Neukirchen-Vluyn/Kreis Wesel. Die afrikanische Schweinepest ist in Brandenburg und scheint weit weg. Doch die Bauern am Niederrhein spüren die Auswirkungen schon jetzt hautnah.

Nicht erst seit dem Auftreten der afrikanischen Schweinepest vor gut einer Woche in Brandenburg sind die örtlichen Behörden alarmiert. „Wir rechnen täglich mit einem Ausbruch der Seuche“, sagt Dr. Antonius Dicke. Der Leiter des Veterinäramtes und Amtstierarzt beim Kreis Wesel sorgt sich: „Das plötzliche Auftreten ist unberechenbar.“ Auch ohne regionales Seuchengeschehen sei der erste deutsche Fund, obwohl in weiter Ferne, doch eine Katastrophe für alle Landwirte und die Fleischindustrie. Bauer Burkhard Liftink aus Neukirchen-Vluyn: „Durch den weggebrochenen Export sind die ohnehin niedrigen Preise erneut um 17 Prozent gesunken.“

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Hintergrund: An der afrikanischen Schweinepest (ASP) sterben 90 Prozent der infizierten Tiere. Die Seuche verbreitete sich bisher vor allem durch Wildschweine vom russischen Hafen Sotschi aus über Osteuropa unter anderem in Richtung Westen – bis zum aktuellen Fund in Brandenburg. „Im Ausland nimmt man unser Schweinefleisch jetzt nicht mehr ab, obwohl unsere niederrheinischen Ställe gar nicht betroffen sind“, sagt Landwirt Liftink, der rund 190 Zuchtsauen hält und auch Ferkel mästet. Mit dem jetzigen Erlös könne man nur noch einige Betriebskosten decken, aber keinen Verdienst erwirtschaften, berichtet er weiter. „Wir müssen von unseren Reserven leben, und das sicher noch lange.“ Jeder Landwirt versuche aber, sich vor einem direkten Ausbruch zu schützen: Daher achte man schon länger peinlich genau auf Hygiene in den Ställen. „Wir ziehen uns jedes Mal komplett um, wenn wir die Ställe betreten. Fleischabfälle werden schon lange nicht mehr gefüttert.“

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In Belgien trat ASP plötzlich im Herbst 2018 auf, obwohl die Seuche bis dahin nur bis Polen vorgedrungen war. Sorge macht den Fachleuten, dass die Krankheit mit Fahrzeugen, Ladungen oder Lebensmitteln wie Wildsalami von Fernfahrern, Touristen, Jägern und Saisonarbeitern aus dem Osten eingeschleppt werden könnte. In dem Zusammenhang mahnt die Kreisjägerschaft ihre Mitglieder, Jagdreisen nach Brandenburg „auf ihre Notwendigkeit kritisch zu hinterfragen“. Erlegtes Wild solle besser gar nicht mitgebacht werde, so Dr. Dicke.

Der Kreisveterinär warnt vor „horrenden Kosten“ im Seuchenfall

Horrende Kosten kämen im Seuchenfall auf den Kreis zu: „Dann müssten wir eine im Durchmesser 30 Kilometer große Zone als gefährdetes Gebiet ausweisen. Eine Kernzone wird komplett eingezäunt. Jagen, Feldarbeiten und jegliches Betreten sind dort verboten. Wir brauchen Personal zur Kontrolle und vieles andere“, schildert der Amtstierarzt.

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Obwohl die Behörden durch die europäische Schweinepest Erfahrungen haben (sie trat zuletzt 2006 auf), probte man im März 2019 bereits auf Kreis- und Bundesebene den Ernstfall durch die ASP. „Da waren 60 Leute im Einsatz“, sagt Dr. Dicke. Er mahnt: „Schon jetzt hat das Auftreten der Seuche schlimme Auswirkungen. Ein Ausbruch bei uns vor der Haustür wäre eine Katastrophe für alle Beteiligten.“