Moers/Am Niederrhein. Während die Landesregierung strikt am Präsenzunterricht festhält, arbeiten Schulen in Moers und Umgebung an Konzepten fürs Lernen zu Hause.

Die NRW-Landesregierung setzt weiter auf Präsenzunterricht mit kompletten Klassen in den Schulen. Die Schulen jedoch bereiten sich längst darauf vor, dass sie ihre Schülerinnen und Schüler auch zu Hause unterrichten können. Bei den Berufskollegs kommt hinzu, dass ihnen die Betriebe Druck machen.

Peter Dischhäuser, Leiter des Berufskollegs für Technik (BKT), erlebt das fast jeden Tag: „Viele Firmenchefs, deren Auszubildende wir hier unterrichten, schildern mir ihre Nöte. Da geht’s oft um kleine Betriebe – Meister, Geselle, Lehrling. Fällt der Azubi aus, weil er in Quarantäne muss, wird das für diese Firmen zum echten Problem.“ Immer wieder erhält Dischhäuser Anträge auf Freistellung vom Unterricht: „Die darf ich aber nicht genehmigen. Angst vor Ansteckung gilt nicht als Grund für eine Freistellung.“

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Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund arbeiten Dischhäuser und sein Kollegium an Konzepten für einen Distanzunterricht, die sie in diesen Tagen auch der Bezirksregierung vorstellen. Sämtliche 1700 BKT-Schüler sind für die Schule online erreichbar, alle Lehrer online vernetzt. Der Kontakt zwischen dem Lehrer in der Schule und dem Schüler zu Hause kann per Chat oder Videokonferenz erfolgen.

Freilich seien die Schüler technisch unterschiedlich ausgestattet, weiß der Schulleiter. Die Fachinformatiker oder Elektrotechniker am BKT etwa verfügten auch privat zu 100 Prozent über iPads, „in der Ausbildungsvorbereitung sind es vielleicht 10 Prozent“. Endgeräte seien durch den Kreis als Schulträger aber avisiert.

Für die praktische Ausbildung in den Werkstätten ist Online-Unterricht keine gute Lösung

Online-Unterricht ist freilich keine gute Lösung für den praktischen Teil der Ausbildung in den Werkstätten des Kollegs. Man könne Lehrfilme von Youtube zeigen und solche, die die Lehrer selber produzieren, so Peter Dischhäuser: „Aber das können die Schüler zu Hause in der Regel kaum praktisch üben. Außerdem fehlt der haptische Effekt.“

Auch deshalb würde Dischhäuser am liebsten am Präsenzunterricht festhalten. Er nennt aber einen Grund, weshalb er zumindest zeitweise die Erlaubnis zur Online-Alternative bekommen möchte: „Ich will meine Schüler zwei Wochen vor einer Prüfung zu Hause unterrichten, damit eine etwaige Quarantäne diese Prüfung nicht gefährdet.“

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Ein fertiges Konzept, das Präsenz- und Distanzunterricht kombiniert, hat Beatrix Langenbeck-Schwich, Leiterin der Gesamtschule Niederberg in Neukirchen-Vluyn, in der Schublade: „Ich bin überzeugt, dass es funktioniert, wenn wir die Klassen teilen. Jedenfalls gilt das für die Schüler ab der achten Klasse, wenn die Kinder in einem Alter sind, in dem sie für eine Weile allein zu Hause sein können.“ Langenbeck-Schwich würde dann jede Klasse in zwei Gruppen teilen, die sich täglich beim Schulbesuch abwechseln, so dass auch der enge Kontakt zur Schule erhalten bliebe. Und: „15 Kinder gleichzeitig in einem Raum können besser den Abstand wahren als 30.“ So müsse man im Zweifel nicht gleich ganze Klassen in Quarantäne schicken: „Wenn das mit mehreren Klassen passiert, wird der Stundenplan zum Schweizer Käse.“

Gebraucht werden individuelle Lösungen für die Schüler

Beatrix Langenbeck-Schwich legt freilich Wert darauf, dass die Schule mehr bietet als eine pauschale Lösung: „Wir machen ein strukturiertes Angebot und wollen individuelle Lösungen.“ Das Kollegium der Niederberg-Schule kenne sei Schüler sehr gut. Man wisse, wo die Unterstützung der Kinder durch die Eltern nicht optimal sei oder wo kleinere Geschwister für Unruhe in der Wohnung sorgen. Sie könnten „Distanztage“ auch in Schulräumen absolvieren, in denen gerade kein Unterricht stattfindet. Die Schwächeren dürften in dieser Situation nicht „runterfallen“, so die Schulleiterin.

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Die Niederberg-Schule könne das Konzept sofort umsetzern, versichert Langenbeck-Schwich: „Entscheidend ist, dass wir es dürfen.“