Moers. Zum Lichterfest der Demokratie kamen Bürger zum Alten Landratsamt, um gemeinsam zu singen. Initiator Konrad Göke fand eindringliche Worte.

In der einen Hand eine Kerze, in der anderen ein Blatt mit den Liedtexten: Mehr hat es am Samstagabend gar nicht gebraucht, um anlässlich des 3. Oktobers, dem Tag der Deutschen Einheit, das Moerser Lichterfest der Demokratie zu feiern. Gut 150 Besucher versammelten sich mit Abstand vor dem Alten Landratsamt, um gemeinsam zu singen – eben wie eine richtige Einheit. In kürzester Zeit stellten Konrad Göke und Eva Marxen vom städtischen Kulturbüro das Kerzen-Konzert auf die Beine und schlossen sich damit der bundesweiten Aktion „Deutschland singt“ zur 30-jährigen Wiedervereinigung an.

Die Idee hinter der Aktion: Das Wunder der Friedlichen Revolution und des Mauerfalls mit einer breiten Bürgerschaft bei einer öffentlichen Feier generationsübergreifend zusammen zu feiern. Die Veranstaltung sei auch ein Zeichen der Dankbarkeit und der Hoffnung für die Zukunft des Landes, erklärte Göke. Und: „Sich klarzumachen, was Zusammensein und Zusammenhalt bedeutet, ist heute wichtiger denn je. Die Demokratie, die wir heute erleben dürfen, ist nicht selbstverständlich“, betonte er.

Neben eindringlichen Worten gab es am Alten Landratsamt jede Menge Musik

Neben diesen eindringlichen Worten, gab es jede Menge Musik beim Lichterfest. Acht Mitglieder des Opernchores Krefeld-Mönchengladbach und acht Musiker, vier Trompeter und vier Posaunisten des Ensembles Niederrheinbrass, gestalteten den Abend musikalisch. Sie standen auf beziehungsweise vor der Treppe des Alten Landratsamtes. Die Blechbläser eröffneten die kleine Feierstunde mit einer Swingnummer. Weiter ging es mit einem melancholisch klingenden Stück des Opernchores. „Wir möchten aber nicht nur, dass Sie uns zuhören, wir möchten, dass Sie mitsingen“, sagte Dennis Kittner, der die musikalische Leitung übernommen hatte, zu den Zuhörern.

Mit Kerzen bildeten die Bürgerinnen und Bürger eine Lichterkette der Demokratie.
Mit Kerzen bildeten die Bürgerinnen und Bürger eine Lichterkette der Demokratie. © FUNKE Fotos Services | Rainer Hoheisel

Auf dem Mitmachprogramm standen Lieder, die vermutlich fast jeder kannte: Das Steiger-Lied, Dietrich Bonhoeffers „Von guten Mächten treu und still umgeben“ oder „Die Gedanken sind frei“. Letzteres hatte einige Tücken, wie Kittner ankündigte. Die einzelnen Strophen sollten in unterschiedlichen Tonlagen gesungen werden. Diese Herausforderung war für die Besucher, die sich nicht zweimal bitten ließen, gar kein Problem, sie sangen kräftig mit. Schnell entstand ein Gemeinschaftsgefühl. Eine Atmosphäre, die man seit Beginn der Corona-Krise seltener erleben konnte.

Stella Louise Göke präsentierte das italienische Lied „Bella Ciao“, das sich zu einer der Hymnen der sozialdemokratischen Bewegungen entwickelte. Dafür erhielt sie jede Menge Applaus. Nach einer knappen Dreiviertelstunde war die kleine Feierstunde vorbei, die Besucher gingen wieder ihre Wege. Organisator Konrad Göke zeigte sich zufrieden. „Das war eine schöne und vor allem intime Stimmung. Genau passend zu dieser Zeit, die wir gerade durchleben.“

Langjährige Partnerschaft mit schwierigem Start

Bei einem Podiumsgespräch tauschten sich Bürgermeister Christoph Fleischhauer und sein Seelower Amtskollege Jörg Schröder am Sonntag über die Entwicklung und Ziele der Partnerschaft zwischen beiden Städten aus.

Und die Gründung der offiziellen Städtepartnerschaft zwischen Moers und Seelow war nach Aussage der Stadt nicht ganz einfach. Zunächst hatte sich Moers in den 80er-Jahren vergeblich bemüht, Kontakt zu einer Stadt in der damaligen DDR aufzubauen. Erst nach der Wende gelang es, die Beziehungen des evangelischen Kirchenkreises zur Stadt Seelow zu nutzen. Im Februar 1990 wurde schließlich der Partnerschaftsvertrag unterzeichnet.

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In der Anfangszeit halfen Mitarbeiter der Stadt Moers und deren Tochtergesellschaften beim Aufbau der Seelower Verwaltung. Einige Mitarbeiter, so Stadtsprecher Thorsten Schröder, hätten bis zu einem halben Jahr in der brandenburgischen Stadt gelebt. Geholfen hat auch das Technische Hilfswerk (THW). Bereits im November 1989 hatten die Einsatzkräfte 96 Übersiedler in den Räumen des Ortsverbandes aufgenommen. Die Ankunft in Moers bedeutete für die„Neu-Bundesbürger“ vier Zimmer für alle zusammen und für die Frauen unter ihnen eine einzige Dusche. Von trüber Stimmung war aber keine Spur. Die Chance, die eigene Zukunft endlich in die Hand zu nehmen, sorgten für Optimismus.

Michael Jansen, Kreisbeauftragter des THW, war damals selbst dabei und erinnert sich gerne zurück. Zu einer Familie habe er noch heute Kontakt. „Persönlich und langlebig – so sollen private Kontakte und auch die offizielle Partnerschaft zwischen Seelow und Moers sein“, mahnt die Stadt.