Kreis Wesel. Krähen gefährden den Bestand bodenbrütender Vögel. Die Saatkrähe ist geschützt, die Rabenkrähe nicht. Ihre Intelligenz sichert ihr Überleben.

Überall scheinen dieser Tage Krähen zu sein: In großen Gruppen fliegen sie auf den Wiesen und Feldern, oft zusammen mit Möwen, die nur Wintergäste sind. Haben sich die Vögel derart explosiv vermehrt? Rabenkrähen offenbar schon, für die streng geschützten Saatkrähen verneint das Regina Müller von der Biologischen Station. „Wir erfassen die Saatkrähenkolonien, die Population hat sich seit acht bis zehn Jahren nicht verändert“, sagt sie.

Das Auftauchen der Vögel sei jahreszeitlich bedingt, die Vögel seien noch nicht in ihren Brutrevieren. Rabenkrähen allerdings erfasst die Station nicht. Alfred Nimphius, Vorsitzender der Kreisjägerschaft Wesel, ist auf beide Arten schlecht zu sprechen. Dass die Saatkrähen nicht mehr geworden sind, bezweifelt er. Aber so enorm lästig sie im Siedlungsgebiet auch sind: Sie stehen unter Schutz.

Schonzeit vom 10. März bis zum 1. August

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Rabenkrähen hingegen werden bejagt, allerdings hat ihre Schonzeit gerade begonnen. Es ist ein mühsames Geschäft, denn: „Die können lesen und schreiben“, sagt Nimphius. Heißt: Es ist nicht leicht, die intelligenten Tiere vor die Flinte zu bekommen. Aber wichtig, denn sie sind eine ernsthafte Gefahr für Feldlerche, Kiebitz, Fasan und auch für Junghasen, die dieser Tage sehend und mit Fell geboren werden. „Es ist noch nicht genügend Vegetation da, um sie zu decken“, sagt Nimphius. Die Krähen fliegen gezielt die Felder ab, um die Junghasen zu finden. „Sechzig bis 90 Prozent der Junghasen fallen Räubern zum Opfer, 70 bis 80 Prozent gehen auf das Konto der Krähen.“

Sie zu jagen, ist eine mühsame Angelegenheit. Krähen können sich sogar bestimmte Autos merken, sagt Nimphius. Fährt der Jäger vor, sind die Vögel verschwunden - aus dem Auto zu schießen ist nicht erlaubt. „Man muss morgens sehrfrüh da sein, wenn sie ihre Futterplätze anfliegen“, erläutert Nimphius. Vorher müsse man erkunden wo die Schlaf- und wo die Futterplätze sind und ihre Routen kennenlernen. Dann müssen Lockbilder aufgestellt werden, die Sicherheit suggerieren, 20 bis 30 flauschige Rabennachbildungen.

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Auch die Jagd mit Raubvögeln ist möglich, dann kommen Falkner zum Einsatz. „Aber Krähen haben eine hohe Sozialbindung“, erläutert Nimphius. „Sobald der Habicht eine geschlagen hat, kommen die in Sekunden von überall her und stürzen sich auf ihn. Der Falkner hat Mühe, seinen Vogel zu schützen.“

Früher wurden Krähen mit Fallen gejagt. „Das war effektiv, ist aber nicht mehr zulässig“, sagt der Jäger. Auch dürfen die Horste nicht mehr ausgeschossen sein – es könnten ja auch Eulen und andere geschützte Vögel darin wohnen.

Was tun, um Bodenbrüter und Feldhasen vor einer Überpopulation zu schützen? Könnte man nicht vorgehen wie bei den Stadttauben und die Eier ersetzen? Nimphius lacht herzlich über diese Idee. „Die Krähen brüten in sehr hohen Bäumen im Wald. Da müssten Sie mit dem Hubsteiger vorgehen.“ Und: Die Zeit der Brut und der Eiablage ist Schonzeit, da sind die Vögel und ihre Eier tabu. Es bleibt nur der mühsame Weg, mit den intelligenten Vögeln fertig zu werden.

Saatkrähen und Rabenkrähen lassen sich übrigens gut voneinander unterscheiden: Saatkrähen haben einen hellen Schnabel, Rabenkrähen einen schwarzen, erläutert die Biologin Regina Müller.