohnblock am Springenweg zuständig ist, der keine zehn Meter von den Bäumen entfernt steht, hat sich bereits an die Stadt gewandt, um dem Problem Herr zu werden und die Krähen von ihrem neugewonnenen Domizil zu vertreiben. Ein Falkner sollte die Tiere vertreiben; die Nester sollten danach abgenommen und die Bäume gestutzt werden. Soweit die Idee.
Damit hat Spronk allerdings bislang eine ziemlich deutliche Ablehnung erfahren. Die Verwaltung habe ihm in einem Schreiben klar gemacht, dass von ihr keine Hilfe zu erwarten sei, weder bei möglichen Schnittmaßnahmen am Baumbestand noch bei der Vergrämung der Tiere durch einen Falkner.
Das liegt daran, dass die Krähe unter einem ziemlich rigiden Protektorat steht, da sie laut Bundesnaturschutzgesetz zu den besonders geschützten europäischen Vogelarten gehört. Die Stadtverwaltung bestätigt ihre Ablehnung im Gespräch mit der Redaktion.
Die Stadt Neukirchen-Vluyn kennt das Problem
Die Krähenkolonie sei der Stadtverwaltung bekannt, eine Vergrämung durch den besonderen Schutz nicht möglich. Gleichzeitig verweist sie auf den Kreis. Dort sei die Untere Naturschutzbehörde zuständig und entscheidungsbefugt. „Sie kann als zuständige Genehmigungsbehörde eine Ausnahmegenehmigung für eine Vergrämung erteilen, so dies einem überwiegenden öffentlichen Interesse entspricht.“
Solange die Kreisbehörde ein solch öffentliches Interesse nicht ausspreche, „wird die Stadtverwaltung keine unrechtmäßigen Maßnahmen zur Vergrämung ergreifen“.
Dem Kreis ist der Fall bekannt. Man stehe dazu im Austausch mit der Stadt, sagt eine Kreissprecherin und macht deutlich, dass nur im Ausnahmefall eine Genehmigung zur Vergrämung erteilt werde, und zwar nur, wenn eine „unzumutbare Belastung“ vorliege. „Für diese Beurteilung findet unter anderem eine Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse „Sicherheit und Ordnung“ – das heißt an der Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben – und den Einzelinteressen der antragstellenden Person statt“, so der Kreis weiter. Wie weit diese Interessenabwägung bereits gediehen ist, sagt der Kreis nicht. Besonderer Zeitdruck besteht aber zumindest in diesem Jahr ohnehin nicht mehr, weil die Brutzeit der Krähen längst im Gange ist. „Dieses Jahr“, sagt Andreas Spronk, „ist jetzt eh gelaufen.“